Per Los ins Paradies
Vor fünf Jahren erfüllte sich der ganz persönliche Wohntraum von Helga und Siegi Gratzer. Sie gewannen ein Almhaus auf 1.400 Meter Seehöhe und schufen sich hier ihr Refugium fernab von Stadtlärm und Hektik.
Als bei Helga Gratzer am 23. Juni 2013 das Handy klingelte, glaubte sie erst an einen Scherz. „Wir haben über Werbeeinschaltungen von der Hausverlosung der Familie Warzilek gelesen und uns kurzerhand dazu entschlossen, 100 Euro in ein solches Los zu investieren“, erinnert sie sich. Doch der Anruf mit der Gewinnbenachrichtigung war kein Lausbubenstreich: Das Los des damals in Frohnleiten wohnhaften Ehepaares war aus insgesamt 14.500 Losen gezogen worden. Noch am selben Tag fand die erste Begehung statt: „Wir kannten das Haus bisher nur aus einem Imagefilm im Internet. Als wir es das erste Mal live sahen, stand sofort fest, dass wir hier wohnen wollen“, erzählt Siegi Gratzer. Das Wohnhaus in Frohnleiten wurde verkauft, das gerade erst renovierte Gasthaus verpachtet. Den Wunsch, auf die Koralpe zu ziehen, hegte das Paar schon länger: „Ich stamme ursprünglich aus Vorarlberg und brauche die Berge einfach“, sagt Helga Gratzer.
Neuer Lebensstil
Heute, fünf Jahre später, hält die anfängliche Euphorie noch immer an. „Es ist wie im Paradies“, freut sich Siegi. Um dieses aber vollends auskosten zu können, war eine berufliche Anpassung notwendig – denn die Erhaltung von 250 m2 Wohnfläche und zwei Hektar Grund gleicht einem Vollzeitjob. Siegi Gratzer, der im Forderungsmanagement tätig ist und vor dem Umzug 70 bis 80 Stunden pro Woche im Außendienst unterwegs war, reduzierte diese Zeit auf einen Tag in der Woche und erledigt alles andere vom Heimbüro aus. Da bleibt genügend Zeit, Haus und Grund in Schuss zu halten. Wege ausmähen, Brennholz und Bretter produzieren, den Garten pflegen, den beheizten Schwimmteich sauber halten und sich um die Tiere kümmern – die Arbeit geht nie aus. Obwohl: „Es fühlt sich nicht wie Arbeit an. Für uns sind die Tätigkeiten im und rund ums Haus wie ein Hobby, bei dem man richtig abschalten kann“, sagt Helga. Für sie ist das Wohnen auf der Alm der ideale Ausgleich zum fordernden Berufsalltag als Betriebsratsvorsitzende bei KiK.
Supermarkt – nein danke
Der Alltag auf der Alm bringt aber auch Herausforderungen mit sich, vor allem im Winter. Schon ab Mitte November muss man mit Schneefällen rechnen. Ein zum Schneepflug umfunktioniertes Quad wird zum Freimachen der Einfahrt benutzt – im vergangenen sehr schneereichen Winter kam es ganze 27 Mal zum Einsatz! In einem Lada-Allradfahrzeug chauffiert Siegi seine Ehefrau ins Tal, wo sie auf den dort wartenden Dienstwagen umsteigt. Alles in allem überwiegen aber die Vorteile: „Hier oben spürt man noch so richtig den Wechsel der Jahreszeiten und lebt in Einklang mit ihnen“, sagt Siegi. Lebensmitteltechnisch ist man autark: Gemüse und Salat kommen fast zur Gänze aus dem eigenen Garten, Eier von den eigenen Hühnern. Fleisch kaufen die Gratzers bei Bauern in der Umgebung und frisches Gebäck erhalten sie von der Bäckerei Vero im Skigebiet Koralpe. Johannis-, Stachel- und Himbeeren werden zu Marmelade und Saft verarbeitet, frische Pilze aus dem Wald eingekocht oder getrocknet. „Supermarktbesuche können wir uns weitestgehend sparen“, sind sich die Gratzers einig.
Nicht selbstverständlich
Helga und Siegi Gratzer haben sich in ihrer neuen Almheimat gut eingelebt, nehmen ihr Glück aber nicht als Selbstverständlichkeit hin. „Wir legen sehr viel Wert darauf, dass wir die Lebensart, die die Familie Warzilek hier gepflegt hat, weiterleben. Uns verbindet heute noch ein freundschaftliches Verhältnis mit Maria Warzilek.“
Das Haus in seiner heutigen Form ist aus einer alten Almhütte entstanden
Im rund ein Hektar großen Gehege fühlen sich fünf Lamas pudelwohl
Helga und Siegi Gratzer haben auf der Koralpe ihr Wohnglück gefunden
© KRM (4)