Gemeinde Texingtal
Ein Museumsprojekt für das Dollfuß-Geburtshaus

Foto: MERKwürdig
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Raum schaffen: Neukonzeption des „Dr.-Engelbert-Dollfuß-Museums“ durch den Verein MERKwürdig setzt auf Dialog und Geschichtsvermittlung.

TEXINGTAL. Die aktuelle Ausstellung im Geburtshaus des ehemaligen Bundeskanzlers Engelbert Dollfuß wurde 1998 mit finanziellen Mitteln der Gemeinde Texingtal, der Kulturabteilung des Landes Niederösterreich, des NÖ Bauernbundes und des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst fertiggestellt. Unklar ist, wie stark die Ausstellung nach der ersten Konzeption verändert wurde. Vollkommen klar ist aber, dass die Ausstellung heute das Bild einer unkritischen Auseinandersetzung mit der Biografie und dem Wirken des österreichischen Diktators bietet. Dazu kommt ein baulich schlechter Zustand des Gebäudes, in dem ein barrierefreier Zugang nicht herzustellen ist. Die Gemeinde Texingtal schloss das Museum Anfang 2022 für den allgemeinen Besucherverkehr.

„Unter dem Titel ‚Demokratieforum Alpenvorland‘ startete die Politikwerkstatt des Vereins Museum Arbeitswelt in Steyr bereits im Winter 2022/2023 einen partizipativen Prozess. Im Zuge zahlreicher Veranstaltungen mit Schülerinnen und Schülern, Gemeinderätinnen und Gemeinderäten sowie einer interessierten Öffentlichkeit wurde erstmals trotz unterschiedlicher Standpunkte respektvoll und sachlich diskutiert. Und es besuchten wissenschaftlich begleitet so viele Menschen wie noch nie zuvor das Geburtshaus von Engelbert Dollfuß",

so der Kurator Christian Rabl.

Der Dialog hat begonnen

Mit einer Neukonzeption des ehemaligen „Dr. Engelbert Dollfuß-Museums“ beauftragte die Gemeinde Texingtal den Verein MERKwürdig – Zeithistorisches Zentrum Melk. Für dieses Projekt formierte sich ein Kuratorenteam bestehend aus Remigio Gazzari, Christian Rabl und Johanna Zechner. Vereinsobmann Alexander Hauer übernahm die Projektkoordination. Ein hochkarätiger, international besetzter, siebenköpfiger wissenschaftlicher Beirat war eine wesentliche Säule in dieser ersten Phase.

„Als Gemeinde Texingtal stellen wir uns unserer geschichtlichen Verantwortung. Für uns ist ein mehrjähriges Arbeiten in der Region entscheidend und dass die Geschichte vielschichtig beleuchtet wird. Von Anfang an war das Verhältnis zum Verein MERKwürdig von einem großen Vertrauen getragen. So bin ich optimistisch und überzeugt, dass uns hier gemeinsam die Umsetzung eines guten Konzepts gelingen wird",

so Günther Pfeiffer, Bürgermeister Texingtal.

Zwischen Tabuisierung, Konfrontation und Kompromiss

Unter dem Titel „Demokratieforum Alpenvorland“ startete das Vermittlungsteam des Museum Arbeitswelt Steyr im Winter 2022/2023 einen partizipativen Prozess. In diesem Rahmen fanden zahlreiche Veranstaltungen in Form von Workshops mit Schülern, Gemeinderäten und interessierter Öffentlichkeit statt. Fixer Bestandteil dieser Vermittlungsprogramme waren begleitete Besuche im Museum in seinem aktuellen Zustand. Im März und April fanden zwei weitere öffentliche Besuchstage für die wissenschaftliche Community statt. Im Zuge dieser Veranstaltungen besuchten in einem halben Jahr rund doppelt so viele Menschen das Museum als in einem durchschnittlichen Museumsjahr vor 2019. Der größte Erfolg dieser Projektphase war, dass trotz unterschiedlicher Positionen respektvoll und sachlich diskutiert wurde.
Der aktuelle Pachtvertrag für das Museum mit der Familie Dollfuß läuft bis Ende 2028 und für diese Zeit ist das Projekt angelegt. Phase 1 sieht eine Umgestaltung des Eingangsbereichs vor. Dort wird zukünftig das Projekt vorgestellt. Darüber hinaus wird eine Website entlang der Aktivitäten im Museum nach und nach mit Inhalten gefüllt, die dann als öffentlich einsehbare Dokumentation erhalten bleiben.

