Leondinger berichtet aus Peking
Corona: „Es gibt eine Sehnsucht“
Corona-Virus: Der gebürtige Leondinger Emanuel Lehner-Telič berichtet aus dem Reich der Mitte. Wie schaut der aktuell der Alltag in Peking aus?
Lehner-Telič: Der Alltag in Peking normalisiert sich zusehends, wenngleich das tägliche Leben im Vergleich zu früher weiter eingeschränkt bleibt. Generell herrscht außerhalb der Wohnung Maskenpflicht, die von allen sehr ernst genommen wird. Sehr viele Geschäfte und Restaurants haben bereits wieder geöffnet. Allerdings wird vor dem Betreten überall die Körpertemperatur gemessen. In den Restaurants gibt es nur eine begrenzte Anzahl an Sitzplätzen und es dürfen meistens nur 2-3 Personen an einem Tisch sitzen. Der Verkehr nimmt zwar stetig zu, allerdings ist er abseits der Stoßzeiten bei weitem nicht auf dem früheren Niveau. Man hat das Gefühl, dass sich viele Menschen noch nicht wieder auf die Straße oder ins Freie trauen. Die Straßen und Shoppingcenter sind relativ leer. Jetzt, wo das Wetter sehr schön ist und die Temperaturen steigen, ist es, abgesehen von diesen Einschränkungen, aber sehr angenehm.
Hat man Angst vor einer zweiten Infektionswelle?
Man hat sicher eine gewisse Angst, dass sich das Virus wieder stärker verbreiten könnte. Im Moment ist es überhaupt sehr schwer, nach Peking zu kommen. Der Zutritt zur Stadt ist stark reglementiert. Jeder, der nach Peking möchte, muss sich im Moment einer zweiwöchigen Quarantäne (zumeist in einem bestimmten Hotel) unterziehen. Erst dann erhält man auf der Gesundheitsapp den „grünen Code“ und kann sich frei bewegen. Ohne Gesundheitsapp geht es im Moment fast nicht mehr, da gewisse Plätze und Gebäude nur mit dem „grünen Code“ betreten werden dürfen.
Wie verläuft die langsame Rückkehr zur Normalität?
Der Verkehr nimmt jede Woche ein wenig zu, jeden Montag sperren wieder ein paar Geschäfte und Restaurants auf. Das sind die sichtbarsten Zeichen einer Normalisierung. Seit kurzem kann man auch die U-Bahn wieder einigermaßen problemlos benützen. Die strengen Maßnahmen bleiben sicherlich noch bis zum Ende des Volkskongresses bestehen, der in ein paar Wochen in Peking stattfinden soll.
Wie groß ist die Angst vor der Rückkehr der Wanderarbeiter?
Nachdem alle Menschen, die im Moment nach Peking wollen, Gesundheitschecks inkl. Corona-Test und einer zweiwöchigen Quarantäne unterzogen werden, gibt es diesbzgl. keinen Unterschied zwischen einem Manager und den Wanderarbeitern. Die Sicherung der Hauptstadt Peking ist eines der obersten Ziele des Krisenplans. Insofern werden alle Ankömmlinge im Moment einer sehr kritischen Prüfung und Untersuchung unterzogen.
Wie wird der Umgang der chinesischen Führung mit dem Corona-Virus beurteilt?
Die Chinesen sind ihrer Führung und dem Staat gegenüber sehr loyal. Während der Krise waren sie sehr diszipliniert. Jetzt aber sehnen sich alle merklich einer Lockerung bzw. Leben wie vor dem Corona-Virus. Kritik gibt es – wenn überhaupt – nur sehr versteckt in den sozialen Medien.
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