HGM-Direktor Georg Hoffmann
"Ohne Diskussion ist ein Museum tot"
Nach Monaten voller Kritik steht das Heeresgeschichtliche Museum vor einem Neuanfang. Georg Hoffmann verrät, wie er das Museum als neuer Direktor erfolgreich in die Zukunft führen möchte.
WIEN/LANDSTRASSE. Georg Hoffmann hat gerade erst sein neues Büro beim Heeresgeschichtlichen Museum (HGM) im Arsenal bezogen. Aber jetzt schon steht für den Zeithistoriker und Milizoffizier fest: Die starke Debatte über das Museum im letzten Jahr begreift er als Chance.
In den kommenden Monaten wird Hoffmann das HGM weiterentwickeln und zeitgemäß gestalten. Wie das gelingen soll, hat er der BezirksZeitung im Interview verraten.
Kam es überraschend, dass die Entscheidung für den Posten auf Sie fiel?
GEORG HOFFMANN: Es war ein sehr langer und gründlicher Bewerbungsprozess. Sicherheit hat man dabei nie. Ich muss gestehen, die Entscheidung kam daher schon überraschend.
"Nehme die Herausforderung an "
Sie waren unter anderem als Kurator für das Haus der Geschichte tätig. Jetzt leiten Sie ein eigenes Museum. War das schon immer Ihr Wunsch?
Für einen Historiker und Museumsspezialisten ist das HGM ein Traum. Meine Arbeitsschwerpunkte und meine Verbindung zum Bundesheer, wo ich als Militärhistoriker tätig bin, machen das HGM zum ideale Museum für mich. Noch dazu bin ich jemand, der Diskussionen mag und Herausforderungen annimmt.
Stichwort Herausforderung: Welche gibt es für das HGM?
Militärgeschichtliche Museen sind international gesehen die ältesten Museen, die wir haben. Sie haben leider den Touch ein wenig altmodisch zu sein. Da ist die Herausforderung, Militärgeschichte in die Zukunft zu führen. International passiert das bereits, aber in Österreich fehlt dieser Schritt noch.
Es gab im letzten Jahr viel Kritik, dass das Museum nicht mehr zeitgemäß sei – auch gerade wenn es um die Präsentation von Ausstellungen ging. Fanden Sie die Kritik berechtigt?
Ich habe die Debatte natürlich mitverfolgt und beobachtet. Grundsätzlich finde ich es gut, dass es so eine Diskussion gab und gibt, denn hätten wir keine Diskussion würde es bedeuten, das Museum wäre jedem egal und hätte keine Relevanz. Ohne Diskussion ist ein Museum tot – das muss man ganz deutlich sagen. Der Kern des Museums ist es, die Diskussion zu verstehen und zu integrieren.
Wie wollen Sie nun das HGM zeitgemäßer gestalten?
Indem wir die Verbindung zwischen Militär und Gesellschaft herstellen und die Rolle des Militärs in der Gesellschaft betrachten. Der Ukraine-Krieg zeigt uns ganz aktuell, dass Krieg nicht nur mit dem Militär zu tun hat. Da geht es auch darum, welche historischen Bilder herangezogen werden um den Krieg zu legitimieren. Man muss auch verstehen, dass Soldatinnen und Soldaten Teil der Gesellschaft sind und sich ihre Rolle mit der Zeit geändert hat.
Modernisierung, Öffnung und Diskussion
Was sind Ihre wesentlichsten Ziele für das HGM?
Auch wenn es plakativ klingt, habe ich für mich drei Schlagworte ausgerufen: Modernisierung, Öffnung und Diskussion. Ich will das Museum auf allen Ebenen ins 21. Jahrhundert führen. Der aktuelle Überfall Russlands auf die Ukraine oder auch der Spionageballoon der Chinesen zeigt, welche Themen eine Gesellschaft beschäftigen. Aufgabe eines Museums ist es, diese Themen aufzugreifen und damit zu arbeiten. Wir werden kein Museum sein, in dem nur Objekte präsentiert werden. Wir werden ein Museum sein, das auf vielen verschiedenen Ebenen kommuniziert und diskutiert.
