Ehepaar Windisch seit 69 Jahren verheiratet
Monatslohn für ein Bettzeug

Seit 1952 verheiratet: Johann und Anna Windisch. | Foto: Ingrid Ruf
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Anna und Johann Windisch lassen uns an ihren Erinnerungen teilhaben - sie sind 90 und 92 Jahre alt.

KAISERSDORF. Sie sind das älteste Ehepaar von Kaisersdorf, „i bin owa no jung,“, wirft Anna Windisch gleich ein. 69 Jahre sind sie verheiratet, im nächsten Jahr steht die Gnadenhochzeit an. Die beiden nehmen uns mit auf eine Reise in die Vergangenheit.

Flucht vor dem Krieg

Anna Windisch erzählt von ihrer Schulzeit. „Wir lernten nur kroatisch in der Schule, ich konnte kein Wort Deutsch. Im März 1938 kam der Umbruch, wir zogen nach Wien. Dort war ich eine Ausländerin, es gab keine Schulbücher, ich habe mit Hilfe eines Liederbuchs begonnen, Deutsch zu lernen.“ Vier Mal musste sie die Schule wechseln, als sie in der Hauptschule war, wurde Wiener Neustadt bombardiert. „Sie wollten uns verschicken, keine Ahnung, wohin“. Ihre Mutter zog als Flucht nach vorne wieder nach Kaisersdorf mit den Kindern, die Schwester war 2 Jahre jünger und die Mutter zu dieser Zeit hochschwanger. Anna mussten zu Fuß nach Stoob in die Schule gehen, „und damals war viel Schnee!“

Vater starb durch Bombe

Mitten im Winter, im Jänner, zogen sie ins ungeheizte Haus, ohne Decken, ohne lebensnotwendige Dinge, aber sie waren sicher vor den Bomben. Der Bruder wurde 10 Tage später geboren, im Februar 1944. „Der Vater hat in Wien in einer Fabrik gearbeitet, die ein kriegswichtiger Betrieb war, deswegen musste er nicht einrücken. Er erlitt durch eine Bombe im November 1944 einen Lungenriss, der Luftdruck hat ihn umgebracht.“

Die nächsten Jahre

„Zwei Jahre hatten wir nichts, wir gingen zu Fuß in die Bucklige Welt und haben Hilfsarbeiten für ein paar Erdäpfeln gemacht.“ Die Jahre nach dem Krieg waren bitter, „da hat man auch für Geld überhaupt nichts gekriegt“, erzählt Johann Windisch. Warenaustausch, Schmuggel waren an der Tagesordnung. „Uns half die Natur beim Überleben. Eine Frau ist nie ohne Buckelkorb aus dem Haus gegangen, und wenn sie nur Hasengrünzeug mitgenommen hat.“

Dienstmädchen

Nach der Schule ging Anna nach Wien, suchte in einer Zeitung nach freien Stellen. „Ich hab irgendwas genommen, nur damit ich wo übernachten kann.“ Dienstmädchen, Herrenschneiderei, die Kunden waren Grafen und Industrielle. „Keinen Schilling Trinkgeld hab ich bekommen! Den Verdienst schickte ich der Mutter nach Hause, weil ja der kleine Bruder da war. Ich hätte mir gerne Bettzeug gekauft, aber das kostete einen ganzen Monatslohn.“

Johann wurde Maurer

Johann lernte brav in Handelsschule,. In dieser Zeit sind die Panzer gekommen, kein Krieg, aber der Durchzug. „Wir Buben waren neugierig und liefen runter zum Wirtshaus." Ein Russe nahm ihm daraufhin seine Firmungsuhr weg. „Der ganze Arm von ihm war voll mit Uhren.“ 1945, 1946 gab es keine Arbeit für Johann. Der Vater beschloss: „Gehst halt nach Wien Maurer lernen.“ Dort musste er auch an Samstagen arbeiten, wohnte in Arbeiterquartieren und half mit, die ausgebombten Häuser abzutragen. „Wir haben die Ziegel geputzt, damit der Chef sie wieder verkaufen konnte.“ Waschen konnte er sich nur im Hof mit kaltem Wasser, „heute kann ich mir das gar nicht mehr vorstellen!“ Nicht jedes Wochenende konnte er nach Hause fahren, aber wenn doch, dann wurde das Essen in Reindln mitgegeben.

Hochzeit 1952

Geheiratet haben die beiden, weil sie in Wien zusammen ziehen wollten. „Wir haben eine Wohnung beantragt, die Fertigstellung dauerte ein halbes Jahr. Dazwischen haben wir geheiratet, denn Unverheiratete durften damals nicht zusammen ziehen.“ Mit 80 Gästen wurde in Kaisersdorf Hochzeit gefeiert. „Die Eltern haben ein Schweindl finanziert,“ lächelt Anna. Das erste Auto war – ein VW Käfer, angeschafft 1962. Und das erste Fernsehgerät 1964. „Der Vater hat gerufen, seids es narrisch, a so a Luxus!“

Helfen sich gegenseitig

„Wir haben immer gesund gelebt, sind alles zu Fuß gegangen,“ erzählt Anna Windisch. „Mit dem Leben zufrieden sein, positiv denken.“ Das Ehepaar lebt im eigenen Haus alleine, sie helfen sich gegenseitig. Tochter Susanne, die im Ort wohnt, versorgt ihre Eltern und kommt oft zwei Mal am Tag vorbei. Dann genießen sie gemeinsam ihren Ruheplatz im Garten, unter dem großen Nussbaum.
Anna Windisch hat auch ein Lieblingsgedicht, das sie sogleich vorträgt:
"Wenn ein gutes Wort zum Mund dich drängt, geh nicht vorüber ohne es zu sprechen.
Ein Aug das heut noch fragend an dir hängt- bedenk es wohl, kann über Nacht schon brechen.
Dein gutes Wort ist wie ein Sonnenstrahl aus sonnenhellem Süden,
es tröstet nicht nur den Wegesmüden, es tröstet und beglückt dich selber auch.
Versäumst du es, das gute Wort zu sagen, dann wird es dir zur Last und lebenslang wirst du daran tragen, dass du es nicht gesprochen hast."

Die spannende Zeitreise mit Familie Windisch geht mit der Bitte nach einem Foto zu Ende. „Aber i möcht net alt drauf ausschauen bitte!“

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