Neusiedler See: Welterbe in Gefahr?
BEZIRK (doho). Die Bauvorhaben rund um und vor allem am Neusiedler See nehmen zu. Ihre Stadien variieren von beschlossen, geplant, zu teilweise begonnen und bereits fertig. Seevillen, luxuriöse Apartments und, wie im Falle Neusiedls auch ein Hotel, sind da in den Gemeinden Oggau, Illmitz, Breitenbrunn und Jois geplant. Mit dem Lokal "Das Fritz" in Weiden am See ist das erste dieser neuen, großen Projekte bereits fertig. In Neusiedl etwa, sollen neben einem Hotel mit dem umstrittenen Projekt "Am Hafen" 22 Apartments, 23 private Häuser entstehen.
Dokumentation der Bauprojekte
Um einer Privatisierung des Seezugangs und Eingriffen in die Natur entgegen zu wirken, hat der Neusiedler Rudi Golubich den Verein "Freunde des Neusiedlersees" gegründet und einen Spendenaufruf gestartet um die Gefahr solcher Bauprojekte erheben zu können. "Wir haben nicht damit gerechnet, dass so viel Geld zusammen kommen würde. Aber es ist schön zu sehen, dass der See so vielen Menschen am Herzen liegt! Wir konnten auch über 2000 Unterschriften von Einzelpersonen, Vereinen und Jachtklubs sammeln, die uns unterstützen.", so Vereinsobmann Golubich. Gemeinsam mit der Breitenbrunner Initiative "Unser See" hat man den gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für Umweltschutz und Landschaftsökologie, DI Christian Schuhböck, damit beauftragt den Stand der Dinge rund um den See festzuhalten.
Herausgekommen ist dabei eine rund 200 Seiten starke Dokumentation, die vergangene Woche präsentiert wurde. Das Fazit DI Schuhböcks: "Es findet ein Dominoeffekt statt. Eine Gemeinde beschließt ein Bauprojekt, die anderen ziehen nach."
Heritage Alert ausgelöst
Die Dokumentation wurde an ICOMOS, den internationalen Rat für Denkmalpflege in Paris, gesandt. "Wir hoffen, dass ICOMOS International einen sogenannten Heritage Alert auslöst und den See als "Welterbe in Gefahr" einstuft.", so Schuhböck. So kann die Organisation aufgrund der Dokumentation eine Empfehlung an die UNESCO übermitteln, die die Möglichkeit hat den Neusiedler See als gefährdetes Welterbe einzustufen. Im schlimmsten Fall droht der Entzug des Siegels. Schuhböck ist kein unerfahrener, wenn es um bedrohte Naturstätten geht. So hat er beim Auslösen des Alarms beim Bau der Semmeringbahn und der Verbauung des Otto-Wagner-Areals mitgewirkt.
"Ziel ist es, ICOMOS und die UNESCO darauf aufmerksam zu machen und Maßnahmen zu setzen, damit die Bewilligungen zurückgezogen und die Baurabeiten eingestellt werden. Wo die Authentizität der Kulturlandschaft gefährdet ist, soll ein Rückbau ermöglicht werden.", meint Schuhböck.
Bewusstseinsbildung
Ein Exemplar der Dokumentation wurde an Ulrike Herbig von ICOMOS Austria übergeben:"Es geht um Bewusstseinsbildung bei den Entscheidungsträgern. Wirtschaft und Investoren sollen nicht im Vordergrund stehen."
Optimistisch zeigt sich Rudi Golubich:"Wir gehen davon aus, das die veränderte politische Situation uns weniger Gegenwind bringen wird. Außerdem sind wir ja nicht gegen eine touristische Nutzung des Sees. Im Gegenteil! Aber wir lehnen die Entwicklung eines privatisierenden Luxustourismus ab, und Projekte, die die kulturelle Identität der Region nicht widerspiegeln."
Eine Antwort von ICOMOS International wird Anfang nächsten Jahres erwartet. Rudi Golubich:"Unser Kampf ist noch lange nicht zu Ende!"
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