Platz für geschichtliche Auseinandersetzung

Hauptphase der Neukonzeption ist die Phase 2, eine schrittweise Auflösung des ehemaligen Dollfuß-Museums bis Ende 2028. Es handelt sich dabei um ein innovatives Konzept, nämlich um ein umgekehrtes Ausstellungsprojekt, in dem Objekte nicht in das Museum kommen, sondern das Museum in einem gemeinsamen Prozess aller Beteiligten verlassen.

Alles durchleuchten

Die Ausstellungsobjekte werden von verschiedenen Akteuren entnommen und analysiert. Das „aus der Vitrine nehmen“ ist dabei besonders wichtig: Warum war dieses Objekt hier ausgestellt? Welche Geschichte sollte es erzählen? Was bedeutet es im Zusammenhang mit den anderen Inhalten der Ausstellung? Woher stammt es? Sind diese Fragen gestellt und beantwortet, erfolgt die Entscheidung, wohin das Objekt übersiedeln wird. Es soll an Museen oder Archive übergeben bzw. Leihgeber retourniert werden. Am Ende dieses Prozesses steht das Geburtshaus von Engelbert Dollfuß leer. Das Haus selbst ist somit das letzte verbleibende und bleibende Objekt des ehemaligen Museums.

Mut zur Lücke

Während der Projektlaufzeit können entstehende „Lücken“ mit kleineren temporären Ausstellungen, künstlerischen Interventionen und temporären Installationen zum Teil gefüllt werden, passend zu den jährlichen Schwerpunktthemen, wie z.B. „Führerkult“ oder „Wandel des bäuerlichen Lebens“. Auch die entnommenen Stücke gehen nicht verloren, sondern können an jenen Standorten, zu denen sie wandern, eine Basis für eine neue, zeitgemäße museale Darstellung zu Engelbert Dollfuß und seiner Zeit werden. Dadurch wird die Kooperation mit anderen Museen und Archiven vertieft und die Objekte aus Texing können temporär an vielen Orten in Österreich gezeigt werden. Gemeinsam mit den Museumsobjekten wandert also auch die Auseinandersetzung mit Dollfuß und seiner Zeit aus der Region in die gesamtösterreichische Diskussion.

Gemeinsamer Prozess

Dieser Prozess soll in Zusammenarbeit mit drei Personengruppen realisiert werden: Die erste Personengruppe besteht aus Erwachsenen aus der Region, die zweite aus Jugendlichen aus der Region und die dritte Personengruppe aus dem künstlerischen oder wissenschaftlichen Umfeld. Auch miteinbezogen werden die Dollfuß-Erinnerungszeichen im öffentlichen Raum wie z.B. Gedenktafeln. Somit wird die Initiative „Raum schaffen“ ein innovatives Citizen Science Projekt mit großer Breitenwirkung.
Dieses gemeinsame „konstruktive Ausräumen“ wird von zahlreichen Veranstaltungen wie Kinovorführungen, Vorträgen und Exkursionen in der Region und an anderen Orten wie z. B. den Häusern der Geschichte in St. Pölten und Wien thematisch begleitet und ist damit wie auch durch den Webauftritt für ein interessiertes Publikum offen und transparent. Das Beteiligungsprojekt leistet nachhaltige Arbeit im Bereich der Erinnerungskultur, der Museumskultur und der politischen Bildung in der lokalen, aber auch überregionalen Bevölkerung. Das Rahmenprogramm findet teilweise an Öffnungstagen im Geburtshaus und teilweise an anderen Orten in der Gemeinde und der Region statt.

Start des Projekts 2024

Bereits im Frühjahr 2024 startet das Projekt mit der Umsetzungsphase des Konzepts und sieht dabei von Mai bis Oktober mehrere Öffnungstage vor, an denen das Museum in Begleitung von Experten besucht werden kann. Die Erfahrungen der Vorbereitungsphase zeigen, dass diese Art der Herangehensweise einen wesentlich höheren Besuchererfolg bringt als eine einfache Wiedereröffnung, die die Besucherzahlen zwar kurzfristig steigert, langfristig aber wieder abebben lässt.

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