Sexuelle Übergriffe
Es fängt mit Grenzüberschreitung an
BEZIRK. Ein 34-Jähriger, der von 2016 bis 2018 als Tagesvater im südlichen Niederösterreich an der Stadtgrenze zu Wien immer wieder kleine Kinder beaufsichtigt hat, sitzt in Untersuchungshaft. Die Vorwürfe gegen ihn machen fassungslos. Als Tagesvater soll er zwei Mädchen, die zu Beginn der Angriffe eineinhalb und dreieinhalb Jahre alt waren, Missbrauchshandlungen vorgenommen haben. Weiters wird ihm vorgeworfen, dass er seine Trainerfunktion bei einem Sportverein ausgenutzt hat und mindestens elf Buben und Mädchen unsittlich begrapscht in eindeutigen Posen mit seinem Handy fotografiert und gefilmt hat. Die Behörde habe längst noch nicht das gesamte Bildmaterial gesichtet, erklärt der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt Erich Habitzl. Die APA berichtete darüber, dass es im Zeitraum von fünf Jahren bis zu 300 minderjährige Opfer geben könnte.
Eltern schöpften Verdacht
Die Eltern einiger Kinder dürften irgendwann Verdacht geschöpft und sich an den Opferschutzverein "Die Möwe" gewendet haben. Die Einrichtung erstattete Anzeige bei der Polizei.
Wie geht man damit um?
Wenn Nachrichten wie diese öffentlich werden, sind gerade Eltern schockiert und verunsichert. Es stellt sich automatisch die Frage, wie man das eigene Kind vor derartigen Übergriffen schützen kann. Darüber haben wir mit Florian Promegger gesprochen. Er ist klinischer und Gesundheitspsychologe und arbeitet im Kinderschutzzentrum "Die Möwe".
Unbedingt ansprechen
"Es ist wichtig, dass Eltern ihren Kindern immer offen als Gesprächspartner zur Verfügung stehen, sie ermutigen über ihre Gefühle zu sprechen und in ihrer Wahrnehmung stärken", erklärt Promegger. Wenn Änderungen im Verhalten von Kindern auffallen, sollten Eltern das auch unbedingt aktiv ansprechen und ihre Sorgen auch selbst mit erwachsenen Vertrauenspersonen besprechen. An spezialisierte Beratungsstellen wie "Die Möwe" kann man sich im Zweifel immer kostenfrei und auch anonym wenden. Eine klare Abgrenzung von Grenzüberschreitungen und Übergriffen bis hin zur sexualisierten Gewalt ist nicht immer möglich. Das zu entscheiden ist aber nicht die Aufgabe der Eltern, stellt der Psychologe klar. Es kommt auch in den meisten Fällen nicht spontan zu sexuellen Übergriffen. Täter sind sehr manipulativ, gehen in Schritten vor, bauen ein Vertrauensverhältnis auf und testen Grenzen aus.
"Täter gehen meistens schrittweise vor und sind auf perfide Weise sehr manipulativ."
Florian Promegger, MA MSC
Präventivarbeit leisten
Körperliche Berührungen sind gerade im Sportbereich eine heikle Sache. Hier sind die Organisationen und Vereine gefragt, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und gemeinsam mit einer externen Organisation ein Gewaltschutzkonzept zu erarbeiten, in dem klare Regeln verschriftlicht werden. Z.B dass Trainer Kinder nicht in die Dusche begleiten, aber auch dass Berührungen immer transparent kommuniziert werden müssen. Das heißt, wenn es nötig ist, beim Sport Kinder körperlich anzuleiten, dann muss diese Berührung immer vorher angekündigt werden, erläutert Florian Promegger. Durch klare Kommunikation kann ebenso Missverständnissen vorgebeugt werden. Das Thema wird ansprechbar. So werden auch - insbesonders männliche - Betreuungspersonen davor geschützt unter falschen Verdacht zu geraten.
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