"Auseinandersetzung mit dem eigenen Geld"

Thorsten Rathner ist fachlicher Leiter des Bereichs Überschuldungsprävention bei der Schuldnerhilfe OÖ. | Foto: Schuldnerhilfe OÖ
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Wer eine Lehre beginnt, hat plötzlich viel mehr Geld zur Verfügung als zuvor – und gleichzeitig kaum Ausgaben und finanzielle Verpflichtungen. "Das kann zu einem problematischen Ausgabeverhalten verleiten", weiß Thorsten Rathner, fachlicher Leiter Überschuldungsprävention bei der Schuldnerhilfe OÖ. Als mündige Minderjährige zwischen 14 und 18 Jahren dürfen Jugendliche in eingeschränktem Maße selbstständig Verträge abschließen. Sie können über ihr selbstverdientes Geld frei verfügen, solange ihr Lebensunterhalt nicht gefährdet ist. "Besonders wichtig ist, schon jetzt ein reflektiertes und angemessenes Geldverhalten zu entwickeln", sagt Rathner.

Kleine Schritte

Das meiste Geld geben Jugendliche für das Fortgehen, das Auto und beim Shoppen aus, weiß man bei der Schuldnerhilfe OÖ aus der langjährigen Beratungspraxis. Der Weg in die Verschuldung läuft dabei meist in kleinen Schritten ab. Meist beginnt es mit dem Geldleihen bei Freunden und beim Überziehen des Kontos. "Sobald einmal ein Minus angehäuft ist, das sich nicht mehr auf die Schnelle abbauen lässt, kann es schwierig werden. Man muss nicht nur die offenen Schulden zurückzahlen, sondern hat dadurch auch weniger Geld pro Monat zur Verfügung", so Rathner. Besonders problematisch sind laut dem Experten die Verlockungen des Konsums und "die Versprechungen, dass man sich durch Ratenzahlungen, Konsumkredite, Kreditkarten und Kontoüberziehungen auch Dinge kaufen kann, die eigentlich nicht leistbar sind".

Schuldenberg abtragen

Wer aus den Schulden wieder herauskommen möchte, den erwartet meist eine lange Phase des Zurückzahlens. "Das Abzahlen von offenen Rechnungen und anderen Schulden kann Jahre dauern", so Rathner. Je höher der Schuldenstand in Relation zum Einkommen ist, desto länger dauert es, ihn wieder abzutragen. Durch die Zinsbelastung wächst er außerdem über die Zeit oft stark an und verlangsamt den Abbau entsprechend. Besonders schwierig ist die Situation deshalb, weil man als junger Mensch eigentlich damit beschäftigt ist, sich eine Zukunft und Existenz aufzubauen, eine Familie zu gründen. Und auch wenn die Schulden schlussendlich getilgt sind, bleibt laut Rathner noch ein Makel: schlechtere Bonität, schlechtere Konditionen oder überhaupt Schwierigkeiten, Verträge abzuschließen oder Kredite zu bekommen. "Nicht zuletzt ist es auch eine enorme psychische und gesundheitliche Belastung, wenn sich das Leben nur noch darum dreht, wie man offene Rechnungen bezahlen kann. Lohnpfändungen wiederum können sich auch auf die Arbeitssituation auswirken", warnt der Experte.

Warnzeichen

Um von außen Probleme zu erkennen, muss man meist genau hinschauen. Rathner kennt jedoch einige Warnzeichen, bei denen bei Eltern oder Ausbildern die Alarmglocken schrillen sollten: "Wenn jemand große Scheu davor hat, sich mit seiner finanziellen Situation überhaupt zu beschäftigen, wenn Zahlungen ständig nach hinten geschoben werden, wenn gar kein Geld zur Seite gelegt werden kann oder das Konto immer weiter ins Minus rutscht, dann sind das recht eindeutige Zeichen." Wünschenswert wäre, wenn "in der Familie offen über das Thema Geld gesprochen werden kann."

Tipps für die Finanzen

Der Experte hat auch Praxistipps für Lehrlinge parat: "Ganz wichtig ist die Auseinandersetzung mit dem eigenen Geld. Wenn ich weiß, was ich mir leisten kann und was nicht, kann ich Entscheidungen treffen, die zu meiner finanziellen Situation passen. Das heißt: regelmäßige Kontrolle des Kontostandes und meiner Ausgaben. Wichtig ist auch, selbstbewusst und eigenständig Kaufentscheidungen zu treffen – auf sich selber hören und nicht auf Werbebotschaften oder jedem Trend nachlaufen. Verlockende Angebote hinterfragen und sich immer wieder die Frage zu stellen ,Brauche ich das wirklich?’ kann dabei helfen, unnötige Ausgaben zu vermeiden. Und bei größeren Ausgaben ist es immer angebracht, sich Zeit zu nehmen und die eine oder andere Nacht darüber zu schlafen."

Workshops für Lehrlinge

Die Schuldnerhilfe OÖ bietet auch eigene Angebote für Lehrlinge an. Das „Seminar Lehrgeld“ etwa findet direkt in den Betrieben statt, dauert einen halben oder ganzen Tag und behandelt ganz unterschiedliche Themenbereiche rund um die persönlichen Finanzen. Inhaltlich umfasst das Seminar Themen wie „Was ist guter Umgang mit Geld?“, „Wünsche und Ziele“, „Schuldenfallen für Jugendliche“, „Geldüberblick und Lebenskosten“ oder „Schuldenspirale und Lösungen“. "Dabei geht es nicht um reine Wissensvermittlung, sondern vor allem um Reflexion des eigenen Geldverhaltens und Schärfung des Risikobewusstseins. Im Mittelpunkt steht eine bewusste Beschäftigung mit den eigenen Geldangelegenheiten. Das passiert auf methodisch vielfältige Weise, altersgerecht aufbereitet und ohne erhobenen Zeigefinger", sagt Rathner. Die Schuldnerhilfe OÖ bietet auch verschiedene Präventionsangebote an: Zweistündige Workshops oder das umfangreiche Angebot des OÖ Finanzführerscheins werden an zahlreichen Berufsschulen in Oberösterreich durchgeführt.

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