Unser Bezirk vor 100 Jahren
Vor 100 Jahren: 20. Februar 1919

- hochgeladen von Sandra Schütz
Vor 100 Jahren schrieb der "Korneuburger Bezirksbote":
"Ein Warnungsruf in letzter Stunde. Unsere schlechten Lebensmittelzustände verschärfen sich. Insbesondere unser Bezirk ist stark vernachlässigt geblieben. Die Bevölkerung Korneuburgs muß zusehen, wie seit Juli d. J. ununterbrochen die Wiener nicht nur Kartoffel und sonstige Lebensmittel aller Art, seit neuerer Zeit auch Milch in allen Mengen verschleppen. Die Wiener hamstern Kartoffeln und verkaufen sie im Schleichhandel. Drei- bis viermal wöchentlich sieht man die gleichen Gesichter unsere Stadt bzw. den Bahnhof passieren. Schreiber dieser Zeilen beobachtete verflossenen Samstag Wiener, die mit dem Hamsterzuge kamen und mußte folgendes Gespräch zwischen einer drallen Hamsterin und einem stämmigen Wiener Burschen anhören: ’Heut’ koch’ ma uns an Milchreis’. Die gesunden Wiener essen Milchreis, unsere armen, hungernden Kinder, siechen Greise und fiebernden Kranken können keine Milch bekommen!! Welt, wo bist du? In Kannen bis zu 12 und 15 Liter, ja in Gießkannen wird die Milch fortgeschleppt. Unser Mahnruf richtet sich an den neuen Leiter der Bezirkshauptmannschaft. In der Bevölkerung Korneuburgs herrscht angesichts dieser Verhältnisse gewitterschwüle Stimmung, die sich in Bälde entladen dürfte. Aufgabe der beteiligten Behörden muß es sein, hier raschest Wandel zu schaffen. Als kompetenter Faktor in erster Reihe zählt diesfalls die Bezirkshauptmannschaft. In zweiter Reihe steht die Gemeindevertretung und der Gemeindewirtschaftsrat, welch beide in letzterer Zeit leider auffällig zu versagen beginnen."
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