Krimigeschichten
Von Spionen und Einbrechern in Rudolfsheim
Vor hundert Jahren sorgten Einbrecherbanden in Rudolfsheim für Aufsehen, erzählt Autor Gerhard Loibelsberger.
RUDOLFSHEIM-FÜNFHAUS. "Der tut nichts", denkt man, wenn man Gerhard Loibelsberger mit seinem Schweizer Sennenhund Heidi zum ersten Mal sieht. Und es stimmt – beim Hund. Beim Herrchen allerdings ist das nicht so sicher, der Autor hat eine mörderische Fantasie. Und das ist gut so – schließlich lebt er davon.
Eigentlich kommt Loibelsberger aus der Werbung. Als Texter und Konzeptionist begleitete er einst die Einführung von Ikea in Österreich und sein Slogan "Trag was bei" für den Kirchenbeitrag dürfte dem einen oder anderen noch geläufig sein. Mit 40 Jahren beschloss er dann: "Jetzt werde ich Schriftsteller!" Mit "Naschmarktmorde" schrieb er seinen Debüt-Roman. Von 30 Verlagen wurde dieser abgelehnt. Zehn Jahre hat es gedauert, bevor er im Gmeiner Verlag seine literarische Heimat fand. Rund 30.000 Mal verkauften sich die 2009 erschienenen "Naschmarktmorde" bisher und mittlerweile umfasst Loibelsbergers Werk sechs Romane, zwei Kurzgeschichtensammlungen und sogar eine Graphic Novel rund um den kaiserlich und königlichen (k.u.k.) Polizeiinspektor Joseph Maria Nechyba.
Die Bande aus dem 15. Bezirk
In seinem jüngsten Buch "Morphium, Mokka, Mördergeschichten" führt der Autor den Leser in 13 Kurzgeschichten durch das historische Wien. "Man kann meine Geschichten auch als historischen Reiseführer sehen. Vieles von dem, was ich beschreibe, ist auch heute noch zu sehen", weist er auf den Zweitnutzen seines Schaffens hin. In Rudolfsheim-Fünfhaus etwa haben im Jahre 1899 tatsächlich einige mysteriöse Einbrüche stattgefunden. Die Serien-Einbrüche begannen am 8. Dezember in einer Wohnung in der Märzstraße 106. Weitere folgten unter anderem am 12., 13., 14. und 15. Dezember. Damals schrieb die Arbeiter-Zeitung: „Die Diebe hausten wie in Feindesland; sie nahmen was sie sahen, und oft war ihre Beute sehr beträchtlich.“ Drei der besten k.u.k. Polizeiagenten wurden abgestellt, um diese Serie zu stoppen. Am 18. Dezember gingen ihnen drei Burschen ins Netz, die sich in verschiedenen Häusern herumtrieben und Wohnungen ausspionierten. In den folgenden Tagen verhafteten die Polizeiagenten gemeinsam mit den Polizisten des Kommissariats Schmelz weitere sieben Mitglieder der Bande. Das jüngste Mitglied, Leopoldine Hofbauer, war 15 Jahre alt. In Summe handelte es sich um 20 Einbrüche mit einer Schadenssumme von 2000 Gulden. Das sind heute circa 20.000 Euro.
Die Sprache, in der Loibelsberger schreibt, ist ein wenig gewöhnungsbedürftig. Was nicht wundert, bezieht sich der Autor dabei auf ein historisches Vorbild: "Ich wollte das Wienerische meiner Großmutter, das ich bis heute im Ohr habe, erhalten. Was nicht aufgeschrieben wird, verschwindet sonst irgendwann." Diese Gefahr besteht jetzt nicht mehr.
"Morphium, Mokka, Mördergeschichten", Gmeiner Verlag, 279 Seiten, 15 Euro.
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.