Anrainer-Protest
Große Trauer um einen Baum in Langenzersdorf
55 Jahre alte Schwarzpappel musste gefällt werden. Die Gemüter in Langenzersdorf sind mehr als nur erregt.
BEZIRK KORNEUBURG | LANGENZERSDORF. Als am 11. Dezember 2018 die 55 Jahre alte Schwarzpappel Ecke Lagerstraße und Scheydgasse an der Stadtgrenze zu Wien gefällt wurde, war die Empörung groß. Langenzersdorfer pilgerten mit Kerzen und Plakaten zum Baumstumpf, trauerten um das Naturjuwel. "Es ist uns völlig unverständlich, wieso dieser wunderschöne Baum keinen Pflegeschnitt bekommen hat, sondern gleich gefällt wurde. Man sieht an der Baumscheibe deutlich, dass der Baum bis in den Kern gesund war", bedauert etwa Veronika Rampetsreiter das Fällen.
Rund drei Wochen später bemerkt auch Christoph Baumgärtel, Obmann-Stellvertreter der SPÖ Langenzersdorf, das Fehlen des Baumes. Er spricht von "Mord an einem 200 Jahre alten Baum" und fordert Aufklärung von der regierenden ÖVP.
Kein Ausweg möglich
Dass man die riesige Schwarzpappel keineswegs unbedacht und ohne Grund gefällt hat, erklärt hingegen GRÜNE-Gemeinderätin Waltraud Stindl, die für die Bäume im Straßenbereich zuständig ist. "Der Maschinenring überprüft für uns laufend den Zustand der Bäume, was auch im Baumkataster festgehalten wird. Bereits vor einem Jahr wurde empfohlen, den Baum zu fällen, weil Fäulnis im Wurzelbereich sowie im Stammfuß festgestellt wurde", erklärt Stindl. Ein Jahr lang hat sie dann darum gekämpft, den Baum zu erhalten. "Wer mich kennt, weiß, dass ich für jeden Baum kämpfe. Oft macht man sich sogar über mich lustig, weil mir die Bäume so am Herzen liegen. Und gerade diese Schwarzpappel war mein Lieblingsbaum, den hab ich früher sogar gegrüßt, wenn ich in die Schule gegangen bin."
Stindl hat weitere Experten befragt, zusätzliche Gutachten eingeholt. Das Ergebnis: Obwohl der Baum äußerlich – und nun auch seine Reste – gesund erscheinen, steckt die Fäulnis drin. "Man muss sich das so wie bei den Eschen vorstellen. Äußerlich erscheinen sie komplett gesund und dennoch fallen sie auf einmal um", erklärt die GRÜNE-Politikerin.
Persönlich haftbar
Dass am Tag der Fällung, Stindl war da selbst dabei – mit schwerem Herzen, wie sie sagt – nicht eine entsprechende Tafel von der Gemeinde aufgestellt wurde, die die Bevölkerung über die Notwendigkeit informiert, bedauert Stindl.
Ein weiteres Problem ist die Rechtslage: Da die 55-jährige Schwarzpappel an einer stark befahrenen Kreuzung stand, wäre im Ernstfall sogar Gemeinderätin Waltraud Stindl persönlich haftbar. "Die Gefahr war zu groß. Der Baum hätte einfach, ohne Vorzeichen, umfallen können oder Teile davon hätten abbrechen können. Wenn dann etwas passiert wäre, wäre ich selbst dran und haftbar. Das ist einfach eine riesige Verantwortung und ein nicht abzuschätzendes Risiko." Und natürlich wird es auch eine Ersatzpflanzung, vielleicht jedoch an einem anderen Standort, geben, wie Stindl erklärt.
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