Diskussion: Was passiert nach dem digitalen Urknall?

Am Podium diskutierten Harald Gutschi, Heinrich Schaller und Florian Gschwandtner (von links). | Foto: RLB OÖ/Strobl
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Die Digitalisierung fordert Unternehmen und treibt sie gleichzeitig an. Dies werde sich weiter massiv und vor allem rasant verstärken. Darüber herrschte zwischen runtastic-Gründer Florian Gschwandtner, UNITO-Geschäftsführer Harald Gutschi und Raiffeisenlandesbank OÖ-Generaldirektor Heinrich Schaller in der Diskussionsrunde bei den „Marktimpulsen“ von Raiffeisen OÖ im Linzer Design Center Übereinstimmung.

Erfahrungsgefängnisse und der Fluch des Erfolgs

Die Otto-Gruppe war weltweit die einzige Versandhandelsgruppe, die den Wandel vom Katalogversender ins Internetzeitalter geschafft hat. Alle anderen hätten es nicht geschafft, weil sie sich nach 30 erfolgreichen Jahren in „Erfahrungsgefängnissen“ befunden hätten, sagte Gutschi. „Es war der Fluch des Erfolges, dass weltweit nur eine Gruppe überlebt hat.“
Wenn nur ein Trend versäumt werde, sei ein Unternehmen schwer krank. Werde ein zweiter verpasst, sei das der Tod für ein Unternehmen. „Alles, was ich vorhergesagt habe, war falsch. Es ist nämlich viel schneller gekommen, als ich denken konnte. Insofern überholen uns unsere Kunden ständig. Sie sind die Treiber unseres Geschäftes“, so Gutschi. Es sei ein Kämpfen ohne Ende – gegen große amerikanische Konzerne, gegen Start-ups und gegen eine enorm schnelle Technologie, der man kaum nachkomme. „Wir sind erst eine Sekunde nach dem digitalen Urknall. Die Formel lautet daher, Geschäftsmodelle neu zu erfinden oder zu verschwinden.“ Viele traditionelle Versandhäuser gebe es nicht mehr, weil die Digitalisierung als Megatrend nicht erkannt wurde.

Kontrollierten Kontrollverlust schaffen

Es geht laut Gutschi in der heutigen Wirtschaftswelt weiters darum, den kontrollierten Kontrollverlust zu schaffen. Ein Unternehmen könne nur dann schnell sein, wenn die Basis flexibel entscheiden kann und Themen voranbringt. „Es ist wichtig, neue Dinge auszuprobieren, sie zu testen und nicht zu Tode zu diskutieren. Das können wir in unserer Branche. Und wenn du scheiterst, scheitere so schnell wie möglich. Das Scheitern muss aber zur Normalität werden. Weil wir irren uns empor. ‚Fail fast‘ ist daher ganz wichtig.“

Gelebte Innovation als Gewohnheitsbrecher

Auch für runtastic-CEO Florian Gschwandtner gehört innovatives Denken als „Gewohnheitsbrecher“ zur Firmen- und Erfolgsgeschichte: „In Österreich haben wir oft mit der Einstellung zu kämpfen, dass viele Leute bei neuen Geschäftsideen sofort wissen, warum etwas nicht geht. Wir haben bei runtastic etwas gemacht, woran fast niemand geglaubt hat. Wir haben uns beim Aufbau von runtastic viel von den USA abgeschaut, wo in dieser Hinsicht eine konträre Kultur gelebt wird.“ Im schnellen digitalen Zeitalter sei es besonders wichtig, alte Denkmuster aufzubrechen und das im Unternehmen auch vorzuleben und einzufordern. „Wir haben einmal im Monat den ‚Day of new Ideas‘, wo unsere Mitarbeiter an allem arbeiten dürfen, nur nicht am klassischen Tagesgeschäft. Da werden die verrücktesten Sachen probiert.“

Der sprechende Laufschuh

Wie schnell innovative Entwicklungen auch etablierte Weltmarken zu Fall bringen, zeigte Florian Gschwandtner anhand von Nokia auf: „Innovationen werden von den Menschen einfach übernommen. So hat die Entwicklung des Smartphones dazu beigetragen, dass Nokia vom Markt praktisch verschwunden ist.“ Wichtig sei daher, immer zwei oder drei Schritte vorauszudenken und auch dem – zumindest aus heutiger Sicht – Unmöglichen eine Chance zu geben. „Wenn ich sage, dass ich in drei Jahren einen Laufschuh mit meinem Smartphone verbinde, er mit mir spricht, wenn ich ihn auspacke, hört sich das heute fast krank an. Aber es geht einfach darum, über das Unmögliche nachzudenken, ein bisschen crazy zu sein und nicht immer sofort eine Bremse zu lokalisieren. Man muss sich selbst ständig neu erfinden, sonst kommt im Laufe der Zeit jemand anderer, der ein etabliertes Geschäftsmodell zerstört.“

Kundenorientierung und Kundenbindung bleiben aber weiterhin wichtige Themen. Gschwandtner: „Wir haben weltweit 150.000 Downloads pro Tag. Der Kundensupport ist hier natürlich enorm wichtig. Die Kunden erwarten, dass unsere Dienstleistung funktioniert. Falls nicht, erwarten sie im Sinne eines traditionellen Kundenservice Unterstützung vom Anbieter.“

Tradition und Innovation kein Widerspruch

„Bei Raiffeisen Oberösterreich sind Tradition und Innovation kein Widerspruch“, verwies RLB OÖ-Generaldirektor Heinrich Schaller auf die traditionell feste Verankerung von Raiffeisen OÖ vor Ort und die hohe Kundenorientierung. Es sei darüber hinaus eine Riesenchance, auf Basis einer inneren Stärke und unter Berücksichtigung der Grundwerte Innovationen voranzutreiben und diese den Kunden zur Verfügung zu stellen. „Um am Markt erfolgreich zu bleiben, müssen diese Werte jedoch auch weiterentwickelt werden. Dazu müssen wir den Menschen auch künftig Dienstleistungen und Produkte zur Verfügung stellen, die sie brauchen. Raiffeisen OÖ ist das bisher immer sehr gut gelungen.“ Raiffeisen OÖ gilt als Vorreiter bei der Entwicklung von neuen Informationstechnologien „und wir sind noch lange nicht am Ende der Fahnenstange angelangt“. Entscheidend sei aber, auch weiterhin Kontakt zum Kunden zu haben. Dazu brauche es eine Kombination aus persönlicher Betreuung und digitalen Angeboten.

Regulierung bremst Innovationen

Geschäftsmodelle können in erster Linie auch über die digitale Schiene weiterentwickelt werden. Die starke Regulierung der Branche fördere Innovationen aber nicht gerade, meinte Schaller. „Regulierung ist nicht nur schädlich, was das Geschäft an sich betrifft, sie ist auch im Hinblick auf Innovationen schädlich.“

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