Linza G'schichten

Die süße Seite Syriens

LINZ. Emad Raid kam als Flüchtling aus Syrien nach Linz und hat den ersten orientalischen Süßwarenladen Oberösterreichs eröffnet.

Auf den ersten Blick könnte man die orientalischen Köstlichkeiten im Süßwarenladen Jasmin für türkisch halten, doch der Eindruck täuscht. Das meiste kommt aus Syrien und das schmeckt man: Syrische Süßwaren sind deutlich weniger süß. Auch bei den Zutaten gibt es feine, aber entscheidende Unterschiede, wie Ladenbesitzer Emad Raid erklärt. Die Pistazien etwa stammen aus Aleppo und sind natürlich "die besten der Welt". Raid hat in der Hamerlingstraße den ersten orientalischen Süßwarenladen Oberösterreichs eröffnet und bietet Süßes von Kunafah bis Baklava, eine Vielzahl an Nussarten, arabischen Kaffee und im Sommer sogar Speiseeis an. Auch viele Österreicher können der Versuchung nicht widerstehen. 

Bürgerkrieg in Baniyas

Noch vor zehn Jahren wäre er nie auf die Idee gekommen, dass ihn das Schicksal einmal nach Linz verschlagen würde. Raid und seine Frau Sarab Alschgri lebten da noch in Baniyas, einer Hafenstadt in Syrien, drei Autostunden von Damaskus entfernt. "Wir haben gut gelebt, eine Wohnung und keine finanziellen Probleme gehabt", erinnern sich die beiden. Raid führte ein Computergeschäft, seine Frau war Mathematiklehrerin und arbeitete auch in der Bekleidungsfabrik ihrer Eltern. Es ging ihnen und ihren drei Kindern gut, bis der Bürgerkrieg ihr Leben völlig auf den Kopf stellte. Wie viele andere gingen auch Raid und seine Familie anfangs für mehr Freiheiten auf die Straße. Die Lage verschlimmerte sich aber rasch: Die Versorgung brach immer wieder zusammen, Autobomben explodierten am Schulweg der Kinder und Nachbarn verschwanden in den Kerkern der Geheimpolizei. Baniyas war plötzlich kein geeigneter Ort mehr, um Kinder großzuziehen.

Mit der Familie auf der Flucht

Das Massaker von 2013 und andere Gräueltaten musste die Familie nicht mehr erleben, denn sie kehrte dem Bürgerkrieg bereits 2012 den Rücken – für zwei, höchstens drei Jahre, dachten sie damals. Ihr Weg führte sie zuerst in die Türkei, dann mit dem Boot nach Griechenland, wo sie ganze neun Monate auf sich alleine gestellt waren. Es gab keine Arbeit, keine Ausbildung, keine Perspektive. Ähnlich trostlos war es in Italien, weshalb sie weiter nach Österreich reisten und schließlich in Linz landeten. 

Ein neues Zuhause in Linz

"Ich mag Linz sehr", sagt Raid, der überzeugt war, schnell Arbeit zu finden. "Wir haben in Syrien immer gearbeitet, das wollen wir hier auch", sagt er. Doch auch mit positivem Asylbescheid war es nicht einfach. Sie halfen deshalb ehrenamtlich mit, wo sie nur konnten: im Altersheim und in der evangelischen Kirche. Eine pensionierte Lehrerin unterstützte sie beim Deutschlernen. Und endlich gab es die ersten richtigen Jobs für Raid, in einem Restaurant, dann im Altersheim, zuletzt als Hausmeister in einer Schule. Seine Frau ist mittlerweile Kindergartenhelferin und auch in ihrer Freizeit aktiv. Sie gründete einen Verein nur für Frauen, wo sie kostenlos Nachhilfe gibt. Chronische Rückenschmerzen zwangen Raid später, sich nach alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten umzusehen und so eröffnete er 2018 seinen Süßwarenladen. Benannt ist dieser nach der Jasmin-Blume, die man in jedem syrischen Haus findet – ein Stück Heimat, denn natürlich haben sie manchmal Heimweh. Doch für eine Rückkehr ist es zu spät, sagen sie. Die Kinder sind in Linz zu Hause, gehen in höhere Schulen und fühlen sich hier wohl. Der größte Wunsch der Familie: Ein Besuch ihrer Eltern in ihrem neuen Leben in Linz, denn die sind auf eigenen Wunsch in Syrien zurückgeblieben.

Jasmin Süßwaren, Hamerlingstraße 28, 4020 Linz