"Zukunft Stadtbaum"
Streusalz schadet den Bäumen im 23. Bezirk
Salz ist ein Wundermittel gegen glatte Straßen im Winter. Doch zu viel des Guten schadet den Bäumen.
WIEN/LIESING. Es kommt nicht mehr so oft vor, dass es in Wien schneit. Doch wenn dies der Fall ist, spielen sich seltsame Szenen ab: Verblüffte Blicke in den Himmel, Schneebesen werden hektisch im Kofferraum gesucht und bei manchen hat es sich noch immer nicht herumgesprochen, dass knöchelhohe modische Sneaker ohne Profil bei winterlichem Wetter nicht den besten Halt geben.
Damit Liesinger Gehsteige nicht zur unfreiwilligen "Holiday on Ice"-Bühne werden und Autos sicher durch das Schneegestöber kommen, braucht es rutschsichere Straßen. Angesichts der Mengen an Salz, die deshalb gestreut werden, läuten aber bei der Initiative "Zukunft Stadtbaum" alle Alarmglocken: Bäume und Grünflächen seien durch den überschwänglichen Einsatz bedroht.
Ein zahnloses Gesetz?
Es gibt zwar in Wien ein eigenes Gesetz für das Ausstreuen von Salz: Im Umkreis von zehn Metern neben Grünflächen ist dies behördlich verboten, außer eine bauliche Trennung – etwa eine Mauer – verhindert den Kontakt zwischen Streumittel und Grünraum. Allerdings schütze das nicht wirklich, so die Initiative. Bei der MA 48 versichert man zwar auf Nachfrage der BezirksZeitung, dass man sich an diese Auflage halte. Außerdem sei man "sehr stark dahinter, den Streumittelverbrauch so gering wie möglich zu halten. Mittels neuester Streutechnologie und regelmäßiger Schulungen wird so wenig Streumittel wie möglich eingesetzt, um die Verkehrssicherheit zu erhalten." Aber vor allem private Winterdienste – die MA 48 ist etwa nicht für Gehsteige und Hauseinfahrten zuständig – würden geltende Gesetze ignorieren, so die Initiative.
Baumscheiben gegen Salz
"Dort, wo sie nicht bereits mit baulichen Maßnahmen geschützt sind, statten wir in ganz Liesing immer mehr Bäume mit Baumscheiben aus, um ihre Erhaltung auch in Zukunft sicherzustellen", sagt Wolfgang Ermischer (SPÖ) aus der Bezirksvorstehung. Demnächst etwa im Rahmen der bevorstehenden Straßensanierung in der Canavesegasse: "Dort werden zwischen Endresstraße und Knotzenbachgasse die aktuell noch ungeschützten Bäume mit Baumscheiben ausgestattet", so Ermischer.
"Zukunft Stadtbaum" fordert jetzt per Petition ein komplettes Ende des Salzstreuens, die Wiener Grünen wollen zumindest strengere Streuverbote mitsamt stärkerer Kontrollen. Alternativen gibt es ja, etwa den guten alten Schotter- oder Sandstreukübel. Die Stadt ist auch bemüht, bauliche Trennungen, etwa bei neuen Bäumen oder Verkehrsinseln, zu schaffen. Doch diese – zugegeben kostspielige – Lösung ist nicht überall möglich: Liesing ist ja ein Bezirk mit hohem Grünflächenanteil, nicht nur in Wienerwaldnähe sind viele Straßen mit Bäumen gesäumt. Wer hier streut, riskiert, dass das "weiße Gold" in die Erde zu den Wurzeln sickert und den Bäumen auch im Sommer das Wasser entzieht – schlimmstenfalls sterben sie ab.
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