Die Umwelt-Uni in Hietzing: Ausbildung mit guter Aussicht
In Ober St. Veit steht Österreichs einzige Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik. Interessant sind dort nicht nur die Berufsaussichten.
"Hier habe ich die beste Zeit meines Lebens verbracht!" schwärmt Tobias Schörghofer, Absolvent der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik in der Angermayergasse. In der altehrwürdigen, am Gipfel des Trazerbergs idyllisch gelegenen Ausbildungsstätte erhalten die Lehrer für alle 12 Höheren Landwirtschaftlichen Schulen und 96 Land- und Forstwirtschaftlichen Fachschulen Österreichs ihre Lehramtsberechtigung. "Die Berufsaussichten sind für alle Absolventen generell sehr gut: Die Agrarpädagogen gehen direkt an Agrarschulen in ganz Österreich, die Umweltpädagogen gehen entweder an berufsbildende Schulen oder machen agrarische Beratung und Green Jobs bei NGOs", so Schörghofer. Auch Masterstudiegänge werden angeboten, seit 2015 etwa "Green Care". Der scheinbare Widerspruch, dass die bundesweit einzige Hochschule für Agrarpädagogen in einer Großstadt wie Wien liegt, löst sich bereits am Hinweg auf: Das weitläufige, 26.000 m2 große Gelände liegt recht abgelegen, fast ländlich. Fährt man mit dem Bus, kommt man um einen steilen Fußmarsch bis zum Eingangstor nicht herum. Dort eröffnen sich dann nahezu unendliche Weiten, samt Äckern und Glashäusern zum studentischen Experimentieren. Gewundene Wege und kleine Treppen führen in den nordöstlichen Teil der Anlage. Inmitten der grünen Wiesen ringsum glaubt man sich eher auf einer Salzburger Alm, als mitten in Wien. Da verwundert es auch nicht, dass viele der Lehrkräfte der Hochschule selbst als Nebenerwerbsbauern Landwirtschaft betreiben, wie auch Rektor Thomas Haase: Er führt im niederösterreichischen Markersdorf einen bäuerlichen Familienbetrieb.
Bienenzucht und Aussichtsturm
Beim weiteren Rundgang kommt man nicht nur an einem der Notausstiege des Lainzer Tunnels vorbei, sondern auch an einer Bienenzucht. Am höchsten Punkt des Schulgeländes wartet noch eine besondere Attraktion: Ein Aussichtsturm in Form einer kleinen Burg mit atemberaubendem Blick über Wien. Das Hochschulgebäude selbst hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich: In den 1920er Jahren wurde es anstelle einer alten Villa von der Eigentümerfamilie neu gebaut. Im Jahr 1941 beschlagnahmte das NS-Regime das Grundstück aufgrund der "Nürnberger Rassengesetze" und übertrug es dem Rostocker Ernst Heinkel, der das Gelände im 2. Weltkrieg für den Flugzeugbau umfassend adaptierte. Aufgrund der "Arisierung" restituierte man das Gelände in den Nachkriegsjahren an die jüdische Eigentümerfamilie, die es wiederum im Jahr 1952 an die Republik verkaufte. So entstand das Bundesseminar für landwirtschaftliches Bildungswesen, aus dem letztendlich die heutige Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik hervorging. An die belastete Geschichte des Hauses wird in regelmäßigen Abständen durch kulturelle Friedens-Veranstaltungen erinnert.
Nachhaltigkeit wird gelehrt
Die gesamte Ausbildung steht im Zeichen der Nachhaltigkeit, was auch durch die Photovoltaikanlage an der Fassade unterstrichen wird. Die rund 600 Studierenden genießen ein fast familiäres Betreuungsverhältnis durch die Lehrenden, dazu werden alle Lehrveranstaltungen live via Internet übertragen. Anna Liebhart-Wallner, die an der Hochschule nicht nur selbst studierte, sondern dort auch über mehr als 40 Jahre unterrichtet hat: "Die bei uns entwickelte 'Grüne Pädagogik' bereitet auf die Veränderungen und immer rascheren Entwicklungen in Umwelt und Technik vor und ermöglicht den zukünftigen Pädagogen eine integrierende Sicht auf Ökologie, Ökonomie und Soziales." Welchen Stellenwert eine intakte Umwelt an der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik hat, erkennt man an der hölzernen Gartentherapiewerkstatt gleich beim Eingang, in die ein uralter Baum als tragender Teil integriert worden ist. Der nächste Tag der offenen Tür findet übrigens am 20. April statt.
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