Was Frauen wollen
“Kein Mann macht dich so glücklich wie ein Shop.”
(“Shopaholic -- Die Schnäppchenjägerin“ / Sophie Kinsela)
Hoffentlich gehören Sie nicht auch zu jenen Frauen, die zu Beginn jeder neuen Saison beim Anblick der laufend ins Haus flatternden Mode-Kataloge vor lauter Aufregung zu hyperventilieren beginnen… ;-)
Denn kluge Frauen bestellen nicht online ihre Herbst-/Wintergarderobe, eingelullt von retuschierten Bildern und völlig unrealistischen Erwartungen.
Kluge Frauen wissen nämlich, dass keine Hose der anderen gleicht und eine Größenbezeichnung von 36, 38 etc. (auf der nach oben offenen Frust-Skala) noch lange nichts darüber aussagt, ob Frau sich -- salopp ausgedrückt -- ins das Objekt ihrer Begierde auch hineinschrauben kann.
Kluge Frauen nehmen deshalb all ihren Mut zusammen und stellen sich der Realität. Sie betreten voller Todesverachtung eine mit grellem Neonlicht ausgeleuchtete Umkleidekabine, bewaffnet mit einem Dutzend Leder-Leggings (die sahen an den Schaufensterfiguren doch so heiß aus). Doch der Blick ins Spiegelkabinett des Grauens, sprich die von Orangenhaut und dem “morgen-ja-morgen-fang-ich-ein-neues-Leben-an”-Vorsatz gebeutelten Oberschenkel, die einem da von allen Seiten höhnisch entgegengrinsen, ist, ich sag’s wie es ist, wirklich nur für äußerst gefestigte Charaktere zu empfehlen.
Auch bei mir sind es Momente wie diese, an denen sich Verzweiflung und Realität nie näher waren. Denn in Momenten wie diesen, in denen du dieses für die Durchschnittsfrau eh schon mit Stretch-Zwickeln kompatibel gestaltete Stück Leder nicht mal unter Aufbietung deiner größten Anstrengungen bis zur Hüfte hochziehen kannst - ja, in Momenten wie diesen wird dir klar, dass du in diesem Leben möglicherweise noch viele Dinge erleben und erreichen wirst -- doch eine Sache kannst du ab sofort von deiner Wunsch-Liste streichen. Nämlich die Hoffnung, jemals dies gute Stück tragen zu können (außer am Arm zur Kassa, aber wer will das schon… ;-) )
Doch ist das wirklich der einzige Grund, weshalb wir Saison für Saison erwartungsvoll Tonnen von Kleidungsstücken bei Versandhäusern bestellen, die wir dann in sperrigen, kaum zu transportierenden Kartons vom Postamt nach Hause schleppen (wobei Spätfolgen an unseren Bandscheiben nicht auszuschließen sind)? Lieben wir diese trügerische Hoffnung, vielleicht doch ein wenig wie all die Models im Online-Shop auszusehen so sehr, dass wir uns selbst belügen? Denken wir nur an die Strapazen eines schweißtreibenden Anprobe-Marathons vor dem kleinen Spiegel im Schlafzimmer, bei dem die Nylonverpackungen (in wildem Chaos auf dem Bett verteilt, denn der Adrenalinpegel ist hoch) wegen der aufgedruckten Artikelnummern nur ja nicht (!) vertauscht werden dürfen. Und erst die Schmach, wenn wir am Tag darauf dieselben als Retoursendung (vorzugsweise mit den Begründungen “zu klein”, “Material gefällt
nicht” oder der von mir besonders bevorzugten Variante “andere Passformmängel”) reumütig und frustriert dem hämisch grinsenden Postbeamten mit hervor gezischtem „unfrei retour an den Absender“ auf den Schaltertisch knallen?
Ich werde versuchen, dieses halbjährlich wiederkehrende Mysterium in
folgender kleiner Anekdote zu lüften:
Bereits beim Öffnen meines Briefkastens hatte ich dieses unbestimmte Gefühl, dass schon bald nichts mehr so sein würde wie zuvor.
Und ich hatte Recht. Ich sah bereits ihre breiten, in aufreizend durchsichtige Folie verpackte Rücken mit diesen heißen Nummern drauf. Die ersten Herbst-/Winter-Modekataloge waren in mein Heim geflattert. Franz, Maier, M&M und der smarte Franzose Le Récroute hatten mir ihre Aufwartung gemacht. Endlich in meiner Wohnung angekommen riss ich ihnen die Verpackung vom Leib, sog den männlichen Duft ihrer Druckerschwärze ein und nestelte mich mit bebenden Händen Seite um Seite voran. Ich benahm mich wie eine Süchtige, die bereits seit Wochen unter schlimmen Entzugserscheinungen litt und nun durch das bloße Ansehen all der bunten Bilder Befriedigung fand.
Schnell bewaffnete ich mich mit einem A4-Ringblock und machte mich an die Arbeit, füllte seitenlange Listen mit jenen Modellen, die meine unbestritten vorhandenen Vorzüge besonders hervorheben und die Männerwelt betören sollten. Meist schaffte ich es innerhalb eines Zeitraumes von einer Woche intensivster Kleinarbeit, die Gesamtkaufsumme von EUR 1.000,-- auf lächerliche EUR 500,-- zusammenzustreichen und es bedurfte dann nur noch einiger weniger Tage vollster Konzentration, um zu einer Summe vorzudringen, bei der ich nicht zum Sozialfall werden würde… Und endlich war er da, jener Moment, in dem ich all diese wunderschön anzusehenden Kleidungsstücke in meinen imaginären Warenkorb packen durfte. Diese hoffnungsvolle Vorfreude auf ein
Paket voller Kleidungsstücke, die aus mir jene Wahnsinnsfrau machen sollten, die mir schon im Internet-Shop verschwörerisch zugezwinkert hatte. Dieses freudvolle Kribbeln im Bauch, wann denn nun endlich der fröhlich gelbe Hinterlegungszettel im Postkasten liegen und mir dies Paket, dies Geschenk der Götter, ankündigen würde.
Und schließlich war es so weit. Das tagelange Warten, all die schlaflos durchwachten Nächte waren belohnt worden. Bereits beim Öffnen meines Briefkastens hatte ich dieses unbestimmte Gefühl, dass schon bald nichts mehr so sein würde wie früher… :-)
Und hier noch ein Lied an alle Vollblutweiber unter Ihnen -- gesungen von einem Vollblutweib! :-)
Textfoto: © Gabriele Kolup
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Noch mehr Lesestoff gibt's hier: http://www.gesundheit.co.at/
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