Damals und heute
Es war einmal eine Kirche auf der Wiedner Hauptstraße
Die Kirche Sankt Florian feiert 60-Jähriges. Ihre Vorgängerin befand sich mitten auf der Wiedner Hauptstraße und musste 1965 dem Verkehr weichen.
WIEN/MARGARETEN. Auf der Wiedner Hauptstraße 97, gleich an der Ecke zur Laurenzgasse, befindet sich die katholische Kirche Sankt Florian. Das modern gestaltete Gotteshaus wurde im Jahr 1963 fertiggestellt und im Oktober desselben Jahres geweiht. Gerade feiert die Pfarre Sankt Florian das 60-jährige Jubiläum der Kirche.
Nicht einmal hundert Meter entfernt befand sich einst ihre Vorgängerin. Mitten auf der Wiedner Hauptstraße stand die Florianikirche, in etwa auf der Höhe des Klieberparks. Die barocke Kirche wurde im Jahr 1725 an der Stelle fertiggestellt, an der sich zuvor ein Friedhof und eine Marien-Kapelle befanden.
Ein Bevölkerungsliebling
Kaum war das Gotteshaus errichtet, wollte Kaiser Joseph II. sie im Jahre 1784 auch schon wieder abbauen. Schon damals hatte die Bevölkerung die Kirche aber ins Herz geschlossen – man ging auf die Barrikaden. Die Proteste gegen den Abbruch waren erfolgreich und die Florianikirche sollte noch weitere 179 Jahre bestehen. In dieser Zeit bekam sie weitere Namen, so war sie zuletzt als "Alte Matzleinsdorfer Kirche" bekannt.
Auch "Rauchfangkehrerkirche" nannte man den barocken Bau liebevoll. Hier fanden nämlich die Floriani-Feiern und -Umzüge der Rauchfangkehrer statt.
Der Anfang vom Ende für die Florianikirche kam mit dem größer werdenden Aufkommen von Autos in der Stadt. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Verkehr immer dichter und die Straßen waren stark befahren. Schon 1935 wurde der in die Straße ragende Pfarrhof deshalb abgetragen.
Ein Stein kam ins Rollen
In den 60er-Jahren war es dann so weit: Nach heftigem Hin und Her begann man 1965 mit der Abtragung der Florianikirche. Der Aufschrei in der Bevölkerung war rekordverdächtig. In einer Petition unterschrieben über 13.000 Menschen für den Erhalt der Kirche. Das löste eine Protestwelle historischen Ausmaßes aus.
Obwohl die Proteste vergeblich waren und die Florianikirche heute nicht mehr steht, kam damals etwas ins Rollen. Ein Bedürfnis in der Gesellschaft zur Erhaltung des Stadtbilds wurde deutlich. Viele sprachen sich vermehrt gegen die rein auf den Verkehr ausgerichtete, funktionale Umgestaltung der Stadt aus. 1972, nach Protesten gegen die Schleifung der Biedermeierhäuser am Spittelberg, wurde schließlich der Altstadterhaltungsfonds ins Leben gerufen und die ersten Schutzzonen wurden eingerichtet.
Das alles erlebte die Rauchfangkehrerkirche nicht mehr. An ihrer Stelle fahren heute oberirdisch Autos und unterirdisch die Bim. Der Platz, den die Kirche in der Geschichte der Stadt eingenommen hat, bleibt jedoch für sie reserviert.
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