Kultur Kärnten
Geringe Frauenquote in der Kärntner Kulturszene

Sabine Kristof-Kranzelbinder | Foto: Theresa Pewal
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Die Theater- und Kulturszene in Kärnten wird von Männern dominiert, kritisieren die Theatermacherinnen Ute Liepold und Sabine Kristof-Kranzelbinder.

KLAGENFURT. Mit einer Kritik an der männerdominierten Führung und Regievergabe am Stadttheater Klagenfurt wandten sich kürzlich die Regisseurin und Autorin Ute Liepold, die IG Theater Tanz Performance Kärnten Koroška (IGTTPKK) und die IG der Kulturinitiativen Kärnten Koroška (IG KiKK) an die Öffentlichkeit.

Neun zu eins

„Seit seiner Eröffnung vor 112 Jahren wird das Klagenfurter Stadttheater von Männern geleitet. Der aktuelle Intendant verabschiedet sich nun während seiner Amtszeit an ein Theater in der Schweiz, und auch der neue Intendant ist wieder ein Mann“, beginnt Liepold ihr penibel recherchiertes Schreiben. „In der abgelaufenen Ära wurde eine bedauerliche Erfolgsgeschichte sehr dezidiert fortgeschrieben: die des nahezu vollständigen Frauenausschlusses aus der Regieriege des Hauses. In der kommenden Spielzeit 2020/2021 sind zehn Premieren geplant (auf der großen Bühne, Anm. der Redaktion). Mit der Regiearbeit werden in neun Fällen Männer betraut, eine einzige regieführende Frau vermag die auffällige Situation kaum zu schönen.“ (Den gesamten Text finden sie weiter unten)
„Das kann man nicht einfach so mit ,unbedacht‘ abtun (vor allem dann nicht, wenn offenbar System dahinter steckt: seit September 2018 haben nur drei Frauen im ,Haupthaus‘, also auf der großen Bühne inszeniert), schon gar nicht, wenn es in der Kulturbranche passiert, einer Branche, die sich selbst als tolerant und offen bezeichnet und die von sich selbst behauptet, soziale Ungleichheiten aufzuzeigen und für Gerechtigkeit einzustehen“, heißt es im Kommentar der beiden IGs. (Den gesamten Text finden sie weiter unten)
Und auch WOCHE-Leserin Fanziska Lach-Rabl stimmt in den Kanon ein: „Die IG KiKK kritisiert zurecht, dass bei der Stadttheaterbesetzung in der Sparte Regie zu wenig Frauen für die Regie engagiert werden (zwei von 13). Auch andere Sparten sind betroffen. Es geht um‘s Wahrnehmen, Sichtbarmachen und Engagieren von hochkarätigen Kunstschaffenden.“ (Den gesamten Text finden sie bei den Bildern)

Die Ausführungen bzw. Kommentare in vollem Wortlaut:

