Niemand ist eine Insel
Am Tag zwei nach dem schlimmsten Erdbeben in der Geschichte Japans und der daraus resultierenden zehn Meter hohen Flutwelle, waren heute die Blicke der ganzen Welt auf den Inselstaat gerichtet. Mehr als 156 Nachbeben haben seit gestern das Land erschüttert, über 10.000 Menschen werden vermisst, mehr als 200.000 Japaner haben ihre Häuser und Wohnungen verloren. Als Folge waren auch die Kühlsysteme eines Atomreaktors in Fukushima, das 250 Kilometer nordöstlich von der Millionenstadt Tokio liegt, ausgefallen. Gegen acht Uhr unserer Zeit kam es schließlich zu einer Explosion, wobei Dach und Mauern des Reaktorgebäudes 1 zerstört wurden. Die Kernschmelze im Reaktor soll bereits begonnen haben.
Genauso wenig wie das Ausmaß von Tod und Zerstörung abzuschätzen ist, genauso wenig können wir, die wir abends 9.000 km Luftlinie vom Unglücksort entfernt vor unseren Fernsehern sitzen jene Bilder, die uns geboten werden, mit unserem Verstand erfassen. So viel Angst und Ungewissheit. So viel Leid und Verwüstung. Japan ist einer der hochentwickeltsten Staaten der zivilen Atomtechnik. Doch diese Katastrophe zeigt wieder, dass Atomkraftwerke, ja dass die Natur letztendlich nicht bezwingbar ist. Wir wiegen uns in falscher Sicherheit und sind doch selbst umzingelt von zahlreichen Reaktoren. Wir leben den Tag, als gäbe es kein Morgen. Scheren uns einen Dreck um die Folgen, die unser gewissenloses Verhalten schon im Kleinsten anrichtet. Selbst wissenschaftlich fundierte Berichte über den Klimawandel, die Horrorszenarien von Naturkatastrophen, Wassermangel, Seuchen, Energieknappheit und Klimaflüchtlingen zeichnen, leiten kein Umdenken ein. Diesmal können wir uns noch mit dem scheinbar beruhigenden Gefühl schlafen legen, dass es uns zum Glück nicht betrifft – doch niemand ist eine Insel und schon morgen kann das Schicksal an unsere Türe klopfen…
(Foto und Text: © Gabriele Kolup)
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