Lehre bei Rheinmetall MAN: Eine Fachfrau in der Männerwelt
Anja Kaindl ist auf dem Weg zur Spezialistin in einer Männerwelt. Sie ist Mechatronikerin bei Rheinmetall MAN.
LIESING. Mittlerweile heißt es: "Fragt die Anja, die kann das." Im vierten Lehrjahr beim Lkw-Hersteller Rheinmetall MAN in Liesing ist die junge Frau nämlich schon so etwas wie die Spezialistin, die gerufen wird, wenn die Männer im Werk nicht mehr weiterwissen.
Anja Kaindl ist 18 Jahre alt und schließt bald ihre Lehre zur Mechatronikerin ab. Unter den 37 Lehrlingen, die zurzeit bei Rheinmetall MAN lernen, ist sie die einzige Frau. Doch nicht nur das macht sie besonders. Anja ist so gut, dass sie nun in der "Königsklasse" des Betriebs gelandet ist: in der Diagnose der Fahrzeuge, wo es darum geht, die Elektronik, die Systeme und die Software der Fahrzeuge zu verstehen und immer up to date zu sein. "Anja ist der erste Lehrling bei uns, der während der Lehrzeit in diesem Bereich gelandet ist. Das ist außergewöhnlich", erzählt Peter Sulzer, der bei Rheinmetall MAN für die Lehrlingsausbildung zuständig ist.
Als Expertin um die ganze Welt
Die Elektronik ist ein Bereich, in dem es nur wenige Spezialisten gibt. Diese sind so begehrt, dass es sein kann, dass man sehr bald nach dem Abschluss der Lehre mit dem Laptop unter dem Arm im Flugzeug sitzt, um nach Australien oder Singapur zu fliegen, wenn dort Hilfe gebraucht wird. Anja wird wohl eine dieser wenigen Fachfrauen werden. Damit hat sie einige ihrer männlichen Kollegen ganz schön ins Staunen gebracht – und von manchen Kollegen kam Gegenwind. "Ich habe gelernt, zu sagen: Ich bin da und ich bin Mechatronikerin – und nicht Verkäuferin oder so", erklärt sie. Jetzt ist sie eine der besten Mechatroniker Österreichs. Zuletzt hat Anja beim nationalen Lehrlingswettbewerb der Mechatroniker den dritten Platz belegt. "Manche Kollegen mussten erst akzeptieren, dass da eine Frau kommt, die das jetzt macht", erzählt Sulzer.
Mädchen in die Technik
Peter Sulzer wünscht sich mehr Frauen und Mädchen, die sich für den Bereich interessieren. Dazu müsse den Mädchen aber bereits in der Schule gezeigt werden, welche Möglichkeiten es gibt und was tatsächlich hinter dem Beruf steckt. "Was eine Frisörin macht, das wissen die Mädchen. Aber was bei uns geschieht, davon haben die meisten keine Ahnung", so Sulzer. Dabei sei die Bandbreite der Karrieremöglicheiten groß und der Verdienst weitaus besser als in so manch anderem klassischen Lehrberuf. So verdient Anja das Doppelte bis Dreifache von Lehrlingen im gleichen Lehrjahr in typisch weiblichen Bereichen.
"Eine Tussi darf man aber nicht sein", sagt Anja und schmunzelt. "Man wird dabei eben auch dreckig. Das darf einen nicht stören." Denn eine Sonderbehandlung bekomme man auch dann nicht, wenn man unter hunderten Männern als einzige Frau auf dem Weg zur international gefragten Spezialistin ist.
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