Porzellanmalerei
Anita Baldia arbeitet in ihrem Ottakringer Atelier mit dem „weißen Gold“
Weißes Gold: So wird Porzellan, das mit Marco Polo 1298 aus China nach Europa kam, bis heute genannt. Erst 1709 wurde das ostasiatische Porzellan von Johann Friedrich Böttger „nacherfunden“.
(us). Warum „weißes Gold“? Weiß, wie der Kaolin, diese feinste Tonerde aus der Porzellan neben Quarz und Feldspat besteht. Gold, weil es so kostbar und selten war, dass ursprünglich nur Europas Könige und Fürsten davon speisen durften. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurden die bis heute berühmten Porzellanmanufakturen Meissen und Augarten gegründet. Damals entstand auch die europäische Porzellanmalerei. Porzellan blieb zwar elitär, war aber nicht mehr nur dem Hochadel vorbehalten.
Kreative Familie
Anita Baldia, Enkelin von Ferdinand J. Baldia, eines der größten Architekten der Gründerzeit und Ottakringer aus Überzeugung, kam über ihren Bruder Alfred, der schon bei Augarten arbeitete, zur Porzellanmalerei. Sie erlernte dort das Kunsthandwerk und blieb der Wiener Traditionsmanufaktur 16 Jahre treu. „Talent und Liebe zum Malen und Zeichnen hatte ich aber schon als Kind!“,
erzählt sie. Nach der Geburt ihres Sohnes Ludwig, der heute bereits die Geschäfte führt und seit 7 Jahren im Atelier die heiklen Porzellan-Restaurationen macht, kam der Sprung in die Selbständigkeit. Sein Vater war übrigens ebenfalls Porzellanmaler bei Augarten. „Der Hang zum Künstlerischen ist offensichtlich vererbbar“, lächelt Baldia. Ihr hübsches Atelier am Ottakringer Lorenz Bayer Platz 15 mit dem kleinen Garten dahinter gibt es seit nunmehr 25 Jahren. Viele Stammkunden kommen hierher. „Porzellan war immer schon etwas Besonderes, daran hat sich mit der Zeit nichts geändert“, erklärt Baldia, die ohnehin nichts von Massenware hält. „Hier geht es um individuelle Wünsche, ob ein altes Familienerbstück restauriert werden soll, oder ob völlig neue Kreationen entstehen.“
Die Basisrezepturen der Porzellanmalerei sind bekannt – Baldias spezielle „Mischungen“ der Schmelzfarbpigmente mit Metalloxyd und Terpentin, auch Dicköl genannt, entstehen aus ihrem ganz persönlichen Erfahrungswert und sind „Betriebsgeheimnis“. „Ich male Aufglasur auf den dichten, weißen ‚Scherben‘,
oft in mehreren Schichten, die jeweils im Ofen gebrannt werden. Bei 820 Grad verbindet sich dann die ursprüngliche, farblose Glasur mit den Farben der Malerei. Deshalb ist ein guter Brennofen das Herzstück im Atelier.“ Anita Baldia arbeitet auch mit Edelmetallpräparaten, Poliergold, Glanzgold und Platin, die beispielsweise für Porzellan-Lüster, Ränder oder zum Staffieren verwendet werden. Dabei wird mit dem feinen Pinsel oder der Feder gemalt.
Reisen inspirieren
„Es muss auch Kreativpausen geben, damit man Themen entdecken kann, die einen bewegen.“ Was sie noch inspiriert? „Mein 5-jähriger Enkel Adrian, den ich am Nachmittag betreue. Er ist mein größter Schatz!“ Ans Aufhören denkt die Porzellanmalerin nicht, obwohl sie eigentlich schon in Pension ist. „Ich sehe mein Kunsthandwerk als kleinen Beitrag zur Erhaltung von Kulturgut“, erklärt Baldia. „Und das wird immer Freude machen!“
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