Finanzpolizei: Was Unternehmen beachten müssen
Für viele Unternehmen gilt es als Worst Case, wenn die Finanzpolizei vor der Tür steht – unangemeldet, wie dies meist der Fall ist. Die Behörde sorgt vor allem durch ihr resolutes Einschreiten oft für Unmut. Für Wirtschaftstreibende gilt in jedem Fall als oberste Prämisse: gut vorbereitet sein und Ruhe bewahren. Die Wiener Kanzlei Moore Stephens City Treuhand berät, wie sich Unternehmen gegenüber der Finanzpolizei verhalten sollen.
„Guten Tag, Finanzpolizei!“ Diese Worte hört wohl kein Unternehmer oder leitender Mitarbeiter gern. Rechnen muss man dennoch damit, vor allem in Branchen mit tendenziell hohem Anteil an ausländischen Arbeitskräften, wie dem Baugewerbe und der Gastronomie / Hotellerie. Die Finanzpolizei wurde in den letzten Jahren personell massiv aufgestockt und hat auch mehr Rechte als früher. Unangemeldete Besuche können jederzeit stattfinden. Jedem Wirtschaftstreibenden sei daher angeraten, sich genau mit seinem Steuerberater bzw. Rechtsanwalt über das richtige Verhalten in der Kommunikation mit den Prüforganen zu beraten.
Zutritt gewähren
Dem Zutrittswunsch der Behörde muss man jedenfalls nachkommen, wenn der Besuch innerhalb der Geschäftszeiten stattfindet. Die Finanzpolizei ist berechtigt, Grundstücke und Gebäude, Betriebs- und Arbeitsstätten zu betreten sowie Wege zu befahren, auch wenn dies der Allgemeinheit untersagt ist. Voraussetzung: Es muss Grund zur Annahme bestehen, dass dort Gesetzen zuwidergehandelt wird, für welche die Finanzpolizei zuständig ist. Das sind insbesondere die Überprüfung
- der illegalen Ausländerbeschäftigung
- des Lohn- und Sozialdumpings
- des Sozialbetrugs
- der Anmeldung von Dienstnehmern bei den Sozialversicherungsträgern
- gemäß Abgabenrecht und Finanzstrafrecht
- gemäß Glücksspielgesetz.
Haben die Beamten die Betriebsräume oder das -Gelände betreten, sollten die ersten Fragen auf Unternehmerseite jene nach dem Dienstausweis und dem Prüfauftrag sein. Denn die Befugnisse der Finanzpolizei sind unterschiedlich und richten sich nach Auftrag sowie dem jeweils zugrundeliegenden Gesetz. Für die sogenannte Nachschau sind die Beamten mit einem Generalauftrag ausgestattet, der auf der Rückseite des Dienstausweises aufgedruckt ist. Wie der Name schon sagt, dient dies dazu, im Betrieb nachzusehen, beispielsweise ob es den Betrieb überhaupt gibt. Viel weiter reichen die Befugnisse, wenn die Finanzpolizei in Sachen Ausländerbeschäftigungsgesetz unterwegs ist. Neben dem Recht, die Identität von Personen festzustellen sowie Fahrzeuge und andere Beförderungsmittel zur Überprüfung anzuhalten (z.B. Taxis), umfassen sie sogar die Festnahme von Personen. Dies allerdings nur, wenn Grund zur Annahme besteht, dass die betreffende Person nicht im Inland arbeiten darf, Gefahr im Verzug ist und das Eintreffen der Polizei nicht abgewartet werden kann.
Antworten und Checklisten vorbereiten
Die Frage, ob, wie viele und namentlich welche Ausländer im Betrieb beschäftigt sind, muss der Arbeitgeber sofort klar beantworten können. Er hat daher einen Beauftragten im Unternehmen zu bestimmen, der jederzeit über die jeweils aktuelle Anzahl und die Namen der im Betrieb beschäftigten ausländischen Mitarbeiter Auskunft geben kann. Viel Spannung kann bereits bei Beginn der Amtshandlung abgebaut werden, wenn eine Liste mit diesen Informationen vorgelegt wird. Personen im Unternehmen, die üblicherweise als Erste mit den eintreffenden Beamten konfrontiert sein werden, sollten entsprechend geschult und instruiert sein – beispielsweise Empfang, Rezeption, Portier, Schankpersonal, etc. Besonders wichtig ist es, so schnell wie möglich herauszufinden, wer der Leiter der Amtshandlung ist und was er bezweckt. Sobald dies feststeht, sollte man versuchen, durch klare Kommunikation, vorbereitete Checklisten und Kooperationsbereitschaft den Behördenbesuch so unproblematisch wie möglich zu gestalten. Generell sollten auch alle anderen Mitarbeiter rechtzeitig auf die Situation vorbereitet werden, sodass bei einem tatsächlichen Besuch der Finanzpolizei keine Nervosität aufkommt.
Rechte und Pflichten der Behörde kennen
Im Rahmen der oben erwähnten Nachschau sind gewisse Amtshandlungen erlaubt, andere nicht. In den meisten Fällen umfasst die Nachschau nur das Recht, alles anzusehen, was offenliegt oder offengelegt wird. Das heißt, es dürfen keine Kästen geöffnet oder Ordner aus den Regalen genommen werden. Allerdings hat die Behörde das Recht, in die Bücher und Aufzeichnungen Einsicht zu nehmen. Diese sind daher auf Verlangen vorzulegen. Außerdem darf der Prüfer nicht stillschweigend von einem Gesetzesbereich in den anderen wechseln, ohne dies ausreichend kundzutun. Prüfungen, für die zwingend ein schriftlicher Prüfauftrag vorzulegen ist, insbesondere für die klassische Betriebsprüfung oder die Prüfung in finanzstrafrechtlichen Angelegenheiten, dürfen ohne einen solchen Prüfauftrag nicht begonnen werden.
