Fragwürdige US-Studie zur E-Zigarette: Kritik durch deutsche Forscher

Eine Studie aus den USA, die sich mit den Gesundheitsrisiken von E-Zigaretten befasst, sorgte in den vergangenen Monaten für großes Aufsehen. Angeblich würde der Konsum von E-Zigaretten das Risiko von schweren Lungenerkrankungen wie Asthma und Bronchitis erhöhen. Nachdem Professor David Abrams von der New York University zuerst alleine auf Fehler in der Studie hinwies und darauf keine Reaktion erhielt, erstellte der Professor zusammen mit 15 weiteren Wissenschaftlern einen offenen Brief. Hierauf wurde die Studie auch offiziell vom Herausgeber zurückgezogen. Weitere harsche Kritik an der Studie kommt nun auch noch einmal von deutschen Forschern. Die Wissenschaftler halten die Studienergebnisse ihrer amerikanischen Kollegen sogar für falsch und irreführend, da die Studie verschiedene methodische Fehler aufweist und wesentliche Fakten außer Acht lässt.

US-Forschung sorgte für unangenehme Schlagzeilen auf dem E-Zigaretten Markt

Am 16. Dezember 2019 erschien die amerikanische Studie im "American Journal of Preventive Medicine". Die Ergebnisse im US-Fachmagazin sorgten auch in Deutschland für große Schlagzeilen. Schließlich sollte der alleinige Konsum von E-Zigaretten das Risiko von Lungenerkrankungen wie COPD um etwa ein Drittel erhöhen.
Für die Studie befragten die US-amerikanischen Wissenschaftler über einen Zeitraum von mehreren Jahren mehr als eintausend Personen. Unter den Befragten befanden sich Tabakraucher, E-Zigaretten Dampfer, Ex-Raucher und Nichtraucher. Das erste Problem, welches die Forscher um Professor Abrams an der Studie kritisierten: Die meisten Probanden rauchten zumindest zu einem früheren Zeitraum Tabak, waren somit Größtenteils vorbelastet.

Scharfe Kritik aus Deutschland an der Studie

Für die deutschen Experten liegt der Schluss nahe, dass die genannten Krankheiten bei den Probanten auf den früheren Konsum von Tabak zurückzuführen sind. Sie sehen in der Studie und in der zugrundeliegenden Methodik ihrer Kollegen gravierende Mängel. Die deutschen Forscher argumentieren demnach, dass sich chronische Lungenerkrankungen über einen Zeitraum von vielen Jahren oder sogar Jahrzehnten entwickeln.
Doktor Ute Mons, die als Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg tätig ist, weist zudem darauf hin, dass der Diagnosezeitpunkt dieser Erkrankungen meist nicht mit dem wirklichen Krankheitsbeginn übereinstimmen würde. Manchmal vergingen sogar Jahre, so Mons, "bis die bestehende Erkrankung auch tatsächlich diagnostiziert wird". Es sei daher sehr wahrscheinlich, dass die Erkrankungen, die im Verlauf des Studienzeitraumes diagnostiziert wurden, schon vor Beginn der Untersuchung existiert hätten. Möglicherweise hätte es die Lungenkrankheiten schon gegeben, bevor die E-Zigaretten auf den Markt gelangten. Daher bemängelt Mons, nach intensiver Beschäftigung mit den Studienergebnissen, die zeitliche Zuordnung der Studie als "höchst fragwürdig".

Tabakkonsum verursacht gesundheitliche Probleme

Die Studie lege außerdem nahe, dass der Umstieg auf die E-Zigarette vor allem von Personen vollzogen wird, die bereits über Lungenprobleme klagten. Oft ginge diesem Umstieg sogar eine ärztliche Empfehlung voraus, sagt Mons. In Wirklichkeit ließe sich der Zusammenhang von E-Zigaretten und Lungenerkrankungen, den die amerikanische Studie belegen möchte, anders erklären.
Schließlich sei der "E-Zigaretten-Konsum die Folge bereits bestehender Lungenprobleme", sagt Mons. Leider habe die Studie der amerikanischen Kollegen diesen Zusammenhang lediglich sehr unvollständig berücksichtigt. Daher weist die deutsche Forscherin darauf hin, dass der angebliche Effekt von E-Zigaretten auf Lungenerkrankungen überschätzt worden wäre. Er sei zumindest teilweise auf das frühere Rauchverhalten der jetzigen E-Zigaretten-Nutzer zurückzuführen.

Schaden für die Wissenschaft durch methodische Fehler

Ute Mons kritisiert zudem, dass die wissenschaftlichen Standards für die US-Studie nicht eingehalten wurden. Dennoch sorgte die Studie, auch in deutschen Medien, für viele Schlagzeilen.
Die Krebsexpertin moniert diesen Umgang der Medien und vermisst eine kritische Auseinandersetzung mit der Studie. Schließlich handele es sich um eine sensible Thematik, die außerdem erheblichen Einfluss auf die Gesundheit von Millionen Menschen habe. Letztlich schade die Studie sogar der Glaubwürdigkeit, die für die Gesundheitswissenschaften sehr wichtig sei.
Ähnlicher Ansicht ist Daniel Kotz, der als Professor für Suchtforschung und klinische Epidemiologie am Institut für Allgemeinmedizin des Uniklinikums Düsseldorf wirkt. Er sieht, wie zuvor auch Doktor Mons angemerkt hatte, "gravierende methodische Mängel" in der veröffentlichten Studie. Kotz ist sich sicher, dass der vermeintliche Zusammenhang zwischen E-Zigaretten-Konsum und Lungenerkrankungen wie COPD, Bronchitis oder Emphysem falsch sei.
Dabei verweist der Experte gleichfalls auf die zu kurze Studiendauer und den Fakt, dass viele Probanden ehemalige oder aktuelle Tabakkonsumenten seien. Tatsächlich würden Betroffene aufgrund ihrer Lungenprobleme auf die E-Zigarette umsteigen, um das Rauchen von Tabak zu reduzieren oder um diesen Konsum komplett zu beenden. Für Kotz besteht daher "ein umgekehrt kausaler Zusammenhang".

Empfehlung vom Suchtexperten zu E-Zigaretten

Daniel Kotz rät Rauchern die auf den E-Zigaretten Konsum umsteigen möchten, sich durch die irreführenden Resultate der US-Studie nicht verunsichern zu lassen. Die entsprechenden Schlagzeilen und Berichte, die der Untersuchung folgten, hält der Experte sogar für ein Beispiel von unreflektierten Journalismus. Schließlich, so Kotz, seien E-Zigaretten "nach wie vor wesentlich weniger schädlich als Tabak".

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