Eine Stimmgewaltige und ihr Co trotzen dem Missklang des Orchesters
Musik ist unendlich. Sagt wer? Weiss ich nicht, ist aber so. Das könnte auf die Dame zutreffen, die dieser Tage das Wiener Konzerthaus beehrte:
Diana Damrau. Die Crossover-Lady kann aus dem Vollen schöpfen, mal ist sie das Blumenmädel in My fair Lady, mal meistert sie fulminant die Titelrolle in Lucia di Lammermoor. Sie lässt sich nicht einordnen, will es auch nicht. Im vergangenen Jahr feierte die Sopranistin mit Xavier de Maistre (Harfe) an ihrer Seite einen großen Erfolg in der Wiener Staatsoper. Unstet auch ihr Leben in der Familie. Die Mutter von zwei Kindern, ursprünglich aus Bayern, lebt heute in Zürich, aber auch gerne im Big Apple. Die "Perlenfischerin" - zuletzt im Theater an der Wien grandios dargestellt und gesungen - ist ein Wirbelwind. In der "Bühne" sagt sie: "Für mich gibt es nichts Schöneres als romantische Musik und Belcanto. Aber auch Richard Strauss und Mozart - damit ist der Kalender schnell voll." Und nun ist sie wieder in Wien, im Konzerthaus. Die Koloratur-Sopranistin schafft das Programm von Bellini, Puccini und Donizetti mit Bravour. Eine herrliche Stimme erfüllt das Konzerthaus.
Die Leichtigkeit, mit der sie die Arien vorträgt, ist einzigartig, mit nichts zu vergleichen. Die Echo-Preisträgerin hat alles, was eine große Künstlerin ausmacht: Charme, Können und einen unbestechlichen Charakter, was sie ihrer Stimme zumuten kann. Nicht ganz auf Augenhöhe singt ihr Partner, Bassbariton und Ehegespons, Nicolas Testé. Er wirkt ein wenig unsicher, was durchaus an der unprofessionellen Haltung des Orchesters liegen mag. Wenn sich mein sehr geschätzter nobler Kurier-Kritiker am Kopf kratzt, und das hat er an diesem Abend oft getan, ist Feuer am Dach. In der Tat überdeckte das Symphonieorchester der Volksoper Wien vor allem den französischen Künstler in unkollegialer Weise. Zum gleichen Zeitpunkt wurde in der Volksoper "Cosi fan tutte" gespielt. Auf der Webseite des Hauses am Gürtel werden insgesamt 95 Orchestermitglieder angeführt. Die Rechnung ist simpel: Da wie dort müssen eine Menge Substituten musiziert haben. Ich vermute die meisten im Konzerthaus. Und der Dirigent lässt es plätschern, uninspiriert, farblos - Humtata-Musik.
Abgesehen davon war der Belcanto-Abend ein wunderbares Geschenk an das Publikum, das den beiden Akteuren auf der Bühne zujubelte. Die nächste Stadt, wo Damrau und Testé während ihrer Tournee auftreten, ist München. Dort werden sie von den Münchner Symphonikern begleitet - hoffentlich besser als von den Wienern. Next: Schlusskonzert im Rahmen von Great Voices ist der Auftritt von Jonas Kaufmann am 14.5.2015 im Konzerthaus.
UND DAS HAT DAS KONZERTHAUS SONST NOCH ZU BIETEN:
Im Mai und im Juni ist der Konzertkalender prall gefüllt:
Das 37. Internationale Musikfest steht ins Haus, und im Programm findet sich heuer erstmals ein zweitägiges Fest im Fest, der «Gemischte Satz».
An zwei Tagen kann das Publikum bei diesem neuen Festival in allen Sälen Musik, Literatur, Schauspiel, Bildende Kunst und Wein gustieren.
Außerdem feiert der Komponist Kurt Schwertsik seinen 80. Geburtstag mit einem Konzert des Ensembles "die reihe" unter HK Gruber. Mit Gustav Mahlers «Lied von der Erde» eröffnen die Wiener Philharmoniker unter Daniel Harding das Musikfest. Unter Sir Simon Rattle wird das Orchester außerdem dessen ganz spezielles «Best of Haydn» präsentieren.
Hochromantisch wird das Gastspiel des Orchestra dell' Accademia Nazionale di Santa Cecilia. Das Philharmonia Orchestra unter Esa-Pekka Salonen widmet sich Schlüsselwerken der Moderne. Das ORF Radio-Symphonieorchester Wien wird das Musikfest mit Bruckners f-moll-Messe feierlich beenden. Die Monate Mai und Juni dürften Freunde der Klaviermusik ebenfalls wie ein einziges Fest anmuten, man sehe sich nur die Liste der Pianisten an: Rudolf Buchbinder, Ingolf Wunder, David Fray, Pierre-Laurent Aimard, Maurizio Pollini, Till Fellner und Sir András Schiff.
Infos und Tickets: www.konzerthaus.at
Reinhard Hübl
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