Margarete Tischler im Interview
"Zukunft sehe ich weiterhin im gedruckten Buch"
Margarete Tischler führt in Gols einen Verlag mit Werken hauptsächlich heimischer Schriftstellerinnen und Schriftsteller.
GOLS. Im Interview mit den RegionalMedien spricht sie über ihre Leidenschaft, aktuelle Bestseller und die Debatte um E-Book und gedruckten Formaten.
REGIONALMEDIEN: Wie kam die Leidenschaft für den Buchhandel und in Ihrem Fall auch die des Verlagswesens?
MARGARETE TISCHLER: Meine Leidenschaft für Bücher ist offensichtlich, jedoch ist meine Liebe zum Menschen der Antrieb für das Verlagswesen. Lesen ermöglicht so vieles. Es lässt uns reisen und träumen, Abenteuer erleben, eintauchen in andere Welten und Sichtweisen. Prägend für mich: die Kindheit. In meiner Familie wurde viel gelesen, in Erinnerung geblieben sind unter anderem die schönen Bilder von Wiesen, Obstbäumen, Häusern, Menschen, Tieren und die kurzen Sätze in den ersten Büchern. Das gemeinsame Anschauen, das Erzählen und Vorlesen meiner Eltern. Das Lesen lernen. Mein erstes dickes Buch unterm Weihnachtsbaum. Es sind Kindheitserinnerungen, die fürs ganze Leben prägen und noch immer Wärme im Herzen erzeugen. Wir lesen nicht dem Buchhandel zuliebe, obgleich der Buchhandel einen wichtigen Platz beim Vertrieb von Büchern einnimmt. Ich habe großen Respekt vor der Arbeit des Buchhandels. Sind es doch die Buchhändlerinnen und Buchhändler, die den interessierten und suchenden Lesenden als Ansprechpartner/in beratend am nächsten stehen. Jedoch für mich als unabhängige Verlegerin ist es unabdingbar, auch die Nähe direkt zur Leserin, zum Leser zu suchen. Die Auswahl der literarischen Werke, die im Verlag Margarete Tischler veröffentlicht werden, erfordert den direkten Zugang und persönlichen Kontakt zum interessierten Publikum.
Was ist Ihre aktuelle Shortlist und was sind zukünftige Projekte?
Ein Teil der Titel aus unserer aktuellen Shortlist wird im Programm der Lesung im Mai präsentiert. Nach Genre gegliedert in Kinder- und Jugendbuch führt „Elbenohr – Das Tor der Welten“ von Petra Priska Hasler die Liste an, es folgen der Titel „Sonntag im Park mit Jo“ von Bettina Wagner und an dritter Stelle unser erstes Kinderbuch für die Jüngsten, „Otis verschwundene Sonnenkiste“ von Willi Willisch. Bei Belletristik für Erwachsene steht an erster Stelle der Titel „Zusammen Halt Finden – Mit dem grünen Band durch die Krise zum besseren Leben für alle“, ein Essay von Gerald Koller. Es folgen „107 Tage Kreta – Aussteigen auf andere Art“ von René Siegl und „Vögel der Dunkelheit“, ein Roman von Christa Zettel.
Für den Herbst sind zwei Titel geplant. Beide Autoren schöpfen aus einem reichhaltigen Schatz von Erlebtem eines erfolgreichen Lebens sowie Wissens. Autor Anton Faymann, Jahrgang 1933, erzählt aus seiner Kinder- und Jugendzeit. Seine Erinnerungen führen von der Kindheit, Schul- und Jugendzeit bis zur Zeit nach dem Krieg. Das Buch endet mit der Abreise als 21-jähriger nach Australien. Faszinierend an dem Buch ist die Erzählung von Faymann, die einem beim Lesen eintauchen lässt in die Welt von früher. Die Schilderung und Beschreibung seiner Ahnen, der wirtschaftlichen Situation lassen Bilder entstehen, die einen bis zum Ende nicht loslassen. Der Schauplatz: Dörfl, Steinberg, Oberpullendorf, Kirchschlag, Wien und Neukirchen am Großvenediger. Ergänzt werden die Erzählungen von Bildern aus dem Familienalbum. Die zweite Neuerscheinung im Herbst möchte ich als mein Herzensprojekt nennen. Es ist das Werk von Ludwig Drahosch, Dozent an der LIK Akademie. Noch wird es im Haus unter folgendem Arbeitstitel geführt: „Simonettas Schatten – Eine Erzählung über die Unbelehrbarkeit des Schönen“. In wunderschön poetischer Sprache erzählt der Autor aus dem Leben des alten Malers Giorgio, der seinen Lebensabend in Florenz verbringt. Zwei Begegnungen wecken in Giorgio wieder seine malerische Leidenschaft. Der Autor entführt uns in die Welt der Renaissance. Er selbst sagt über sein Werk: „Die Überheblichkeit, mit der die postmoderne Dekonstruktion auf das Erbe der Renaissance blickt, hat mich zu einer Erzählung angespornt.“ Die Erzählung nimmt von Anfang an gefangen und entführt in die Welt der Malerei.
Wie stehen Sie zur Debatte um die Bedeutung des gedruckten Buches vs. Virtuellen Formaten?
Sicherlich haben sich die Lesegewohnheiten im Wandel der Zeit mit der zunehmenden Digitalisierung verändert. Mobiltelefon, PC, Tablet sind ein fester Bestandteil unseres Alltags.
All unsere im Verlag veröffentlichten Bücher werden digitalisiert, sind als EPUB und MOBI in unserem Webshop verfügbar. Wir experimentieren mit virtuellen Lesungen, zu finden auf Youtube. Noch in einem PC-Ordner unveröffentlicht liegt das Hörbuch-Projekt von Willi Willisch, in dem er den Inhalt von „Otis verschwundene Sonnenkiste“ für Kinder aufbereitet hat. In der Debatte um die Bedeutung des gedruckten Buches versus virtuelle Formate sehe ich ein großes Potenzial im Miteinander und nicht im entweder oder. Denn letztendlich geht es um Inhalte, ob im gedruckten Buch oder im virtuellen Format, das Wecken von Interesse. Für den Verlag steht dabei auch die Frage des wirtschaftlichen (Über-)Lebens im Fokus. Es arbeiten sehr viele Menschen an den bereitgestellten Inhalten und alle möchten ihr finanzielles Auskommen finden.
Sonstige Eindrücke zum Thema „Buch“, „lesen“ usw.?
Lesen ist ein Kulturgut, Kinder für das Lesen begeistern gelingt unter anderem durch das Vorbild. Das miteinander Bücher anschauen, das Vorlesen, in dem wir Nähe und Emotionen erfahren, Bilder im Kopf entstehen. So beginnt‘s meist, die Begeisterung für das Buch. Mit dem Älterwerden gewinnen auch Sachbücher und Ratgeber an Bedeutung. Natürlich lässt sich vieles in der virtuellen Welt schnell nachschlagen, nachlesen. Das Lesen auf digitalen Endgeräten funktioniert anders und das Lesen eines E-Books hat vielleicht so manche Vorteile, aber kann es wirklich mit der Haptik eines gedruckten Werkes konkurrieren? Bringt es die Entspannung und Erholung eines Buches? Die Zukunft sehe ich weiterhin im gedruckten Buch, vor allem wenn es darum geht, Lesen mit allen Sinnen zu erleben.
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