Therapien nicht leistbar
Kein Kassen-Physio für Bezirk Hollabrunn

- Gerade nach Sportunfällen ist die Kräftigung der Muskeln sehr wichtig.
- Foto: Alexandra Goll
- hochgeladen von Alexandra Goll
52.000 Einwohner im Bezirk Hollabrunn und kein einziger Physiotherapeut auf Krankenkasse. Gesundheitssystem kommt den Hollabrunnern teuer zu stehen.
HOLLABRUNN. "Kein Problem, die Physiotherapie mach ich bei mir in der Nähe", war nach einem Unfall und darauffolgender Operation die Antwort noch im Krankenhaus von Sabine S. Zuhause angekommen begann für sie eine Odyssee an Telefonaten und fand heraus, dass es keine Möglichkeit im Bezirk Hollabrunn gibt, eine Physiotherapie zu bekommen, die auch die ÖGK bezahlt. Nun muss sie privat zahlen und das nicht zu wenig - 90 Euro pro 45 Minuten in der Heimatortschaft, wobei sie pro Einheit 36 Euro von der Kassa rückerstattet bekommen wird. "Auf längere Sicht gesehen, kann ich mir das aber nicht leisten. Das nächste Vertrags-Partner Institut wäre in Stockerau oder Tulln, rund 40 Minuten Autofahrt entfernt, wobei ich derzeit aber noch nicht selbst Autofahren kann", ist die Patientin entsetzt.
Keine Anbieter im Bezirk Hollabrunn
Auf der Seite der ÖGK gibt es in Niederösterreich 28 Vertragspartner-Physiotherapeuten und 25 Vertragspartner-Institute - Null von beiden im Bezirk Hollabrunn. Ebenso wird im Landesklinikum Hollabrunn keine Physiotherapie für externe Patienten angeboten. "Es werden nur Physiotherapien im Rahmen oder nach einem stationären Aufenthalt angeboten, aber nicht für externe Patienten, da es hierzu keinen Vertrag mit der ÖGK gibt", erklärte Pressekoordinatorin Karin Dörfler.
Nicht rentabel
Die RegionalMedien Hollabrunn fragten einen Physiotherapeuten aus dem Bezirk, warum er keine Patienten auf Krankenkasse nimmt. "Ganz einfach, es geht sich finanziell nicht aus. Die Krankenkasse zahlt 60 Euro pro Einheit,, davon sind noch Equipment, Strom, Gas und dergleichen zu bezahlen. Deshalb macht es keiner", erklärt der Physiotherapeut. Er weiß auch, dass der Bedarf an Therapien immer größer wird, weil die Leute mehr auf ihre Gesundheit achten, es vermehrt sitzende Berufe gibt und die Leute mehr in der Freizeit unternehmen und es dabei zu mehr Unfällen kommt.
Planstellen unbesetzt
Laut der ÖGK sind Im Stellenplan für den Bezirk Hollabrunn drei Planstellen vorgesehen, welche derzeit jedoch unbesetzt sind. Weiters schlägt die ÖGK das Institut in Stockerau sowie ein Ambulatorium in Eggenburg vor (Anmerkung der Redaktion: ebenfalls 25 Autominuten von Hollabrunn entfernt). Zudem seien laut ÖGK die Rahmenbedingungen für Vertragspartner fair und würden ein hohes Maß an wirtschaftlicher Absicherung bieten. "Neben den freiberuflichen Physiotherapeuten wird Physiotherapie auch durch Vertragsinstitute, durch Mobile Dienste (z.B. Hilfswerk, Volkshilfe) in der Regel in Form von Hausbesuchen angeboten. Auch in Primärversorgungseinheiten gibt es physiotherapeutische Angebote. Bestimme Leistungen aus dem Bereich der physikalischen Medizin werden auch durch niedergelassene Haus- und Fachärzte angeboten. Der ÖGK ist das große Potenzial von Physiotherapie in der Krankenbehandlung bewusst. Daher haben wir die Versorgung in den letzten Jahren harmonisiert und weiten sie massiv aus", erklärte Viktoria Frieser von der ÖGK gegenüber den RegionalMedien Hollabrunn.
Politik entsetzt
Auch für den SPÖ-Nationalrat Rudolf Silvan, der auch Mitglied des Gesundheitsausschusses der Bundesregierung ist, kann der derzeitige Zustand nur eine vorübergehende Lösung sein. "Wir hoffen darauf, dass in Kürze zumindest eine der drei freien Stellen im Rahmen der Vereinbarung besetzt werden können, da eine Behandlung vor Ort wesentliche positive Effekte, wie weniger Stress, raschere Behandlung und kürzere Anfahrtswege), auf die Genesung hat", ist auch Stefan Hinterberger, SPÖ-Bezirksvorsitzender in Hollabrunn entsetzt über den Status quo.
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.