Abgabenprüfungen betreffen meistens die Umsatzsteuer, die Einkommen- oder Körperschaftsteuer, aber auch Abgaben und Beiträge im Zusammenhang mit Personal (sogenannte GPLAs, früher bekannt als Lohnsteuerprüfungen). Auch hier gilt: Der eingangs nachgewiesene Auftrag darf nicht willkürlich hinsichtlich Abgabenart und/oder Jahr ausgedehnt werden, sondern nur, wenn eine Ausdehnung des Prüfumfanges zuvor schriftlich vorgelegt wird. Zu achten ist auch darauf, dass nicht plötzlich die geprüfte Person wechselt. Prüft der Beamte beispielsweise die Umsatzsteuer der GmbH, so darf er nicht auf Basis dieses Prüfauftrags auch noch die Einkommensteuer des Geschäftsführers prüfen.
Unangemessenes oder rechtswidriges Verhalten der Prüfer sollte man nicht während der Amtshandlung zu vereiteln versuchen. Der Beamte darf in seiner Amtshandlung auch nicht behindert werden. Wirksamer und klüger ist es, dieses Verhalten entsprechend zu dokumentieren, während der Amtshandlung dem Prüfer einen entsprechenden Einspruch bzw. Protest auszusprechen und zu beantragen, dass dieser im abschließenden Prüfbericht aufzunehmen ist. Im absoluten Extremfall eines schädigenden Fehlverhaltens besteht auch die Möglichkeit einer Amtshaftungsklage.
Umfrage ortet rüdes Verhalten
Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat eine Umfrage im Berufsstand durchgeführt, bei der sich die Kammermitglieder (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer) zu ihren Erfahrungen mit finanzpolizeilichen Aktionen äußerten. Rund zwei Drittel der Befragten beschrieben die Einsätze als „eher nicht akzeptabel“ bzw. „rechtsstaatlich bedenklich“. Hauptvorwürfe waren:
- Ermittlungen erfolgen häufig in überfallsartiger Form und ähneln Razzien. Sie sind massiv betriebsstörend, rufschädigend (Unterstellung von Steuervergehen vor Kunden) und werden nicht angekündigt – auch nicht bei harmlosen Fällen, in denen keinerlei Anhaltspunkte für Gefahr im Verzug vorliegen.
- Die ermittelnden Personen verweigern es, ihren Namen bekanntzugeben oder sich auszuweisen.
- Die Beamten geben die Rechtsgrundlage ihres Handelns bzw. den Zweck der Ermittlungen auch in harmlosen Fällen ohne Gefahr im Verzug nicht bekannt. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit scheint vielen ermittelnden Personen nicht bekannt zu sein.
- Mangelnde Rechtsbelehrung der Befragten (z.B. Recht auf Aussageverweigerung für Unternehmer und seine Familienangehörigen)
- Ausüben von Druck und Ausnützen der durch den Einsatz provozierten Zwangslage (Stellen von Suggestivfragen; Ausnützen mangelnder Deutschkenntnisse bei Personen mit Migrationshintergrund etc.)
- Keine Möglichkeit für die Befragten, einen Rechtsanwalt oder Steuerberater beizuziehen
- Durchführung der Ermittlungen auch bei Abwesenheit des steuerpflichtigen Unternehmers (Befragung von Angestellten, fremden Dritten wie Kunden oder Familienmitgliedern)
- Sofortige Beschlagnahme von Gegenständen, ohne dass Gefahr im Verzug ist
- Unbefugtes Erstellen von Kopien und Fotografien im Unternehmen
Verschärfung im Zusammenhang mit Prüfmaßnahmen
Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2012, das am 15. Dezember 2012 in Kraft getreten ist, kam es zusätzlich zu einer empfindlichen Verschärfung im Zusammenhang mit Prüfmaßnahmen der Zoll- und Abgabenbehörden und damit auch der Finanzpolizei. Seither begeht jeder, der vorsätzlich eine finanzpolizeiliche Aufsicht oder Kontrolle erschwert, verhindert oder in sonstiger Art seine Mitwirkungspflicht verletzt, eine Finanzordnungswidrigkeit. Diese kann mit bis zu € 5.000 Geldstrafe geahndet werden.
Mag. Christoph Malzer, Moore Stephens City Treuhand: "Es ist begrüßenswert, dass die Finanzverwaltung gegen Steuersünder und Sozialbetrüger mobil macht. Gleichzeitig ist aber zu bezweifeln, dass ein Finanzstraftatbestand auf derart unpräzisen Formulierungen basieren darf. Die Antwort auf diese Frage wird uns wohl erst die Zukunft beantworten können, wenn ein Betroffener den Weg zur Justiz einschlägt oder diese von sich aus die besagte Strafnorm unter die Lupe nimmt."
Über Moore Stephens City Treuhand
Moore Stephens ist ein weltweit tätiges Netzwerk von Wirtschaftsprüfern und Beratern. Die Mitgliedsfirmen sind rechtlich eigenständige Partnerunternehmen der Moore Stephens International Limited (MSIL) mit Sitz in London. Die Assoziation besteht aus 299 Partnerkanzleien mit 624 Büros in 101 Ländern.
Die österreichische Partnerkanzlei Moore Stephens City Treuhand geht auf die 1981 von Dkfm. Leopold Wundsam in Wien gegründete Kanzlei zurück. Sie ist seit 1998 Teil des internationalen Netzwerks und verfügt heute über zwei Standorte in Wien und Krems. In den beiden Standorten sind rund 80 Mitarbeiter, vier Steuerberater und neun Wirtschaftsprüfer tätig.
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