Simmeringer Glaubenskirche:
Dritter Gottesdienst für Menschen mit Demenz
Ein Gottesdienst gerade auch für Menschen mit Demenz läuft etwas anders ab als die üblichen Gottesdienste – ein wenig langsamer, ein wenig kürzer. Und trotzdem ist er höchst intensiv – für alle Besucherinnen und Besucher, nicht nur für jene mit Demenz.
„Es ist ein Gottesdienst mit allen Sinnen, mit unseren Ohren, Augen, Nasen“, so Katharina Schoene, die diesmal gemeinsam mit Pfarrerin Anna Kampl den Gottesdienst leitet. Da werden Liedtexte mit Gesten unterstützt, Blumenzwiebel gepflanzt, das „Vater unser“ gebetet. Spürbar weckt dieses Gebet Erinnerungen, wird mitgebetet. Ebenso, wie plötzlich mitgesungen wird, als das Lied „Im Prater blüh’n wieder die Bäume“ des Komponisten Robert Stolz erklingt, das vielen der Besucherinnen und Besucher aus den Wohngemeinschaften des Diakoniewerks und des Pflegeheims Simmering, die extra zum Gottesdienst gekommen sind, offenbar aus jüngeren Jahren höchst vertraut ist. Eine Klangschale unterstützt das Fokussieren auf eine persönliche Fürbitte.
Flüchtlinge als persönliche Betreuer
„Gottes Reich ist in jeder Begegnung, jedem Lächeln, jedem Blick“, predigt Diakonin Schoene, während Pfarrerin Anna Kampl direkt von Besucherin zu Besucher aus den beiden Pflegeeinrichtungen pendelt und Geborgenheit und Vertrautheit zu vermitteln versucht. Flüchtlinge, die in der Glaubenskirche eine Heimat gefunden haben, stehen als Betreuer bereit, helfen auf dem Weg in die Glaubenskirche ebenso wie sie die Menschen aus den beiden Pflegeeinrichtungen nach dem Gottesdienst beim gemeinsamen Kirchenkaffee mit Getränken und Kuchen versorgen.
„Menschen mit Demenz sind mehr als ihre Krankheit“
Schoene ist Spezialistin für Demenz, seit 2012 klinische Seelsorgerin in der Evangelischen Krankenhausseelsorge, seit 2019 Psychotherapeutin in Ausbildung unter Supervision in eigener Praxis in Hietzing. „Menschen mit Demenz sind mehr als ihre Krankheit“, betonte sie kürzlich im Rahmen eines Vortrags bei der Österreichischen Gesellschaft vom Goldenen Kreuze. „Sie haben die gleichen Erinnerungen, Emotionen und Bedürfnisse wie vorher. Sie erleben schöne Momente und genießen das Leben. Aber sie haben nicht mehr die Instrumente, problemlos in unsere Welt und in Interaktion mit uns zu treten.“ Und die im demenzgerechten Gottesdienst eingesetzten Blumenzwiebel werden die mit und in der Glaubenskirche verbundenen Menschen weiter begleiten.
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