Von Idealmaßen, Papierhandtüchern und künstlerischer Autonomie

Daniela Gmachl ist kaufmännische Geschäftsführerin der Argekultur
5Bilder
  • Daniela Gmachl ist kaufmännische Geschäftsführerin der Argekultur
  • hochgeladen von Stefanie Schenker

Was hat Sie dazu bewogen, eine Gemeinwohlbilanz zu erstellen, den Erfolg der Argekultur nicht nach kapitalistischen Maßstäben, also nach dem Modell der Gewinnmaximierung, sondern nach ihrem Beitrag für Mensch und Umfeld zu bemessen?
DANIELA GMACHL: Selbstreflexion und Hinterfragen sind Teile der Argekultur. Da erschien es spannend, ein ganzheitliches Auge auf unser Umfeld zu werfen. Der im Kulturbereich verbreitete Ansatz der Gemeinnützigkeit – seit 2013 sind wir ja die Argekultur gemeinnützige GmbH – und der Umwegrentabilität ging mir nicht weit genug. Ich wollte wissen: Wie genau sieht unser Beitrag zum Gemeinwohl aus? Nun haben wir für unser Wirtschaftsjahr 2015 unsere erste Gemeinwohlbilanz erstellt. Das ist jetzt nichts Diffuses mehr, sondern konkret, nachvollziehbar, messbar.

Gemeinwohlorientiertes Wirtschaften bedeutet auch ganz bewusst auf teurere Produkte, Dienstleistungen zurückzugreifen, eben weil sie im Gegensatz zu Billiganbietern höherwertig sind. Die Argekultur erhält öffentliche Gelder – etwa 65 Prozent des 1,5-Millionen-Euro-Budgets kommen von Stadt und Land, das sind immerhin rund 900.000 Euro. Darf man da überhaupt so "großzügig" mit Geld umgehen?
DANIELA GMACHL: Gerade dann hat man eine Verantwortung dafür, wie und wofür man dieses Geld ausgibt. Wir müssen einerseits privatwirtschaftlich agieren, gleichzeitig wird von uns eine Vorbildwirkung erwartet. Deshalb: Ja, man darf auf höherwertige Produkte im Sinn des Gemeinwohls setzen, aber: Es muss sich natürlich wirtschaftlich auch rechnen. Wir müssen in der Gemeinwohlbilanz nicht überall 100 Punkte erreichen, es geht hier ja auch um Bewusstseinsbildung. Wir sind österreichweit der erste Kulturbetrieb mit einer Gemeinwohlbilanz – wir können hier ein Vorbild für andere sein.

Einen Betrieb von einem herkömmlichen gewinnorientierten Modus auf Gemeinwohl umzustellen, ist ein längerer Prozess. Was haben Sie dabei konkret verändert? Was ist nicht mehr so, wie es früher war?

DANIELA GMACHL: Wir fangen jetzt erst an einiges umzustellen. Den größten Nachholbedarf haben wir bei der ökologischen Nachhaltigkeit. Hier setzen wir uns jetzt erste Ziele.

Das bedeutet? Was wird sich verändern?
DANIELA GMACHL: Da geht es um das Thema Müllvermeidung. Wir wollen bei größeren Gastveranstaltungen jetzt wieder auf Pfandsysteme umsteigen. Wir schauen uns die Reinigungsmittel unserer Lieferanten genauer an. Wir selbst haben 40.000 Besucher pro Jahr, zusammen mit dem Beisl gehen 150.000 Menschen hier ein und aus. Da muss man sich auch Seifen- und Handtuchspender auf den Toiletten anschauen. Im Moment haben wir noch Papierhandtücher – die werden aber wegkommen. Jetzt schauen wir uns gerade den ökologischen Fußabdruck verschiedener Handtrockner an.

Wie sieht es bei der Einkommensspreizung aus – die ja auch ein wesentlicher Aspekt in der Gemeinwohlbilanz ist?

