Behindertenhilfe Stockerau
Jeder soll verstehen, mitreden und entscheiden können
Alle sollen mitreden können, alles sollen verstehen können – die Behindertenhilfe Bezirk Korneuburg stellt sich nicht nur strukturell neu auf, sondern will alle, Betreuer und Klienten, zu einem Team werden lassen.
BEZIRK KORNEUBURG | STOCKERAU. Für die einen ist es nur ein Bild, ein Symbol, eine Zeichnung auf einer Tafel – für die anderen jedoch die Möglichkeit, Informationen zu verstehen, an der Gemeinschaft teilzuhaben und ein Mitglied einer Gruppe zu sein. In der Behindertenhilfe Bezirk Korneuburg, speziell am Standort Stockerau, ist die "Unterstützte Kommunikation" das Thema des Jahres 2023. Dass das zugleich bedeutet, die Abhängigkeit von anderen zu reduzieren, erklären Standortleiter René Schießbühl und Tagesstätten-Teamleiterin Ines Schwab.
Bild und Sprache
Ein Besuch bei der Behindertenhilfe in Stockerau zeigt, da tut sich was. Die Türschilder, Stundenpläne und Tagesplan-Tafeln sind auf einmal bunt. Neben dem geschriebenen Wort findet man bunte Zeichnungen, manchmal sogar eine Taste. Ein kurzes Drücken und schon weiß man, heute gibt es Spaghetti zum Mittagessen. Was auf den ersten Blick banal aussieht, hat für viele Bewohner und auch Arbeiter in den Tagesstätten große Bedeutung.
"Unsere Klienten können oft nicht einfach einen Plan lesen. Was auf dem Programm steht, für welche Arbeiten sie etwa eingeteilt oder welche Ausflüge geplant sind, musste ihnen bisher immer jemand vorlesen. Das wird jetzt anders",
erzählt Schießbühl. Informationen für alle zugänglich machen, das ist das Ziel, das ist auch der Weg zu mehr Selbstständigkeit.
Computer als Sprachrohr
Doch nicht nur Pläne und Tafeln sollen für alle gleichermaßen verständlich sein, auch das Verständnis untereinander soll gefördert werden. So hat man begonnen, mit Hilfe von speziell programmierten iPads, die als Sprachrohr oder Sprachbox für die Bewohner dienen, intensiver in Kontakt zu treten.
"Da gab es zum Beispiel einen Vater, der darauf bestand, dass das Zimmer seiner Tochter gelb gestrichen wird. Mit Hilfe des Computers haben wir herausgefunden, dass sie gelb überhaupt nicht mag. Wir konnten sie einfach fragen und sie hat uns, durch Drücken auf die entsprechende Taste, ihre Wunschfarbe mitteilen können",
erzählt Schwab.
Dass eine solche Technik teuer ist, versteht sich von selbst. Die speziellen Programme und Geräte schlugen schon jetzt mit 12.000 Euro zu Buche. Eine Investition, die sich aber auf alle Fälle lohnt, um das Leben der betroffenen Menschen besser zu machen, sind Schießbühl und Schwab überzeugt.
Wertvolle Arbeit
Besser könnten auch Anerkennung und Verdienst für die Arbeit sein, die tagtäglich in den Stockerauer Werkstätten geleistet wird. "Bei uns wird nicht gebastelt, wir arbeiten nach Auftrag, schaffen Kunstwerke, leisten wertvolle Handarbeit", sagt Betreuerin Daniela Hofmann, als wir bei unserem Spaziergang durch den Stockerauer Standort in der Werkstätte angekommen sind. Und was dort geleistet wird, scheint einzigartig. Feinmotorik ist gefragt, wenn es etwa darum geht, Pumpenteile aus Bausätzen zusammenzustellen. Ein noch besseres Auge brauchen jene, die alte Röntgenbilder nach ihren einzelnen Bestandteilen sortieren, um diese anschließend fachgerecht recyceln zu können. Und auch für die Raika werden jährlich hunderte Weltspartagsgeschenke produziert. Und dann gibt es da noch die Gruppe Pfiffikus, die nach Aufträgen arbeitet, etwa in der Gartengestaltung und Grünraumpflege.
Aufträge und Verkaufsladen
Die Aufträge aus der regionalen Wirtschaft helfen, nicht nur mit sinnstiftender Arbeit, sondern auch finanziell beim Erhalt des Systems Behindertenhilfe Bezirk Korneuburg. "Jeder kann sich mit einem Auftrag an uns wenden", erzählt Karin Kalcher. "Wir setzen uns dann zusammen, schauen, ob das Gewünschte machbar ist und planen den Prozess gemeinsam durch."
Und wer schon einmal bei einem Oster- oder Weihnachtsmarkt der Behindertenhilfe war, weiß, welch schöne Dekorationsartikel in den Werkstätten entstehen. Diese sind nun, zur Freude vieler, auch das ganze Jahr über im kleinen Verkaufsladen im Stockerauer Foyer, erhältlich. "Und Persönliches, etwa für Hochzeiten oder Geburtstage, produzieren wir auch gerne nach Anfrage", lässt Kalcher wissen.
Mehr Infos über die Behindertenhilfe Bezirk Korneuburg, Standort Stockerau: 24 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Zivildiener und auch ein Mädchen, das gerade ihr Freiwilliges Sozialjahr ableistet, kümmern sich am Stockerauer Standort der Behindertenhilfe um die Bewohner und Tagesgäste. In Stockerau wird permanent gewohnt, es gibt teilbetreutes Wohnen und auch ein Zimmer für Kurzzeit. Die Werkstätten bestehen aus vier Gruppen mit insgesamt 38 Plätzen, in zwei WGs wird zudem, selbstständig, im Wohnverbund gelebt.
Neben Standortleiter René Schießbühl, hat nun jeder Bereich seine eigene Teamleitung bekommen: Ines Schwab ist etwa für die Tagesstätte verantwortlich, Rebecca Puhl für Wohnhaus und Seniorenbetreuung und Nina Klug für Teilbetreutes Wohnen und WGs.
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