Kompromisslösung für die Südtiroler Siedlung
53 Prozent der Gesamtfläche werden unter Schutz gestellt, der Rest darf verändert werden.
REUTTE (rei). Man kann es fast nicht glauben: 2007 wurde durch das Denkmalamt ein Verfahren zur Unterschutzstellung der Südtiroler Siedlung in Reutte eingeleitet. Jetzt, elf Jahre später, dürfte es endgültig abgeschlossen sein. Falls nicht doch noch Einsprüche gegen das Urteil kommen. Damit rechnet man in Reutte allerdings nicht.
43 Siedlungen in Tirol
43 so gennante "Südtiroler Siedlungen" wurden in Tirol errichtet. Unterschiedlich groß, aber vom Aussehen her im Grunde alle sehr ähnlich. Viele dieser Wohnsiedlungen, die - wie der Name schon sagt - ursprünglich von Südtiorlern bewohnt wurden, wurden im Laufe der Jahre stark in ihrem Erscheinungsbild verändert.
Das rief den Denkmalschutz auf den Plan. Zwei Siedlungen präsentierten sich 2007 noch weitgehend in ihrem ursprünglichen Zustand, jene in Kematen und die in Reutte. Also wurde ein Antrag auf Unterschutzstellung gestellt.
Ein sehr langes Verfahren
Eine solche wäre aber mit massiven Einschränkungen für den Eigentümer, die Gemeinden, verbunden. 2011 kam der erste Bescheid. Dieser besagte, dass in Reutte die gesamte Südtiroler Siedlung schützenswert ist. "20.000 Quadratmeter Grundfläche mit vielen Häusern in direkter Zentrumsnähe", wie Bürgermeister Oberer kritisch anmerkte. Das wollte man nicht hinnehmen, als ging Reutte in Berufung.
Dann hieß es Geduld haben. 2015 wurde die Gemeinde informiert, dass der Einspruch nun bearbeitet wird. Eine Gutachterin wurde bestellt. Diese sah ebenfalls die gesamte Siedlung für schützenwert an. Die Gutachterin stellte sich jedoch als befangen heraus.
Gutachterin befangen
Reutte erhob gegen die Gutachterin Einspruch und bekam Recht. Die nächste Zeitverzögerung war vorprogrammiert - ein neuer Gutachter musste gefunden werden.
Ein Fachmann aus der Steiermark nahm sich der Sache an und der legte einen neuen Vorschlag auf den Tisch.
Dieser sieht innerhalb der Südtiroler Siedlung zwei Zonen vor. Die größere davon - sie inkludiert einen großen Teil der Häuser bzw. Grundflächen entlang der Südtiroler Straße - hat ihren ursprünglichen Dorfcharakter behalten. Sie soll im Außenbereich erhalten werden, wie sie derzeit ist. In der Zone zwei sind hingegen Änderungen möglich.
Am 18. April fand zu diesem Vorschlag eine Verhandlung statt. "Damit können wir leben", versicherte Bgm. Luis Oberer im Gemeinderat.
Noch ist das Urteil aber nicht rechtskräftig, Revisionen sind noch möglich, aber eher unwahrscheinlich, glaubt Oberer.
Das sieht auch Ernst Hornstein so. Als Obmann des Museumsvereins und Mitglied im Denkmalschutz-Ausschuss hätte er die komplette Unterschutzstellung nicht ungerne gehabt. Doch auch er kann mit der aktuellen Lösung gut leben. Dass von Seiten des Denkmalschutzes tatsächlich nochmals gegen die Regelung vorgegangen wird, glaubt er nicht.
Historisch bedeutend
Die lange Debatte hat aber den Blick für die historische Bedeutung der Südtiroler Siedlung in Reutte geschärft. Nun wird angedacht, eine der Wohnungen in ihren Urzustand zu versetzen. Alte Gegenstände aus der Anfangszeit werden bereits gesammelt. Sie sollen in einer originalgetreu nachgestellten Wohnung zu sehen sein und ein Gefühl dafür vermitteln, wie das Leben in der Siedlung war, kurz nachdem diese an die Mieter übergeben wurde.
"Ich hoffe, dass wir den Aktendeckel in dieser Angelgenheit dann endgültig schließen können", meinte Oberer abschließend.
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