Seit 40 Jahren: Uhrmacher im kleinsten Haus von Wien
Uhrmacher Friedrich Schmollgruber sagt, er liebe dieses "Dorf" - auch wenn er kein "echter Wiener" ist. Bekannt ist er am Spittelberg, als wäre er der "Bürgermeister".
NEUBAU. An die 14 Quadratmeter – so viel Platz ist im kleinsten Haus Wiens. Hinter dem MuseumsQuartier an der Ecke Burggasse/Breite Gasse gelegen, steht das kleine grüne Haus, das jedes Mal zu zittern beginnt, wenn die Bimlinie 49 vorbeifährt. "Ich wollte einst das größte Haus für mein Uhrengeschäft in Wien – geworden ist es dann das kleinste", erzählt Inhaber Friedrich Schmollgruber. Gekauft hat der heute 82-Jährige das Haus im Jahr 1972 – genau 100 Jahre, nachdem es 1872 erbaut wurde. Schon davor war darin ein Uhrmacher ansässig, aber der brachte sein Haus nicht los, die Leute "wollten sich keine Arbeit kaufen".
Nicht so Schmollgruber: Der Sohn eines Uhrmachers war im 7. Bezirk an der richtigen Adresse. Genau genommen hat er damals sogar zwei Häuser gekauft, denn auch das Haus daneben gehört ihm. Dort liegen heute sein Verkaufsraum und auch seine Werkstatt. Denn auf den 14 Quadratmetern des kleinen Hauses lässt sich nicht viel machen. Selbst wenn "Uhren eigentlich eh klein sind", wie Schmollgruber schmunzelnd hinzufügt. Aber er verkauft ja nicht nur Armbanduhren und Schmuck, wovon rund ein Drittel aus Eigenproduktion stammt, sondern auch große Uhren unterschiedlicher Epochen – von antiken Uhren über Art-déco- und Jugendstilstücke bis hin zu modernen Uhren.
Seit 60 Jahren im Geschäft
Neben dem Verkauf werden im Uhrengeschäft am Neubau auch Reparaturen aller Art durchgeführt. Schmollgruber selbst ist seit 60 Jahren Uhrmacher und Goldschmied. Ihn fasziniert vor allem die kreative Seite des Berufs – kein Wunder, dass er seine Ausbildung unter anderem an der Angewandten absolviert hat. Aber: Schmollgruber ist eigentlich kein Wiener, er lebt in Steyr und betreibt dort ein Uhrenmuseum. Warum er dann das Geschäft in Wien eröffnet hat und wöchentlich zwei Tage pendelt? "Steyr ist eine Arbeiterstadt, da brauchte keiner einen Uhrmacher, der antike Uhren repariert", so Schmollgruber über die betuchtere Kundschaft in Wien.
Und dennoch: An Bekanntheit mangelt es dem charmanten Herrn am Neubau nicht. "Einmal bin ich mit einem Bekannten am Spittelberg essen gegangen. Nachdem mich dort alle gegrüßt hatten, hat er mich gefragt, ob ich hier der Bürgermeister bin." Und er fügt hinzu: "Ich liebe dieses Dorf." Dass Uhren eines Tages komplett verschwinden könnten, weil Smartphones ihre Aufgabe übernehmen, befürchtet Schmollgruber nicht. "Uhren sind nach wie vor Mode- bzw. Prestigeobjekte, das wird auch so bleiben."
Familienbetrieb erhalten
Das Geschäft ist quasi ein Familienbetrieb, seine Frau ("Sie ist die Chefin") und seine Tochter – eines seiner neun Kinder – arbeiten mit ihm im Geschäft. Im Idealfall übernimmt dieses eines Tages sein Sohn, der ebenfalls Uhrmacher ist und derzeit in München lebt und arbeitet. Aber das kann noch dauern, denn ans Aufhören denkt Schmollgruber senior auch mit seinen 82 Jahren noch lange nicht – zu groß ist die Leidenschaft für seinen Beruf.
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