Querdenker
Über die Ideologie hinaus
Muamer Bećirović ist JVP-Funktionär und "Busek-Buddy". Mit klassischer Parteipolitik hat er wenig am Hut.
RUDOLHSHEIM-FÜNFHAUS. Für das Forbes-Magazin zählt Muamer Bećirović zu den einflussreichsten Unter-30-Jährigen in Österreich. Als Stimme des Online-Magazins "Kopf um Krone" diskutiert der Politikwissenschaftsstudent mit verschiedenen Persönlichkeiten über Gott und die Welt.
Dass er bis März noch Obmann der JVP Rudolfsheim-Fünfhaus ist, hat für den Polit-Junkie darauf keinen Einfluss. "Im Gegensatz zu vielen anderen lege ich meine Weltanschauung offen. Ob das jemand kritisiert, ist mir ziemlich wurscht", sagt Bećirović.
Diese Ehrlichkeit ist bemerkenswert, in der Politik aber meist nicht gerne gesehen. Muamer Bećirović wird sowohl innerhalb als auch außerhalb der ÖVP skeptisch beäugt. "Ich bin kein Parteisoldat. Das kann ich nicht. Ich erlaube mir, auch über Ideologien hinaus zu denken", sagt er offen.
Im Moment liege sein Fokus auch weniger auf der Politik. Das schließe aber nicht aus, sich über politische Themen Gedanken zu machen.
Das bessere Argument
Im Jänner hat Bećirović gemeinsam mit dem ehemaligen Vizekanzler Erhard Busek das Buch "Ich erlebe das nicht mehr, aber Du!" veröffentlicht. Es ist die Zusammenfassung von einem Jahr regelmäßiger Diskussionen im Café Imperial. Die Themen Europa, Religion, Demokratie und Migration standen dabei im Mittelpunkt.
Trotz vieler Gemeinsamkeiten dauerte es ein Jahr, bis Muamer Bećirović von Busek das Du-Wort angeboten bekam – eine Umgangsform, die ihm bei Bundeskanzler Sebastian Kurz nie einfallen würde. "Ich kenne ihn nicht persönlich, aber ich finde, bei einem Kanzler gehört sich das nicht", erklärt der 23-Jährige.
Bećirović ist der Sohn bosnischer Kriegsflüchtlinge, hat in Fünfhaus zuerst ein christliches, dann ein muslimisches Gymnasium besucht und wohnt heute im 9. Bezirk.
Für ihn ist Politik mehr, als Entscheidungen zu treffen: "Man sollte Kenntnis davon haben, worüber man spricht, hinterfragen und analysieren. Vor allem sollte man das bessere Argument zählen lassen." Die politische Debatte in Österreich sei schlichtweg "seicht". Laut ihm werde "zu viel Ideologie betrieben". Er selbst bezeichnet sich in einer gewissen Weise als "getrieben". "Meine Mutter ist durch den Krieg gegangen und hat drei Kinder aufgezogen. Ich bin verpflichtet, daraus etwas zu machen", sagt der Buchautor. Auch Bücher von Kollegen verschlingt Muamer Bećirović: "Dafür geht ein beträchtlicher Teil meines Budgets drauf." Im Herbst soll der Bachelor in Politikwissenschaften abgehakt sein. Ein Geschichte-Studium ist schon geplant. Er ist sich sicher: "Die Zeiten werden politischer und es wird geistig fähige Menschen brauchen."
Dass seine politische Karriere im März enden wird, nimmt der Publizist zur Kenntnis: "Ich sehe ein, dass es kein Bedürfnis nach Leuten wie mich gibt, werde mich aber sicher zu melden wissen."
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