Das bedeutet, die Dauerausstellung im HGM wird überarbeitet und weiterentwickelt?
Ja, sie wird schrittweise überarbeitet und auch erweitert werden. Was aktuell ein wenig zu kurz kommt ist etwa die Zeit nach 1945. Wir werden uns auch Diskussionsräume suchen. Gemeint ist damit die Verankerung im Österreichischen Bundesheer. Das HGM soll ein Diskussions- und Reflexionsort für Soldatinnen und Soldaten werden.
Gibt es schon einen Zeit-und Kostenplan?
Die Weiterentwicklung wird schrittweise passieren. Wichtig ist mir zunächst die Erarbeitung von Konzepten im Team, das wird in den nächsten Monaten passieren. Sichtbar werden Veränderungen dann spätestens 2025, wenn das große Republiksjubiläum stattfindet.
An der Saalgruppe "Republik und Diktatur" werden wir schnell arbeiten. Seitens des Ministeriums für Landesverteidigung wurden 4,3 Millionen Euro zugesagt. Wichtig ist mir aber darauf hinzuweisen, dass die Weiterentwicklung nicht nur heuer sondern auch in den nächsten Jahren erfolgt. Und das muss immer auf Basis von Konzepten, in dem auch Kosten abgeschätzt und angeglichen sind, passieren.
Es gab zuletzt Kritik gegenüber Ihres Vorgängers hinsichtlich der Führung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wie wollen Sie dieses Thema angehen?
Aus dem Umfeld in anderen Einrichtungen habe ich als Kernwert mitgenommen, immer das Team in den Vordergrund zu stellen. Museumsarbeit ist Teamarbeit und sie funktioniert nur, wenn ein Team Sicherheit hat; das fehlt derzeit. Wir haben aktuell 87 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in Zukunft sollen es aber mehr werden.
Auch der Frauenanteil soll gehoben werden?
Der Anteil an Frauen im Museum muss erhöht werden – das ist absolut mein Ziel. Deswegen freut es mich auch so, dass wir mit Stephanie Pracherstorfer-Prigl eine neue Führungsstelle im Museum besetzt haben. Sie ist auch meine Stellvertreterin in Verwaltungsaufgaben. Mir geht es ganz grundsätzlich um Diversität, das betrifft künftig auch die Museumsinhalte.
"Will keinen Einheitsbrei machen"
Es gab einmal den Vorschlag, dass man das HGM mit dem Haus der Geschichte zusammenlegt um den Anspruch an ein militärhistorisches Museum erfüllen zu können. Was halten Sie von der Idee?
Da steckt eine lange Diskussion dahinter. Das Haus der Geschichte hat seine Relevanz und sein Feld. Es ist als zeithistorisches Museum notwendig. Das HGM hat aber einen anderen Anspruch. Es ist kein Nationalmuseum, sondern mit Blick auf die Sammlung ein internationales, auf Mitteleuropa bezogenes Museum. Was ich absolut forciere ist eine enge Zusammenarbeit. Je mehr historische Museen wir haben, desto besser. Ich möchte sie aber eigentlich nicht zusammenführen und zu einem Einheitsbrei machen.
Das HGM plant jetzt eine Zusammenarbeit mit der NS-Gedenkstätte Mauthausen. Wie soll diese aussehen?
Bei einem Projekt zwischen Bundesheer und Gedenkstätte geht es darum, dass innerhalb des österreichischen Bundesheers das historische Bewusstsein gestärkt wird. Das Projekt habe ich letztes Jahr geleitet und wird jetzt im HGM integriert. Zusätzlich wird die Ausbildung von sogenannten InformationsoffizierInnen über die Landesverteidigungsakademie und das HGM erfolgen. Das sind ausgebildete HistorikerInnen und PädagogInnen, die dann als Mittler zwischen ziviler Gesellschaft und Bundesheer agieren.
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