Karl Merkatz als Bockerer in Andau
Der Bockerer im Flüchtlingsstrom
Eindrucksvoll schildert der Bockerer-Film "Die Brücke von Andau" das Flüchtlingsdrama in Ungarn 1956.
Autoren: Andrea Glatzer und Ingrid Schramm
ANDAU. Die Szenen um Fleischhauer Karl Bockerer, der von dem großartigen Schauspieler Karl Merkatz gespielt wird, sind dramatisch und gehen unter die Haut. Vor allem, wie er sich mit List und Schläue durch die Unruhen während des Ungarnaufstandes in Budapest durchschlägt.
Freund oder Feind?
Mitreißend ist, wie in dem Film die Grenzen zwischen Freund und Feind verschwimmen, als der Bockerer mitten in den Volkssturm gegen die sowjetische Übermacht gerät. In Oberst Novotny von der Roten Armee in Budapest erkennt der Bockerer einen alten Freund aus Österreich. Er ist ein überzeugter Kommunist und kann sich deswegen vom Bockerer einiges anhören, was dieser ihm an den Kopf wirft. Zunächst kann der sowjettreue Oberst noch für Bockerer einiges tun, indem er ihm hilft, seinen mit Fleisch beladenen Kühlwagen zurückzubekommen. Doch gerät er zunehmend ins Wanken über die Haltung der Sowjets, die mit Panzern und scharfer Monition gegen die ungarischen Freiheitskämpfer vorgehen. Durch die rasch wechselnden politischen Zustände steht Oberst Novotny plötzlich selbst im schiefen Licht. Er wird als Deserteur von seinen politischen "Freunden" gesucht und tritt mit Bockerers Hilfe die Flucht nach Österreich an.
Stacheldraht als Requisite
Das Großartige an dem Bockerer-Film ist, dass menschliche Gefühle und Hilfsbereitschaft über politische Überzeugungen triumphieren. Allerdings hat Regisseur Franz Antel der Dramatik zuliebe, das eine oder andere Detail in den Film hineingemogelt.
Zeitzeuge Josef Wally kann sich noch gut an die Dreharbeiten am Originalschauplatz an der Brücke von Andau erinnern: "Ich hab dem Regisseur Antel über seine Filmarchitektin Herta Hareiter ausrichten lassen, dass der Stacheldraht an der Grenze ein absolutes "No go" sei." Zum damaligen Zeitpunkt hat es keinen Stacheldraht an der Grenze gegeben, weil der vorher von ungarischen Militärs entfernt worden war.
Regisseur Franz Antel reagierte auf Wallys Einwand pragmatisch: "Ich lass den Wally schön grüßen, aber den Stacheldraht "brauch ich aus dramaturgischen Gründen". Antels großartige Filmleistung und die der wunderbaren Schauspieler wie Karl Merkatz als Bockerer und Heinrich Schweiger, als Oberst, schrieben Filmgeschichte. Die Filmpremiere im Gartenbaukino in Wien im Jahr 2000 erlebte einen fulminaten Erfolg.
Erinnerung an die Flüchtlingshilfe
An die dramatischen Ereignisse der Flüchtlingskrise im Jahr 1956 erinnert die Gedächtnisplattform an der Brücke von Andau am Einserkanal. Sie ist den Soldaten des österreichischen Bundesheeres und den großartigen Helfern, die die Flüchtlinge aufgefangen haben, gewidmet. An manchen Tagen kamen mehr Flüchtlinge in den Ort, als Andau Einwohner hatte. Es wurden schmackhafte Eintöpfe gekocht, Feuerholz gehackt um die Wasserleitung vor dem Einfrieren zu schützen. Waschmöglichkeiten wurden geschaffen und die Flüchtlinge mit trockener Kleidung versorgt.
Die Flüchtlinge wurden in Gasthäusern und öffentlichen Gebäuden untergebracht. Strohlager mit Decken wurden eingerichtet und so konnten an manchen Tagen hunderte Flüchtlinge bis zu ihrem Weitertransport betreut werden. Szenen die sich täglich wiederholten.
Die Gedächtnisplattform, von Josef Wally mitinitiert, steht auf einem Privatgrundstück ganz in der Nähe der Brücke von Andau. Sie wurde bereits vor Jahren renoviert. Jetzt ist sie wieder gesperrt, da sie morsch und baufällig ist. Dem Vernehmen nach soll sie von der Gemeinde demnächst wieder in Stand gesetzt werden.
Die Geschichte ist Teil des Buches "Pannonische Streifzüge" von Ingrid Schramm und Andrea Glatzer.
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