Adieu, Herr Intendant, oder wie männlich ist das Theater in Kärnten? von Ute Liepold
(Ute Liepold, promovierte Philosophin, leitet Theater Wolkenflug, Verfasserin zahlreicher Studien zu feministischer Philosophie und Gender Mainstreaming) 
Seit seiner Eröffnung vor 112 Jahren wird das Klagenfurter Stadttheater von Männern geleitet. Der aktuelle Intendant verabschiedet sich nun während seiner Amtszeit an ein Theater in der Schweiz, und auch der neue Intendant ist wieder ein Mann. In der abgelaufenen Ära wurde eine bedauerliche Erfolgsgeschichte sehr dezidiert fortgeschrieben: die des nahezu vollständigen Frauenausschlusses aus der Regieriege des Hauses. In der kommenden Spielzeit 2020/2021 sind zehn Premieren geplant. Mit der Regiearbeit werden in neun Fällen Männer betraut, eine einzige regieführende Frau vermag die auffällige Situation kaum zu schönen. Diese Arbeitsweise hat im Klagenfurter Stadttheater lange Tradition: In der Spielzeit 2017/2018 waren mit den Regiearbeiten insgesamt acht Männer und zwei Frauen beauftragt, in der darauffolgenden Spielsaison 2018/2019 sieben Männer und drei Frauen und in der Spielzeit 2019/2020 wurden zehn Männer und keine einzige Frau am Klagenfurter Stadttheater als Regisseur*innen beschäftigt.
Blickt man auf die Ebene der Stoffe, die zumeist von Männern umgesetzt werden, zeigt sich ein noch krasseres Bild: Von zehn Stoffen (in Theater und Oper) im Jahr 2020/2021 stammen zehn aus männlicher Feder. Und das gerade in Kärnten, das weit über die Landesgrenzen als Land der Literatur gilt und unzählige großartige Autorinnen hervorgebracht hat: Bachmann, Faschinger, Haderlap, Lavant, Mischkulnig und viele mehr. Stillschweigend wird nun auch die einzige Frau in Führungsposition, die scheidende Verwaltungsdirektorin, durch einen Mann ersetzt. Geschlechtergerechtigkeit sieht anders aus. Das patriarchale Dogma herrscht in Kärnten in der Theaterszene ungebrochen weiter. Als Beleg dafür genügt der Blick auf die nach dem Stadttheater am höchsten subventionierten beiden anderen Theater des Landes: Das Klagenfurter Ensemble feierte in der letzten Spielzeit seinen 40. Geburtstag. 40 Jahre männliche Intendanz, unter der, 40 Jahre lang (!), vorwiegend Stücke von männlichen Autoren gespielt wurden, in Szene gesetzt von männlichen Regisseuren.
Ein Faktencheck schafft auch hier traurige Gewissheit: Im Jahr 2019 gingen fünf Eigenproduktionen über die Bühne, beschäftigt wurden dafür fünf Männer als Regisseure und fünf Männer als Autoren. Im Jahr davor (2018) fanden ebenfalls fünf Eigenproduktionen statt: wieder fünf Männer als Regisseure, eine Frau als Co-Regisseurin und fünf Männer als Autoren. Im Jahr 2017 das idente Bild. (fünf Regisseure /fünf Autoren).
Ein für kommenden Sommer angekündigtes „Pandemie-Festival“ umfasst sechs Produktionen: fünf Männer und eine Frau in Regieposition, die Texte stammen allesamt von Männern.
Auch die neuebühnevillach hat seit Jahren einen männliche Intendanten, in den letzten vier Jahren wurden dort 24 Männer und drei Frauen mit Inszenierungen betraut, unter den Autor*innen war gerade einmal eine Frau und eine Co-Autorin.
Kärnten, ein Land der Männer: Intendanten, Regisseur, Autoren und Komponisten. Das ist nicht überall so: Das Landestheater Vorarlberg hat eine Intendantin, ebenso das Landestheater Niederösterreich, das Schauspielhaus Graz, das Wiener Volkstheater, ganz zu schweigen von den vielen kleineren Häusern im ganzen Land.
Auch die großen Festivals sind hier in Kärnten fest in Männerhand: Carinthischer Sommer, Trigonale, Klagenfurt Festival, St.Pauler Musikwochen und die Musikwochen Millstatt, ebenso die aktuelle Landesausstellung CarinthiJa wird (so wie alle anderen Landesausstellungen bisher) von einem männlichen Kurator geleitet. Im Jahr 2020 stehen die Uhren in Kärnten in Sachen Geschlechtergerechtigkeit still. Mehr Frauen in Leitungsfunktionen bedeutet weniger Männer ebendort und genau das ist das Problem.
Frauen sind gerne gesehen als Kulturvermittlerinnen, in der zweiten Reihe, dort wo die Gage klein und die Arbeit reichlich ist. Sie stehen „hinter“ dem eigentlichen Künstler, dem Intendanten, als „Stütze des Betriebs“, „rechte Hand des Chefs“ und „gute Seele des Hauses“. Idealismus, Ehrenamtlichkeit und Selbstzweifel auf der einen (weiblichen) Seite, Geniekult, Selbstüberschätzung und Sesselklebertum auf der anderen (männlichen) Seite.
Die Kulturpreisverleihung des Landes Kärnten fiel vergangenes Jahr in Einem besonders auf: von 14 vergebenen Preisen gingen zwölf an Männer, darunter der große Kulturpreis und alle Würdigungspreise, lediglich unter den FörderpreisträgerInnen finden sich zwei Frauen.
Überall dort, wo mehrheitlich Männer entscheiden, wird es keine Quantensprünge geben, hat Johanna Dohnal einmal gesagt.
Gender Mainstreaming und Gender Budgeting sind Instrumente, zu denen sich Österreich vor 20 Jahren per Ministerratsbeschluss bekannt hat, um Geschlechtergerechtigkeit herzustellen. Erhält ein Theater öffentliche Fördermittel, so muss es nachweisen, inwiefern für die Gleichstellung von Männern und Frauen Sorge getragen wird. Dieses Instrument scheint jedoch in Kärnten keine Wirkung zu zeitigen, denn wo kein Kläger, da kein Richter.
Der Mammutanteil jener Gelder, welche in die Kultur Kärntens fließen, kommt auf der Führungs-und Entscheidungsebene finanziell Männern zugute. Dort wo Geld ist, wohnt die Macht und werden Entscheidungen getroffen. Entscheidungen für oder gegen Frauen und die Möglichkeit der künstlerischen Partizipation auf allen Ebenen.
Obwohl weit mehr als die Hälfte des Theaterpublikums weiblich ist, sind selbst die Geschichten, die im Theater erzählt werden, inhaltlich und ästhetisch von Männern dominiert. Das Narrativ des Patriarchats wird am Theater unhinterfragt hochgehalten und weitererzählt wie in kaum in einer anderen Disziplin.
Die kleine Nation Österreich spielt weltweit im Kunstsektor in der Spitzenliga mit, international ist Kunst ohne Frauen undenkbar. Angesichts dieser virulenten Fehlentwicklung im Land Kärnten ist eine aktive Kulturpolitik unverzüglich gefordert: zugunsten einer offenen, modernen und geschlechtergerechten Theaterlandschaft der Zukunft.

