Graffiti: West-Bezirke sagen Schmierereien den Kampf an
Siegfried Lachner, seit neun Monaten Sicherheitskoordinator für Ottakring und Hernals, zieht Bilanz. Ein Interview über Batman, den teilweise aussichtslosen Kampf gegen Graffiti und ehemalige No-Go-Areas.
In Ihrem Büro hängen ein Poster mit Batman und Superman an der Wand. Sind Sie der neue Superheld für Ottakring und Hernals?
Naja, es sind halt gute Testimonials. Aber vom Superheld sind wir noch weit entfernt. Vor allem, wenn ich an meinen Anfang von neun Monaten denke.
Wieso das?
Der Anfang war schwierig, das hab ich mir nicht so vorgestellt. Da bin ich schon belächelt worden als Grätzelinspektor, auch von den Kollegen. Lob ist halt bei uns eine schwierige G'schicht. Aber seit drei Monaten macht auch ein Großteil der Kollegen mit und zieht mit mir an einem Strang.
Wie merkt man das?
Ich krieg viele Informationen, die Kollegen erkennen den Mehrwert meiner Funktion. Ich muss halt viel organisieren, muss alle Aufträge hinterfragen, die bei uns eintrudeln. Da erspart man den Kollegen dann aber auch mal den einen oder anderen Einsatz. Das fruchtet halt schon mittlerweile.
Was sind Ihre Hauptaufgaben?
Das meiste spielt sich im öffentlichen Raum ab: Lärm auf Spielplätzen, Gruppen von Jugendlichen oder Fremden, vor denen die Leute Angst haben. Obwohl man auch sagen muss: Wir haben keine "No-Go-Areas" im 16. und 17. Bezirk. Anfangs gab es Probleme im Lorerenz-Bayer-Park – oder "9er-Park", wies so schön heißt: Das hat sich so zugespitzt, dass sich 30 Leute gegen die Polizei gestellt haben. Gelöst haben wir das dann mit mehr Streifen, ich habe mit der Parkbetreuung gesprochen, die Stadt hat die Hecken dort geschnitten, um etwaige Verstecke auszuheben.
Ein umfangreiches Maßnahmen-Paket also...
Ja, immer dieselben Maßnahmen zeigen keine Wirkung – und alle nur einsperren, das bringt nichts. Aber das Wichtigste: Man muss verhandeln, sich aber auch durchsetzen können. Und das gilt beim Treffen mit der alten Frau, die sich wegen ihrer Nachbarn sorgen macht, genauso wie bei Gesprächen mit der Bezirksvorstehung.
Apropos: Wo muss man aktuell in den Bezirken anpacken?
Wir setzen gerade – ausgehend von Hernals – bei den Graffiti an. Man gewöhnt sich zwar schon fast an den Anblick, aber gewisse Sachen will ich nicht hinnehmen. Wir dokumentieren in einem ersten Schritt man jeden Tag von der Jörgerstraße bis zum Elterleinplatz. Dann nehmen wir Kontakt mit den Hausverwatungen auf. Teilweise lassen wir die Graffiti auch gleich entfernen, vor allem die "ACAB"-Schriftzüge, also "All cops are bastards".
Aber kämpft man da nicht gegen Windmühlen: Wenn man eines wegmacht, taucht am nächsten Tag gleich ein neues auf?
Man muss schon sagen: Wenn jemand aufpasst, wenn das Lokal etwa ein Geschäft ist, passiert da oft nichts. Und eine quasi nackte Hauswand beschmiert man dann doch nicht so einfach. Da kommt dann die "Broken-Window-Theorie" ins Spiel: Wenn Gegend herunterkommt, hat das Vorzeigeeffekt. Ist auf einer Wand ein Graffiti, ist die Hemmschwelle, noch eines daneben hinzusprayen, viel niedriger. Graffitis entfernen ist Graffiti-Prävention. Und da reden wir nicht von urbaner Kunst, sondern von Vandalismus.
Was kommt thematisch noch auf Sie zu in Ihren Grätzeln?
In Sachen Drogenbekämpfung gibt's ein Treffen mit den Standlern und der Marktaufsicht am Brunnenmarkt. Den Dealern das Leben dort so schwer zu machen wie in den Parks oder bei U-Bahn-Stationen, ist dort leider nicht so leicht. Man kann sich dort gut verstecken, kann auch Drogen dort gut verstecken – etwa in den Stromkästen. Das wird noch kniffelig, das in den Griff zu bekommen.
Zur Person:
Siegfried Lachner ist seit 23 Jahren bei der Polizei. Nach Stationen bei der Observation und als Kriminalsachbearbeiter ist er seit neun Monaten Sicherheitskoordinator für die Bezirke Ottakring und Hernals. Unterstützt wird er in seiner Tätigkeit von acht so genannten "Grätzelpolizisten", die als Bindeglied zwischen Polizei und Bevölkerung dienen – quasi "Polizei zum Angreifen". Lachner ist unter 01/313 10-24 207 bzw. siegfried.lachner@polizei.gv.at erreichbar.
Hintergrund:
Bericht: Grätzelpolizisten in Ottakring: Polizei zum Angreifen
Bericht:Startschuss für die Grätzelpolizisten in Hernals
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