Unter dem Weihnachtsbaum spielt die Herkunft keine Rolle
Familie Ibrahim aus Syrien hat hier dank Kornelia und Bernhard Wallner eine neue Heimat gefunden – und erzählt, wie sie Weihnachten erlebt.
MARIA SAAL (vep). Es wird nunmehr das dritte Weihnachtsfest, das Familie Ibrahim aus Afrin im syrischen Aleppo gemeinsam mit ihren xxxx, Bernhard und Kornelia Wallner feiern wird. Für Vater Nafes Ibrahim ist es bereits das vierte, im Oktober vor vier Jahren flüchtete er und fand beim Ehepaar Wallner Unterkunft und Hilfe, ein Jahr später kam Tochter Roz, dann der Rest der Familie, seine Frau Tulin Kahlil, Schwager Waleed Kahlil sowie Tochter Pola und Sohn Ganhammed nach. Familie Ibrahim ist am Papier muslimischen Glaubens, gehören aber der kurdischen Volksgruppe an und glaubt an die Lehren Zarathustras, die dem christlichen Gedanken sogar ähnlich sind, sagt Nafes.
Lebendiges Brauchtum
Was Familie Ibrahim hier besonders gefällt ist, wie tief verwurzelt die Kärntner mit ihren Bräuchen sind - und sie offen zelebrieren. "Hier darf man seine Traditionen offen leben, in Syrien können das Kurden noch immer nicht, vieles findet versteckt und im Verborgenen statt, wie etwa das große Neujahrsfest Newroz am 21. März", erzählt Nafes. Am Heiligen Abend feiern sie gemeinsam mit den Wallners Weihnachten. "Das Schönste für die Kinder sind natürlich die Geschenke, aber das Zusammensein der ganzen Familie ist eigentlich das Schönste an dem Fest", sagt Tulin. Kornelia Wallner liest mit ihrem Mann dann das Evangelium vor - auf Deutsch, Englisch und Kurdisch. Gefeiert wird bei Familie Ibrahim bzw. in der muslimischen Welt auch, allerdings erst am 31. Dezember - ein Tag des Friedens, an dem traditionell die ganze Familie zusammenkommt. "Das fehlt mir hier am meisten", sagt Tulin. Der ganze Dezember steht in ihrem Kulturkreis besonders im Zeichen der Familie. "In diesem Monat unterstützt man sich besonders häufig, hilft sich gegenseitig beim Hausputz, kocht und isst oft zusammen." Am 31. 12. kommt dann die gesamte Familie zusammen - gut und gerne 50 bis 60 Menschen. Dann gibt es auch Geschenke. "Alle sitzen am Boden, der Vater am Kopfende, danach alle in genauer Sitzordnung, nach Alter und Familien geordnet", erzählt Tulin. Auch hierzulande feiert Familie Ibrahim an diesem Tag mit kurdischen Freunden.
Kinder sollen selbst entscheiden
Tulin und Nafes erziehen ihre Kinder so, dass sie sich später selbst für eine Glaubensrichtung entscheiden können. Derzeit wachsen sie mit beiden auf.
Der achtjährige Ganhammed ministriert zum Beispiel im Maria Saaler Dom. Im Advent hat er einen Brief an das Christkind geschrieben und gemeinsam mit Bernhard Wallner die Krippe aufgestellt. Seine Lieblingsweihnachtslieder sind Oh Tannenbaum, aber auch das Trommellied und Hallelujah mag er sehr. Besonders für die Kinder, aber auch die Eltern, ist der Schnee. Den gibt es in Syrien zwar in höheren Lagen auch, aber nicht in den Städten. "Für mich war der Adventkranz etwas ganz Neues, das habe ich vorher noch nie gesehen", sagt Nafes. Weihnachtlich geschmückte Städte gibt es auch in Syrien. "Ich habe aber hier nicht verstanden, warum überall geschmückte Christbäume stehen, man den eigenen in der Wohnung aber erst am 24. Dezember schmückt", schmunzelt Nafes.
"Wünsche mir mehr Offenheit"
Und wenn sich nun Familie Ibrahim etwas wünschen dürfte zu Weihnachten, dann wäre das Folgendes, erzählt Tulin: "Es wäre schön, wenn die Menschen nicht so stark darauf schauen würden, ob jemand Ausländer ist und dann ablehnend reagieren. Menschlichkeit und Liebe - das ist doch wichtig, nicht Religion oder Herkunft. Wir wollen uns hier integrieren und in Frieden mit den Menschen hier leben."
Für Nafes wäre schön, wenn er endlich den offiziellen Asylbescheid erhalten würde. Seit zweieinhalb Jahren ist er in der Spar-Zentrale in Maria Saal tätig und engagiert sich bei der FF Maria Saal. Wallner erläutert: "Die ganze Familie ist hier voll integriert, sie lernen Deutsch, arbeiten bzw. gehen zur Schule; Roz und Pola besuchen die fünfjährige Wirtschafts-WiMo, Waleed macht im Humanomed-Zentrum Althofen gerade eine Koch-Lehre. Es ist eine Freude zu sehen, wie schnell und fleißig sie sich hier weiterentwickelt haben."
Der Grundgedanke von Weihnachten
Wallner erinnert: "Weihnachten hat ja auch viel mit der Herbergssuche zu tun, daran sollten wir Christen uns ein wenig erinnern: Daran, unsere Nächsten zu unterstützen und zu helfen, wenn jemand in Not ist. Das haben auch ich und meine Frau für Familie Ibrahim getan. Die ganze Welt kann kein Einzelner retten, aber wenigstens eine Familie können meine Frau und ich unterstützen, hier vollends anzukommen."
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