Aus für Grätzelwirt "Dingelstedt 3"
"Wir fühlen uns von der Regierung im Stich gelassen!"
Keine Hilfe aus den Corona-Fonds und das Warten auf das Kurzarbeits-Geld: Das "Dingelstedt 3" war in Rudolfsheims Gastro-Szene ein Erfolg. Doch jetzt steht es vor dem Aus.
RUDOLFSHEIM-FÜNFHAUS. Seit September 2018 hat – oder wohl eher hatte – das Grätzel um die Kirche Maria vom Siege einen neuen Wirt, hochgelobt auf den Gastroseiten der heimischen Medien von "Falstaff" bis zur "Presse". Die einhellige Meinung: Das hat gefehlt und es ist wirklich gut.
Doch jetzt kann nur noch ein Wunder helfen. Denn die Coronakrise bereitet dem Lokal, wie es scheint, ein jähes Ende. Das "Dingelstedt 3" ist finanziell am Ende und bekommt keine Unterstützung, weder aus dem Härtefallfonds noch aus dem Notfallfonds. Auf das Geld, das die Betreiber für die Kurzarbeit der Mitarbeiter vorgestreckt haben, warten sie noch immer. Das "Dingelstedt 3" ist wieder geöffnet, aber, wie Geschäftsführer Jakob Jensen sagt: "Nur damit wir auch alles getan haben, bevor wir Insolvenz anmelden müssen."
Dingelstedt 3: "Wir wollten eine Oase erschaffen"
Jakob Jensen, Andreas Döcler und Edi Peregi haben das Lokal 2018 aus Liebe zur Gastronomie eröffnet. "Wir sind alle drei mit der Gastronomiekultur in Wien aufgewachsen", erzählt Jensen. "Uns war klar, dass wir damit nie reich werden. Darum ist es uns nie gegangen, es sollte sich nur tragen. Wir wollten mit dem Projekt Dingelstedt 3 dem Grätzel und seinen Menschen eine Oase erschaffen." Elf Angestellte hatten sie. Alles, was sie investierten, kam aus eigener Tasche. Die "Oase" ist wohl Geschichte. "Die momentane Situation bricht uns das Genick", so Jensen.
Das Geschäft ist in den ersten eineinhalb Jahren besser als erwartet gelaufen. Also konnten 2019 auch ungeplante Ausgaben getätigt werden, ohne in größere Schwierigkeiten zu kommen. Der Schallschutz, Lüftungen, die Kühlung und Ähnliches mussten erneuert werden. Dass dies kurze Zeit später fatal enden würde, konnte damals niemand ahnen. Denn ohne positive Bilanzen aus dem Vorjahr gibt es kein Geld aus den Fonds der Regierung.
Wie dem "Dingelstedt 3" geht es vielen Gastronomiebetrieben. Positive Bilanzen sind hier selten, denn gerade in der Gastronomie muss ständig investiert werden. Der aktuelle Stand im "Dingelstedt 3": offene Löhne, weil das Geld für die Kurzarbeit noch nicht gekommen ist, seit Mitte März 24.000 Euro Fixkosten, die nicht bezahlt werden können, kein Umsatz, keine Unterstützung und ein täglicher Kampf durch den Bürokratie-Dschungel.
Das Corona-Aus: Offen ohne Hoffnung
Seit Montag hat das "Dingelstedt 3" wieder geöffnet, doch Freude kommt keine auf. "Wir haben kein Geld zum Einkaufen und die offenen Rechnungen stapeln sich", so Jensen. "Wenn keine klare Unterstützung kommt, wie es etwa im Epidemiegesetz vorgesehen war, wissen wir nicht, wie und wie lange wir noch überleben können." Doch das Epidemiegesetz wurde gekippt. Damit steht der Gastronomie kein Ersatz des Verdienstausfalls zu.
"Wir fühlen uns von unserer Regierung im Stich gelassen, weil man gar nichts bekommt und sie einen einfach dumm sterben lassen", so Jensen. Das "Dingelstedt 3" und viele andere Lokale erleben, wie es scheint, gerade ihre letzten Tage.
Zur Sache:
Maria vom Siege hat einen neuen Kirchenwirt
Alle Infos zum "Dingelstedt 3" finden Sie hier: www.dingelstedt3.at
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