Kommentar der IG TTPKK (Leitung: Sabine Kristof-Kranzelbinder)
Eine kleine Stadt im Jahre 2019. Eine Führungsposition innerhalb einer großen Institution (mehrheitlich durch Stadt, Land und Staat finanziert) wird frei. Es kommt zu einer Ausschreibung. Das Rennen macht ein Bekannter des scheidenden Leiters der großen Institution. Gut, so etwas passiert jeden Tag überall auf der Welt, warum nicht auch in der kleinen, beschaulichen Stadt am See, die so gerne möchte, dass alles so bleibt, wie es ist. Über solche Lappalien regt man sich doch nur hinter vorgehaltener Hand auf. Beschwichtigend raunt es über Stock und Stein und See: lassen wir ihn doch erst mal machen. An den Taten soll der neue Stil gemessen werden. Doch wenn dann das dynamische Intendantenduo (beides Männer) stolz seine Vorhaben mit all seinen (männlichen) Kollegen für 2020/21 präsentiert, platzt nicht nur Frau der Kragen. Nur 2 von 13 Spitzenpositionen in der Sparte Regie wurden an Frauen vergeben (dazu kommen noch 6 Dirigenten. Alles Männer.). In der heutigen Zeit. In einem Haus, das Steuerzahler*innen finanzieren!
Das kann man nicht einfach so mit "unbedacht" abtun (vor allem dann nicht, wenn offenbar System dahinter steckt: seit September 2018 haben nur 3 Frauen im "Haupthaus", also auf der "großen Bühne" inszeniert), schon gar nicht, wenn es in der Kulturbranche passiert, einer Branche, die sich selbst als tolerant und offen bezeichnet und die von sich selbst behauptet, soziale Ungleichheiten aufzuzeigen und für Gerechtigkeit einzustehen. Die aber - nicht nur in Hollywood, sondern auch im deutschsprachigen Raum und auch in der kleinen beschaulichen Stadt am See namens Klagenfurt - hauptsächlich von Männern dominiert wird. Zumindest dort, wo es gut bezahlte Posten gibt. Denn die unterdotierte freie Kulturszene - die auch in ländlichen Regionen tätig ist und in Kärnten den größten kulturellen Player darstellt - könnte ohne kreative, engagierte Frauen in (zumeist unterbezahlten) Führungspositionen nicht überleben.
Wir sind ob des überwiegend männlich dominierten Spielplanes des Stadttheaters Klagenfurt schockiert und empört. Weiters fragen wir uns, warum das weder von der Politik noch von den Medien thematisiert wird und scheinbar normal sein soll.
Die IG TTPKK

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