Ein Kasperl mit einem goldenem Wienerherz
Das Döblinger „Urgestein“ Otto Tausig spricht über seine Anfänge, die Karriere und den schönen 19ten Bezirk.
(hah). Wenn am 6. November das Klezmore Festival im Jazzclub „Porgy & Bess“ eröffnet wird, dann gibt es wesentlich mehr zu feiern als nur den Beginn einer tollen Konzertreihe. An diesem Abend wird nämlich die Musikgruppe „Klezmer Connection“ mit einem ganz besonderen Gaststar auf der Bühne stehen: Otto Tausig.
Dass der berühmte Wiener Schauspieler, Regisseur und Autor bereits 88 sehr bewegte Jahre hinter sich hat, ist ihm vielleicht anzusehen, anzumerken ist es ihm kaum. Die mit unglaublicher Herzlichkeit aufgeladene Lebensenergie wischt jeden Gedanken an sein Alter und seine Krebserkrankung fort. Otto Tausig hat noch so viel vor, er hat schlicht keine Zeit, wirklich alt und krank zu werden. Gerne erzählt er, was ihn so umtreibt, dass eigentlich jeder Tag zu kurz ist – und überrascht mit entwaffnender Offenheit: „Sicher gibt es hie und da etwas, das ich gerne mache. Aber ich spiele auch in vielen sehr blöden Fernsehsachen mit. Des Geldes wegen!“ Doch bevor sich noch ein da-schau-her ausgeht, schiebt er nach: „Aber das stecke ich nicht in die eigene Tasche. Es geht komplett in karitative Projekte“.
Flucht aus Wien
Im Alter von 16 Jahren musste der aus einer jüdischen Familie stammende Tausig 1938 aus Wien flüchten. Diese Erfahrung haben ihn maßgeblich geprägt.
„Sicher hat mein karitatives Engagement auch mit meiner Biographie zu tun. Derzeit unterstütze ich gerade ein Heim für jugendliche Flüchtlinge in Hirtenberg. Denn ich selbst war ja ein jugendlicher Flüchtling. Ich bin ohne meine Eltern nach England gegangen und musste mich dort irgendwie durchg’fretten. Mir hat man geholfen zu überleben, und jetzt versuche ich das mit Zinsen zurückzuzahlen.“
(Keine) Gagen
Und so lässt Otto Tausig sämtliche seiner Gagen direkt an Hilfsorganisationen überweisen, lebt alleine von seiner „sehr schönen Pension“. „Wenn wir jetzt bei Klezmore sammeln können, dann geht das Geld an die ‚Physicians for Human Rights‘ in Israel. Das sind Ärzte, und zwar jüdische und palästinensische, die gemeinsam für die Palästinenser arbeiten. Die fahren in Dörfer, in denen die Leute sich keinen Arzt leisten können, und versorgen die Menschen medizinisch. Ich hoffe, dass ein palästinensischer Vater, dessen Kind in einem israelischen Spital geheilt wurde, weniger bereit ist, sich und ein paar Juden in die Luft zu sprengen. Außerdem kümmern die sich auch um die Menschenrechte der Palästinenser, die wegen der israelischen Besatzungspolitik ein schweres Leben haben. Und so hilft halt das Kasperldasein Dingen, die wichtiger sind.“
Im Fall Klezmore freut Tausig sich aber auch auf seine Kasperliade, denn zum einen ist er mittlerweile ein großer Fan der „Klezmer Connection“, zum anderen wird er zwei wunderbare Kurzgeschichten lesen, „eine von Isaac Bashevis Singer ‚Gimpel der Narr‘, dann von Egon Erwin Kisch, ‚Des Parchkopfs Zähmung‘, das ist eine lustige Geschichte“.
Der Mittelpunkt
Im „schönen 19. Bezirk“ zu leben, empfindet Otto Tausig als Privileg. „Der Mittelpunkt unseres Lebens ist unser Hund. Wir haben hier so viele Grünflächen und Parks wie kaum anderswo. Mit dem Bus 40A können wir einfach in die Stadt fahren. Zwar gehe ich meiner Krankheit und meines Alters wegen nicht mehr so viel in der Stadt herum. Aber es gibt so viele schöne Platzerln in Wien. Die Donauinsel beispielsweise. Da hat jeder sein Vergnügen. Wir gehen mit dem Hund, andere fahren Rad oder mit Rollschuhen. Wieder andere laufen nackert herum. Und (dabei lächelt er verschmitzt) die Kaffeehäuser in Wien sind ja auch ganz schön.“ Doch eine Sorge treibt ihn derzeit natürlich um: „Als ich ein Kind war und Hitler nach Wien kam, da haben sich die Leute gefreut, wenn die Juden am Boden knieten und mit einer Zahnbürste den Boden putzen mussten. Am Ende waren es dann 55 Millionen Tote. Die Menschen sind zu dumm zu begreifen, dass wir alle Menschen sind. Sie leben ihre Minderwertigkeitskomplexe aus, indem sie auf den anderen zeigen und sagen: Der ist anders. Deshalb haben sie jetzt den Strache gewählt. Und unsere Frau Innenminister versucht sogar, ihn rechts zu überholen“.
Unbedingt vormerken!
Die Eröffnungsgala des Klezmore-Festivals findet am 6. November, 20 Uhr im „Porgy & Bess“ statt. Dabei treten Otto Tausig & Klezmer Connection auf. Weitere Infos auch im Internet unter www.kletzmore-vienna.at
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