Vor 100 Jahren – 21. April 1916
Vor 100 Jahren schrieb die Wochen-Zeitung für das Viertel unter dem Manhartsberg:
Ein Modedame. Am 14 April in den späteren Nachmittagstunden stolzierte in unserer Stadt eine nach neuester Art gekleidete Dame mit einem Kind (Mäderl) umher. Die Dame kam in Begleitung eines Herrn von der Bahn durch die Eisenbahngasse gegen den Hauptplatz. In der Eisenbahngasse ging unser Gewährsmann mit 2 Frauen aus bürgerlichem Kreise knapp hinter der Modepuppe, der ihr Rock faktisch nur bis zu den Knien reichte, die denkbar kürzeste Form, die überhaupt möglich und bisher hier gesehen wurde. Zwischen unserem Gewährsmann und den Frauen in seiner Gesellschaft entspann sich darüber ein kurzes Zwiegespräch, wörtlich:
Gewährsmann: "Da schaun s’ hin, Gnädige, die dort vorne, ist so etwas überhaupt zulässig?"
1. Frau: "Ein Skandal!"
2. Frau: "Unglaublich, und ihr Mann geht mit!"
Gewährsmann: "Jetzt passen s’ aber auf, Gnädige, wenn die vorne sich zu ihrem Kind nunterneigen muß, was wir das sehen können!" (Nahezu im gleichen Augenblick neigt sich die Modedame zu ihrem Kinde und richtet an dem Häubchen desselben etwas. Infolge dessen werden ihre Füße oberhalb des Knies, umschlossen von weißen Hosenspitzen, sichtbar)
1. Frau: "Ordinär! (Schreit) Pfui!"
2. Frau: "Wenn ich ihr Mann wäre, so hätte ich mir statt des Säbels einen Stock mitgenommen und sie dort verprügelt, wo wir bald mehr gesehen hätten."
Die Modedame ging nun auf den Hauptplatz, wo sie großes Aufsehen insoferne erregte, daß sich alles, ob Mann oder Frau, nach ihr umdrehte und ziemlich laut und in höchst abfälliger Weise an ihrem Gebaren Kritik übte. Polizeiliche Verwarnungen gegen solche Auswüchse wären hier wohl am Platze.
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