Ausbildung statt Abschiebung: Liesing will Asylwerber schützen
Ein Resolutionsantrag soll Asylwerber davor schützen, während der Lehre abgeschoben zu werden.
LIESING. Fachkräftemangel oder Abschiebung? Zwischen dem Ringen der Unternehmer um qualifizierte Mitarbeiter und der unsicheren Lage von Asylwerbern, die sich in Ausbildung befinden, gibt es ein Spannungsfeld, das nun auch in Liesing angekommen ist. Seit 2015 ist nämlich der Lehrstellenmarkt in Mangelberufen für Asylwerber geöffnet.
Zurzeit machen in Österreich 713 Asylwerber eine Lehre in einem dieser Mangelberufe. In Wien ist die Liste der Mangelberufe besonders lang: Unter anderem werden Köche, Friseure, Einzelhandelskaufleute, Techniker und Restaurantfachleute gesucht. Ein Hindernis für Asylwerber und Unternehmen ist jedoch, dass die Lehrlinge bei einem negativen Asylbescheid trotzdem abgeschoben werden. Sie dürfen die Lehre also nicht abschließen – auch nicht, wenn sie gut darin sind oder wenn das vom Chef gewünscht wird. Der oberösterreichische Landesrat Rudi Anschober hat daher die Initiative "Ausbildung statt Abschiebung" gegründet. Unzählige Unternehmen und Gemeinden in Österreich haben sich ihr angeschlossen. Nun will Liesing nach Währing als zweiter Bezirk dabei sein.
Antrag wurde angenommen
In der vergangenen Bezirksvertretungssitzung haben die Liesinger Grünen also einen Resolutionsantrag im Sinne von "Ausbildung statt Abschiebung" eingebracht. Die Resolution wurde mit den Stimmen von SPÖ, Grünen und "Pro23" angenommen. "Leider ist von den anderen Parteien, der ÖVP und der FPÖ, niemand mitgegangen", so Cordula Höbart von den Grünen. "Wir brauchen einfach mehr Miteinander statt Hetze. So kann das Gasthaus auch weiterhin ein Schnitzel anbieten, wenn es jemanden dafür in der Küche und im Service hat", erklärt Höbart.
Stimmen aus dem Bezirk
"Junge Asylwerber dürfen derzeit eine Lehre in Mangelberufen beginnen. Rund einem Drittel droht nun die Abschiebung. Das ist nicht nur menschlich sehr fragwürdig, sondern stellt auch die Betriebe vor Probleme", erklärt auch Bezirkschef Gerald Bischof. Die Bezirks-ÖVP sieht das anders: Der Antrag sei ein Hinweis auf "mangelnde Ernsthaftigkeit der Antragsteller", erklärt Thomas Mück (ÖVP). "Die Bürger von Liesing wissen ganz genau, dass solche Themen in der Bezirksvertretung völlig fehl am Platz sind." Und weiter: "Da der Status ‚In Ausbildung' weit gefasst ist, wären damit alle abzuschiebenden Personen innerhalb kürzester Zeit in Ausbildung und damit weiter in Österreich." Ähnlich sieht man das in der FPÖ Liesing. "Eine begonnene Lehre kann keinen fehlenden Grund für Asyl wie etwa Verfolgung ersetzen. Mit einer solchen Vorgangsweise würden rechtskräftig negative Asylbescheide und damit rechtsstaatliche Entscheidungen außer Kraft gesetzt. Diese Form des Bleiberechts durch die Hintertür lehnen wir ab. Deutschland hat viele Fehler in der Asylpolitik gemacht, wir sollten diese Fehler nicht wiederholen" so Roman Schmid (FPÖ).
Eine Lösung für dieses Dilemma sehen die Liesinger Grünen nämlich in der deutschen "3+2-Regelung". Flüchtlinge können in Deutschland, geschützt vor einer Abschiebung, eine dreijährige Ausbildung absolvieren und danach zwei Jahre lang den erlernten Beruf ausüben. Dass das in Österreich umgesetzt wird, ist nicht zu erwarten. In der Fremdenrechtsnovelle 2018 ist nichts von einem Niederlassungstitel für Asylwerber in Ausbildung zu lesen.
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