Durchgriffsrecht kann nicht die Lösung sein
Ab 1. Oktober sollen ohne Zustimmung der Länder und Gemeinden Asylquartiere geschaffen werden können.
BEZIRK (kv/ms). Oberwart hat die 1,5%-Quote schon jetzt mehr als erfüllt. Alle Gemeindevertreter sind sich jedoch einig, dass diese Vorgehensweise keineswegs die Integration fördert.
Anlaufstelle in Oberwart
Bgm. Georg Rosner sieht das geplante Durchgriffsrecht mit der 1,5% Quote entspannt, da der Bezirk Oberwart diese bereits mehr als erfüllt hat. In Oberwart selbst sind nur etwa sieben bis zehn Flüchtlinge beherbergt. Die meisten Flüchtlinge sind außerhalb von Oberwart untergebracht, beispielsweise in Wolfau, Kohfidisch, Rechnitz oder Rotenturm. Dafür gibt es direkt in Oberwart eine zentrale Anlaufstelle in der Diakonie. Hier werden die Asylwerber umfangreich beraten und können Deutschkurse besuchen.
"Ich bin persönlich sehr bemüht, den Flüchtlingen so gut wie möglich zu helfen", so Rosner. Daher wurde von ihm auch bereits ein Antrag für eine private Unterkunft eingereicht, die Platz für etwa acht Flüchtlinge bieten würde. Allerdings möchten die dort wohnhaften Bürger nur Familien mit Kindern aufnehmen. "Das ist aber problematisch, da die meisten Flüchtlinge Jugendliche und Männer zwischen 25 und 30 Jahren sind und man sich die Flüchtlinge ja nicht aussuchen kann," erklärt der Bürgermeister.
Nicht umsetzbar ist für ihn jedoch die Unterbringung in einem Bundesgebäude, da es in Oberwart schlicht und einfach kein Gebäude gibt, das Platz für 100 Flüchtlinge bieten würde. Die Kaserne ist in privater Hand.
Rechnitz ist weit über der Quote
Bgm. Engelbert Kenyeri sieht das Durchgriffsrecht für seine Gemeinde sehr entspannt, da er schon jetzt bei einer Quote von 4 % liegt. Die Flüchtlingsunterkünfte sind jedoch verteilt auf mehrere Plätze, deren Größe von 40 Personen abwärts geht. Eine Unterbringung der Asylwerber in einem Bundesgebäude ist für ihn nicht denkbar. Einerseits ist ein solches Gebäude in der Gemeinde ebenfalls nicht enthalten, andererseits ist für ihn eine solche Lösung nicht sinnvoll. "Würde jeder seine Pflicht erfüllen, hätten wir kein Problem", so Kenyeri.
Mehr als genug Flüchtlinge
Ähnlich sieht die Lage in Bernstein aus, die gemeinde beherbergt über 100 Asylsuchende in mehreren Privatquartieren. Das entspricht einer Quote von etwa 5 %. Bürgermeisterin Habetler ist jedoch grundsätzlich gegen das Durchgriffsrecht. Das Wichtigste ist die vorherige Information der Bevölkerung. Würde man die Einheimischen einfach überrollen, werde nie Ruhe sein. "Es kann die Integration einfach nicht funktionieren und beide Seiten fühlen sich unverstanden," erklärt Habetler.
Eine Gesamtlösung muss her
Markus Szelinger, Stadtschlaining: "Uns trifft das Durchgriffsrecht mittelbar, da wir im Ortsteil Goberling bereits Asylwerber untergebracht haben, derzeit sind es zehn. Wir wollen da auf privater Seite eine faire Verteilung ermöglichen. Eine solche sollte auch durch das Durchgriffsrecht erzielt werden, auch wenn ich diese nicht in Ordnung finde. Gebe es eine faire Verteilung, wäre so ein Schritt gar nicht notwendig, es ist eine Art Notlösung bzw. Bestrafung für Gemeinden, die sich nicht darum kümmern. Wichtig sind aber, dass Kleinstrukturen geschaffen werden, ich befürchte aber eher Gegenteiliges."
Bundesgebäude gebe es in Stadtschlaining keine, darum würde es diesbezüglich auch keine Auswirkungen geben. "Frühere Bundesgebäude wurden allesamt in Privathände verkauft. Ich hoffe, dass Gemeinden wie Rechnitz oder Bernstein, wo sehr viele Asylwerber untergebracht sind, dadurch entlastet werden. Diese Gemeinden betreuen mehr als in manchen anderen Bezirken zusammen. Ich fürchte aber, dass durch das Durchgriffsrecht zunächst diese Gemeinden kaum Entlastung spüren werden, da in anderen erst Kleinsteinheiten geschaffen werden müssen. Es wird zunächst eher wieder in Richtung Massenunterbringung gehen. Es ist für mich sicher keine echte Lösung, man reagiert nur auf ein Problem, statt schon früher zu agieren. Eine faire Verteilung muss am Ende stehen, die keinem weh tut und auch in der Bevölkerung anerkannt wird, ansonsten macht es keinen Sinn", betont Szelinger.
Auch in Großpetersdorf sind rund 20 Asylwerber untergebracht. "Wir haben welche in Miedlingsdorf und in Kleinpetersdorf und liegen nur knapp unter der Quote. Sie sind privat untergebracht, Bundesgebäude wie Kasernen oder so haben wir nicht", so Bgm. Wolfgang Tauss, der kein Verständnis für das Durchgriffsrecht zeigt: "Wir werden entmündigt und vor vollendete Tatsachen gestellt. Es ist nicht ideal, das Problem auf die kleinen Einheiten abzuladen. Ich habe dafür kein Verständnis."
"Ich finde es nicht in Ordnung, dass der Bund den Ländern und Gemeinden so etwas aufs Auge drücken will. Bundesgebäude haben wir keine mehr. Das einzige war die Kaserne. Wir haben in Pinkafeld rund 20 Asylwerber privat untergebracht", sagt Bgm. Kurt Maczek.
Mitspracherecht wäre entscheidend
In Oberschützen leben zurzeit 40 Flüchtlinge, aufgeteilt auf zwei Ortsteile. Bgm. Toth wünscht sich eine einheitliche Lösung. Für ihn kann es nicht funktionieren, wenn eine Instanz für die Unterbringung zuständig ist und die andere für die Flüchtlinge. Außerdem könne man nicht über die Köpfe der Einwohner hinweg entscheiden, das nehme ihnen die Sicherheit. "Ich als Bürgermeister müsste das Recht bekommen, jederzeit die Unterkünfte aufsuchen zu dürfen," meint Toth. So könne er direkt auf Schwierigkeiten regieren und Probleme vor Ort lösen. Und die Leute wären gleichzeitig beruhigt. Eine Kontrollinstanz auf höherer Ebene könne diese Aufgabe nicht erfüllen.
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