Wilhelm Neundlinger – Das Schusterherz hat aufgehört zu schlagen

In der Werkstatt traf man Wilhelm Neundlinger fast bis zum Ende seines Lebens. Er reparierte dort fachkundig Schuhe. | Foto: Neundlinger
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ST. VEIT. "Es ruhn die fleißigen Vaterhände, die stets gesorgt für unser Wohl, die tätig waren bis ans Ende, nun ruht das Herz so liebevoll" – diesen Spruch haben die Angehörigen für die Parte von Wilhelm Neundlinger ausgewählt. Treffender könnte man das Leben des Schustermeisters in vier Zeilen nicht beschreiben. Neundlinger wurde 1926 als erstes von vier Kindern der Familie Karl und Theresia Neundlinger aus St. Johann geboren. Nach der Schule hat er zuerst in der elterlichen Landwirtschaft geholfen und dann bei seinem Onkel eine Lehre als Schuster begonnen. Als er Ende 1943 zum Arbeitsdienst einberufen wurde, musste er seine Gesellenprüfung vorziehen, um die Lehre frühzeitig abzuschließen.

Zum Arbeitsdienst einberufen

Anfang 1944 wurde er zur Waffen-SS einberufen, erkrankte aber an Gelenksrheumatismus und war erst Mitte des Jahres wieder „gehfähig“. Obwohl er dann einrücken musste, wurde er nach wenigen Monaten wegen seines Gesundheitszustandes wieder entlassen und musste stattdessen landwirtschaftlichen Hilfsdienst beim „Gasseder“ leisten. Gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder Franz hat er nach dem Krieg die eingehenden Schusteraufträge im elterlichen Schusterbetrieb erledigt. Im Jahr 1951 hat er schließlich die Meisterprüfung abgelegt und 1954 auf Bitte des Bürgermeisters von St. Veit begonnen hier als Schuster zu arbeiten. Ein Jahr später hat er das Haus St. Veit Nr. 38 (heute Bründlstraße 1 und Hagerstraße 12) gekauft und dort Werkstatt und Wohnung gebaut. Im Juni 1956 haben Wilhelm und Maria geheiratet, sind gemeinsam in dieses Haus gezogen und haben Jahr für Jahr immer wieder Teile des Hauses erneuert oder umgebaut.

Schwere Zeiten für "Dorfschuster"

Diese Zeit war für einen „Dorfschuster“ durch die Konkurrenz industriell gefertigter Schuhe sehr schwierig. "Zum wirtschaftlichen Überleben waren Zusatzeinkünfte wie eine kleine Landwirtschaft, Privatzimmervermietung und ab 1964 eine Versicherungsvertreter notwendig", erklärt Sohn Franz, der heute das Schuhgeschäft erfolgreich führt. Begonnen hat der Schuhhandel in einem ersten kleinen Verkaufsraum 1970. Diese vielen Tätigkeiten verursachten gesundheitliche Schwierigkeiten, so hatte Neundlinger ständig Magenprobleme. Im Jahr 1976 erkrankte er an Tuberkulose und verbrachte insgesamt sechs Monate im Krankenhaus und auf Reha. Während dieser Zeit stemmte die Familie gemeinsam die Last aller Arbeiten und sein ältester Sohn Wilhelm erledigte als Jugendlicher gemeinsam mit Opa Karl die anfallenden Schusterarbeiten.

Hofwirt-Haus als Grundstein

1983 gab es die Möglichkeit, das „Hofwirt-Haus“ am Ortsplatz (Schnopfhagenplatz 16) zu kaufen. Es war eine sehr schwierige Entscheidung, da Wilhelm 57 Jahre alt war, Sohn Franz als einzig möglicher Betriebsübernehmer damals erst 15 Jahre war und das Haus mehr als den doppelten Jahresumsatz kostete. Mit dem Zusammenhalt der ganzen Familie wurde der Kauf gewagt und damit der Grundstein für das Weiterbestehen des Schuhhauses gelegt.

Im Ehrenamt engagiert

1989 erfolgte die Betriebsübergabe an Sohn Franz. Befreit von vielen belastenden Tätigkeiten verbesserte sich Wilhelms Gesundheit wesentlich. Er arbeitete weiter – bis kurz vor seinem Tod – in seiner geliebten Werkstatt und unterstützte das Geschäft bei allen Entscheidungen und Baumaßnahmen mit Rat und Tat und hatte viel Freude an der Weiterentwicklung seiner Aufbauarbeit. Neben den vielen verschiedenen Berufen, die er teilweise gleichzeitig ausführte, hat er auch viele ehrenamtliche Tätigkeiten übernommen, wie Kommunion austeilen, Absammeln in der Kirche und er war auch Mitglied im Pfarrgemeinderat. Unter anderem war er auch bei der Wassergenossenschaft, der Raiffeisenbank, der Feuerwehr, der Grundverkehrskommission und später beim Seniorenbund in wesentlichen Funktionen tätig.

Reisen als Hobby

"Er hat es geliebt zu Reisen und die Welt zu sehen. Er und Maria sind immer wieder auf lange Reisen und kürzere Ausflüge gefahren und er hat stets gesagt: ,Fortfahrn muas ma solang ma nu kann.'", erinnert sich sein Sohn Franz. Neundlinger wurde am 6. November unter großer Anteilnahme beerdigt. Er hinterlässt seine Frau Maria und die drei Kinder Wilhelm (geb. 1959), Renate (geb. 1964) und Franz (geb. 1968).

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