DANIELA GMACHL: Wir hatten immer schon ein transparentes Einkommensmodell, nur ist es noch nie so überprüft worden wie jetzt im Zuge des Gemeinwohlbilanz-Workshops. Weil wir Wert auf gerechte Entlohnung legen, wussten wir, dass wir hier gut liegen würden – nur, dass wir es sogar auf das "Idealmaß" von 1:2 schaffen würden, das wussten wir nicht. Das bedeutet: Bei uns verdient der Geschäftsführer, die Geschäftsführerin (Anmerkung: Die Argekultur hat neben der kaufmännischen Geschäftsführerin Daniela Gmachl auch einen künstlerischen Geschäftsführer – Markus Grüner-Musil) höchstens doppelt soviel wie der oder die Mitarbeiter/in mit dem geringsten Einkommen.

Geldbeschaffung und Fremdfinanzierung – auch Gemeinwohl-Themen für die Argekultur?

DANIELA GMACHL: Im Moment nicht. Wir sind aber dazu verpflichtet, die gesetzlich verankerte Mitarbeitervorsorge zu treffen – und da ist Gemeinwohl ein Thema. Das heißt, wir suchen uns aus den vorhandenen kapitalistischen Banken die aus unserer Gemeinwohl-Sicht bestmögliche aus.

Es gibt ein Crowdfunding-Projekt Gemeinwohl-Bank für Österreich.
DANIELA GMACHL: Ja, und als Privatperson möchte ich Anteile an diesem Projekt erwerben.

In welchen Punkten zeichnet sich die Argekultur in ihrer Gemeinwohl-Bilanz noch besonders aus?

DANIELA GMACHL: Unsere Mitarbeiter genießen ein hohes Maß an Selbstständigkeit mit flexibler Zeiteinteilung, wir sind zu 100 Prozent barrierefrei, unsere Frauenquote liegt bei fast 44 Prozent, durch die Beteiligung an der Initiative "Hunger auf Kunst und Kultur" ermöglichen wir einen sehr sozialen Zugang zu unseren Produkten. In manchen Bereichen muss man sich auch mit weniger zufrieden geben: Unser Strom-Lieferant ist die Salzburg AG, deren Bezugsquellen ich nicht im Detail kenne, die aber immer noch ein regionales Unternehmen ist, von dem wir Ökostrom beziehen. Unser Bier-Partner ist die Trumer-Brauerei, die übrigens gemeinsam mit uns den Gemeinwohlbilanz-Workshop absolviert hat.

Wo gibt es aus Ihrer Sicht Grenzen?

DANIELA GMACHL: Beim Thema Mobilität liegen wir sehr gut – einfach weil unser "Fuhrpark" aus nur zwei Diensträdern besteht. Natürlich könnte man sich auch noch anschauen, wie unsere Künstler anreisen. Einen Punkt, den wir nicht wollen, kann ich Ihnen auch nennen: Das ist die Mitbestimmung an unseren Produkten. Wir wollen ganz bewusst nicht, dass hier unsere Geldgeber oder unser Publikum bestimmt, was bei uns auf die Bühne kommt. Das ist ein Bereich, in dem wir künstlerische Autonomie leben.

Hier geht es zur Interview-ReiheChefinnen-Gespräch

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Anzeige
Foto: Stefan Schubert

Traumjob gefällig?
Wir suchen Physios mit Herz und Hirn für unser Team!

Ein inspirierendes Arbeitsumfeld? Check. Ein innovatives Arbeitsklima? Check. Spannende Fortbildungsmöglichkeiten? Check. Attraktive Benefits? Check. Viele nette Kolleginnen und Kollegen? Doppelcheck. Das Alpentherme Gastein Gesundheitszentrum liegt in der Mitte des Gasteinertals – genau gesagt im malerischen Bad Hofgastein. Wir arbeiten als private Krankenanstalt in Form eines selbständigen Ambulatoriums für Kur, Rehabilitation und Sportmedizin. Mit einem vielfältigen Therapie- und...

  • Salzburg
  • Pongau
  • Magazin RegionalMedien Salzburg

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Salzburg auf MeinBezirk.at/Salzburg

Neuigkeiten aus dem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

Newsletter abonnieren und wöchentlich lokale Infos bekommen

MeinBezirk auf Facebook: Salzburg.MeinBezirk.at

MeinBezirk auf Instagram: @salzburg.meinbezirk.at

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.