Ein Reuttener im Himalaya
Nicolas Scheidtweiler gelang eine Erstbesteigung
Nicolas Scheidtweiler aus Reutte und sein Tourpartner Jost Kobusch aus Chamonix standen als erste Menschen am Gipfel des Purbung.
REUTTE/NEPAL. Zwei (vielleicht) offene Fragen muss man hier vorab klären: Wer ist Nicolas Scheidtweiler und was gilt es über den Purbung zu wissen?
Von Bremen nach Reutte
Fangen wir bei Nicolas Scheidtweiler an. "Ich bin ein Reuttener", sagt der 45-Jähriger auf eine Weise, bei der viel Begeisterung mitschwing. Aber ja, er ist gebürtiger Deutscher und lebte dort so lange, bis er seine "Zelte" in der alten Heimat abbrach und nach Reutte übersiedelte. Seit 1. Februaur 2021 ist Scheidtweiler jetzt im Außerfern und findet das "super".
Die Region kennt er schon deutlich länger: "Früher bin ich regelmäßig von Bremen hierher, in die Alpen gefahren", erzählt der Bergfan. Oft war der Garmischer Raum sein Ziel. Reutte und die umliegende Bergwelt lernte er auf seinen Fahrten ebenfalls kennen und fand gefallen. Jetzt ist er da.
Obwohl ein "frisch zuagroaster Tiroler" (Eigendefiniton, Anm.) galt sein Augenmerk fortan dennoch nicht so sehr der Bergwelt in der neuen Heimat, als vielmehr jener im fernen Himalaya.
Eine Erstbesteigung, das war das große Ziel. Im Internet und in einschlägigen Fachmagazinen kann man nachschlagen, welche Gipfel noch unbestiegen sind.
Der Purbung im Himalaya
Und hier wird die zweite Frage geklärt, jene nach dem Purbung.
Der Purbung in Nepal ist einer dieser Berge, auf denen bislang niemand stand. 6465 Meter ist sein Gipfel hoch. Hinauf wollten auf diesen schon vorher Menschen, zwei Expeditionen mit Teilnehmern aus Finnland bzw. Frankreich scheiterten allerdings.
Seit dem 30. November 2021 ist es aber vorbei, mit der "Jungfäulichkeit" des Gipfels. Nicolas Scheidtweiler und Jost Kobusch schafften in einem 14 Stunden dauernden Gipfeltour die Erstbesteigung.
Das Zusammenspiel zwischen den beiden Kletterern habe sehr gut funktioniert, erzählt der Reuttener. Kobusch ist der Vollprofi der beiden Kletterfreunde. Scheidtweiler ebenfalls sehr bergerfahren, dennoch war er froh, einen Spezialisten wie Kobusch an der Seite zu haben.
Besondere Herausforderungen
Im Vorfeld war wichtig, nichts dem Zufall zu überlassen. Akribisch wurde alles über Monate hinweg vorbereitet. Wirklich planen könne man eine Erstbesteigung aber nicht, denn: "Wenn man auf den Mount Everest geht, kennt man die Wege. Da waren schon 11.000 Menschen vor dir oben. Bei einer Erstbesteigung weiß du hingegen nie, was kommt", erzählt Scheidtweiler von den besonderen Herausforderungen, die eine solche Tour mit sich bringt.
In einem Online-Blog erzählt Scheidtweiler vor Tour. Von den Schwierigkeiten, die es zu bewältigen gab, von Ängsten, die er nicht verschweigt und von der Sorge, dass er und sein Partner vielleicht die dritte Expedition sein könnten, die es nicht schafft.
Aber sie haben es geschafft. Oben am Gipfel da haben sich die beiden Männer gegenseitig gratuliert, sie haben die "wahnsinnige Aussicht" genossen, und alles dokumentiert. Fotos wurden angefertigt - fürs "Familienalbum", aber auch um den Beweis zu erbringen, dass sie oben waren.
Fotos reichen dafür heute nicht mehr aus. Mittels GPS-Tracker wurde der Standort noch vom Gipfel aus an eine Meldestelle geschickt und dort dokumentiert.
Wenn in ca. sechs Monaten die nächste Fachpublikation mit den noch unbestiegenen Bergen dieser Welt erscheint, wird man unter "P" einen Berg nicht mehr finden, den Purbung.
Das nächste Ziel vor Augen
Nicolas Scheidtweiler wird zu diesem Zeitpunkt bereits mit den Vorbereitungen für die nächste große Tour beschäftigt sein. Es soll ein Berg werden, den kletterinteressierte Menschen kennen: Der Manaslu, achthöchster Berg der Erde, soll es werden. Ein 8000er der Sonderklasse, bei dem die Herzen vieler Extremkletterer höher schlagen. Weil sie in bestiegen haben, weil sie an ihm gescheitert sind, weil sie hinauf möchten. Nicolas Scheidtweiler ist einer jener, die hinauf möchten. Ob er sich später in die Liste der "Erfolgreichen" oder in jene der "Abgeworfenen" einreihen wird? Die Zukunft wird es zeigen.
Wenn Sie die Stunden des Gipfelsiegs am Purbung von Nicolas Scheidtweiler und Jost Kobusch nachlesen wollen: hier geht es zum Onlinebeitrag.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.