Volkstheater: Die schlechteste Sängerin der Welt

- Maria Bill und Ensemble
- Foto: © Lalo Jodlbauer
- hochgeladen von Reinhard Huebl
Der rote Stern am Volkstheater symbolisiert wohl Widerstand gegen Korruption, gegen soziale Ungerechtigkeit, gegen Machtmissbrauch und gegen Gier, gegen Diskriminierung und Fremdenhass. So ist auch ein Teil des Spielplans gestaltet: “Kleiner Mann-was nun?“, „Der Revisor“, „Die Wahrheit“, „Unter der Treppe“ sind beredtes Zeugnis für die Haltung der Direktion Schottenberg. Das ist für manche sperriges Gut. Sie wollen im Theater nicht nochmals sehen, was ihren persönlichen Alltag wiederspiegelt. Frustrierte, Ausgebeutete, die der Globalisierung zum Opfer Gefallenen, von der Politik angeekelte Menschen, wollen unterhalten werden. Der Volkstheater-Direktor hat auch für die Gruppe, die die Arena gut füllen, mehrere Programme parat. Ich denke da an „Bon Voyage“ oder „Die Comedian Harmonists“ oder „Mein Freund Harvey“. Aber auch hier mit einem politischen oder sozialkritischen Hintergrund, wenn man es hören und sehen will. Die letztere Gattung füllt mehr das Haus als jene mit schwierigen Themen.
So ist vermutlich auch „Glorious“ von Peter Quitter zu verstehen. Eine selbsternannte Diva umgibt sich mit Speichelleckern, die die grauenhaften sängerischen Fehltritte von Florence Forster Jenkins mit Applaus bedenken. Die pummlige Frau kann sich nach dem Tod ihres wohlhabenden Vaters so Einiges leisten. Ihr Wunsch Sängerin zu werden, ist ihr Lebensziel und das verfolgt sie ohne Hemmungen. Da bleibt kein Auge trocken, als die „Sopranistin“ ihre Koloraturen singt, die einen aus Hohn, die anderen als Liebesdienerei. Sie ist die Antithese zu einem künstlerischen Talent. Einzig Cosme McMoon, der neue Pianist, hegt am Beginn seines Engagements Zweifel, ob der Darbietungen seiner Dienstgeberin. Doch - Geld regiert die Welt - als sie ihm die Verdreifachung der Gage verspricht, ist es mit der Ablehnung als musikalischer Begleiter vorbei. Ein Plattenstudio für Tonaufnahmen ist gebucht, die Langspielplatten auf eigene Kosten gepresst, er lässt sich einlullen vom Charme, Leidensgage und Aufwandsentschädigung. Die schwarzen Scheiben werden, gratis versteht sich, unters Frauenvolk gebracht. Sie ist Mitglied mehrerer Frauenvereine, die sie pekuniär unterstützt. Nur eine, Mrs. Verindah-Gedge, nennt das Kind beim Namen. Luftverschmutzung, unglaubliche Selbstüberschätzung, Notenmisshandlung sind sinngemäß ihre Worte. Das rührt die auch wegen ihrer extravaganten Kleidung bekannte Kitsch-Queen, nicht. Sie fühlt sich über alle Peinlichkeiten erhaben und mietet sogar die Carnegie Hall. Im Konzert hört sie nur das, was sie hören will. Das Gelächter dringt nicht an ihr Ohr, nur die Beifallsstürme, der orkanartige Applaus für die „Tour de force“ bestätigt Florences sängerische Bestimmung, Endorphine werden ausgeschüttet. Unbeirrt und dreist pflegt sie ihr künstlerisches Desaster bis zum Tod. „Das wichtigste ist, dass man Musik in sich trägt“, meint sie zu ihren Hofnarren.
Die österreichische Erstaufführung strotzt nur so von flachen Dialogen. Die SchauspielerInnen retten das Stück. Die hinreißende Maria Bill spielt Florence. Sie hat manchmal wirklich Schwierigkeiten die falsche Töne zu treffen. Dafür gebührt ihr der „Echo“, „Nestroy“, oder was auch immer. Die sonst auf der Bühne agierenden Personen sind Stichwortbringer für die exaltierte Notenmörderin. Die Regie trägt auch erheblich dazu bei, dass das Stück nicht als reiner Klamauk endet. Schottenbergs sichere Hand hält die wahre Geschichte in Balance.
Nächster Aufführung: 26.12., 18 Uhr
Ebenfalls empfehlenswert:
Comedian Harmonists am 9.11. um 19:30 Uhr
Bon Voyage am 3.11., 15:00 Uhr
Tickets: www.volkstheater.at
Reinhard Hübl
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