Mattersburger SV 2020 und SC Unterfrauenhaid
Zwei Klubs mit ungleichen Vorzeichen
MATTERSBURG/UNTERFRAUENHAID (Oliver Frank). Markant, auffallend, ein fußballerisches Luxus-Domizil ist die Heimstätte des im Vorjahr neugegründeten Mattersburger SV 2020. Dort, wo sich der neugegründete 2. Klasse Mitte-Klub als Torfabrik präsentiert. Wie auch beim 11:0-Festival gegen den Tabellen-8. FC Deutschkreutz/Unterfrauenhaid II. Von gesamt 55 Saisontreffern sahen die Fans hier in Heimspielen 41 Tore – und ein stets gut besuchtes Fußballareal. Hingegen bäckt der FC Deutschkreutz/Unterfrauenhaid II sportlich weit kleinere Brötchen. Ein Lagebericht.
Im Jahre 2009 wurde die Fußballakademie Burgenland als modernste Akademie Ostösterreichs eröffnet. Beim Bau der Anlage wurden 3.300 m³ Beton verbaut, 250 Arbeiter leisteten rund 80.000 Arbeitsstunden und die Investitionskosten beliefen sich auf 10 Millionen Euro. Nur dank der Übernahme der Geschäftsanteile des insolventen SV Mattersburg durch das Land Burgenland konnte die Weiterführung dieser Ausbildungsstätte garantiert werden – weil sich der dort für Trainingszwecke ansässige und aufgelöste SV Mattersburg ins wirtschaftliche Abseits spielte.
Neueinsteiger und Quotenjäger
Der Name des SVM war legendär, die Erfolge auch. Und trotzdem: Auf große Träume folgte ein böses Erwachen. Geblieben ist jedoch die Fußballbegeisterung im Bezirksvorort: Der Mattersburger SV 2020 wird bereits jetzt von seinen Anhängern geliebt. Die Begegnungen sind facettenreich, torreich und emotional. Sehr gut besuchte Heimspiele mit zumindest 300 Fans werden frenetisch und mit Begleitmusik gefeiert. Und das, obwohl der Klub um den Vorstandsvorsitzenden Manfred Strodl nicht hochklassig spielt – im Gegenteil: Der Liga-Alltag heißt derzeit 2. Klasse Mitte. Allerdings ist man dort als Neueinsteiger der Quotenjäger und Tabellenführer: 13 Spiele, 11 Siege, zwei Remis, keine Niederlage. Bei einem Torverhältnis von 55:2 sehen die Fans im Schnitt mehr als vier Tore pro Begegnung – allerdings manchmal auch eindeutig mehr.
Wie beim 11:0-Kantersieg gegen den inferioren FC Deutschkreutz/Unterfrauenhaid II. Rund 30 km entfernt ist der Fusionsklub beheimatet. Im sogenannten „Weinberg-Stadion“, das in die Jahre gekommen ist. Es hat viele Stehplätze, aber keine Tribüne. Hartgesottenen Fußballromantikern mag das gefallen. Geplant ist die Adaptierung und Neugestaltung einer Küche. Zweifelsfrei: Der SC Unterfrauenhaid hat Tradition – seit 1963. Teilt dennoch mittlerweile ein Schicksal mit vielen anderen Unterhaus-Klubs. Früher sehr erfolgreich, jahrelanges Inventar in der 2. Liga Mitte, sogar ÖFB-Cup-Überraschungsklub, ist der Verein in rot-schwarz längst in den Niederungen des Fußballs angekommen – seit 2016 in der 2. Klasse, weil um ein Tor schlechtes Torverhältnis den völlig unnötigen Abstieg aus der 1. Klasse besiegelte. Drei Spielzeiten danach folgten in 82 Spielen zwar 162 Punkte, aber kein Aufstieg, der mitunter auch mit vielen Legionären erzwungen werden sollte.
Prügelknabe und Schlachtopfer
Im Klub spiegelt sich die Kommunikation des Orts. Seine Bedeutung geht oft weit über das Sportliche hinaus. Allerdings stand der Verein 2019 vor dem Aus. Quasi in der Nachspielzeit übernahm Norbert Hoffmann. Allerdings mit dem Vorhaben einer Kooperation mit dem Burgenlandligaklub FC Deutschkreutz. Ambitionen hätten Hoffmann gezwungen, den SC Unterfrauenhaid zu übernehmen.
Seine teils ungeschminkte Rhetorik ist erfrischend – mit viel Wahrheitssgehalt, die auch zum Nachdenken anregt. Und er ist motiviert wie lösungsorientiert. Kein Frischgefangter, sondern ein Funktionär mit Handschlagqualität und jener Mann, der den SC Unterfrauenhaid wieder aus der Versenkung retten will – zumindest tabellarisch. Das Etikett Prügelknabe oder Schlachtopfer soll bald der Vergangenheit angehören. Norbert Hoffmann verkörpert das Herz des Vereins. So erhalten auch die stets hilfsbereiten Damen in der Kantine zumindest ein freundliches Danke. In der Vergangenheit war dies nicht immer der Fall. Und die Damen hinter der Theke sprechen auch offen darüber – und danken es mit unermüdlichem Einsatz. Wie u.a. beim zuletzt veranstalteten Oktoberfest beim Heimspiel gegen den ASK Raiding (0:3).
Verfeinerungen werden angestrebt
Freilich torkelt der FC Deutschkreutz/Unterfrauenhaid II nach dem zweiten zweistelligen Auswärtsdebakel (Anm. 0:10 beim ASK Raiding am 1. Spieltag). So prekär und nahezu aussichtslos wie in diesen Tagen hat sich die Lage in 58 Jahren Klubgeschichte aber selten dargestellt. Obwohl Obmann Norbert Hoffmann, der sich in der Regel nicht in die sportlichen Belange einmischt, Verstärkungen in den Wintermonaten ankündigt.
Klar ist für Hoffmann allerdings auch, dass die Koordination bzw. der Ablauf über das zur Verfügung stellen von Spielern des Burgenlandligaklubs FC Deutschkreutz verfeinert werden soll. Die Zusammenarbeit beider Klubs funktioniert, der Austausch ist von gegenseitigem Respekt und einer hohen Wertschätzung geprägt. So hart es klingen mag: Aktuell steht der SC Unterfrauenhaid nur noch für Tradition – und das reicht nicht, um erfolgreich zu sein. Davon kann beim Mattersburger SV 2020 keine Rede sein. Der Klub steht am Beginn eines großen Vorhabens. Der Weg soll bis in die Regionalliga Ost führen. Den Unterschied konnte man Samstagabend auch an der Anzeigetafel in der Fußballakademie Mattersburg ablesen – 11:0.
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