American Football
40 Jahre Vikings und die Anfänge des Football in Österreich
Bereits 1983 sind die Vienna Vikings gegründet worden und damit einer der am längsten existierenden Vereine in Europa. Eine Football-Geschichte.
WIEN/SIMMERING. Ein junger Mann öffnet das erste deutschsprachige "Penthouse"-Männermagazin und sieht darin eine Fotostrecke der Munich Cowboys. Kurz darauf liest er einen Bericht über den US-amerikanischen Quarterback Joe Namath. Schon ist das Interesse an Football bei Thomas Aichmair, der später Defensive Tackle und der erste Präsident der Vienna Vikings werden sollte, geweckt.
Seitdem sind die Vikings 15-facher österreichischer Meister und gewannen fünf Mal den Europapokalwettbewerb Eurobowl sowie die European League of Football (ELF) 2022. Doch alles begann noch vor der Gründung der Vikings. Wir schreiben das Jahr 1978. Geschichtlich gesehen ist es ein eher ruhiges Jahr. Sportlich ist 1978 wohl vielen als das Jahr in Erinnerung, das den Edi „narrisch“ machte und Österreich die Legende des Wunders von Córdoba schenkte.
In demselben Jahr wurde auch der Grundstein des American Football in Österreich gelegt, als ein paar Fanatiker den "First Vienna American Football Club" am 25. Juni 1978 bei der Wiener Stadtverwaltung eintragen. Mit dabei ist auch Aichmair.
Ein Video der ersten Gehversuche der Ramblocks (in Rot) gegen die Munich Cowboys am 27. Juli 1980 in München:
Eigentlich sollte das Team "Vienna Rams" heißen, aber der Wiener Beamte verweigert die Eintragung, weil er nicht aus der deutschen Sprache stammt. Nach langem Diskurs einigt man sich auf einen Kompromiss und so sind die Vienna Ramblocks der erste eingetragene American Football Verein in Österreich.
Europaturnier in Castel Giorgio
Grundstein für die Vikings war der Wunsch nach einer Football-Liga des Football-verrückten italienischen Bürgermeisters, der sich im Städtchen Castel Giorgio in Umbrien das Fußballfeld zu einem Footballfeld umbauen ließ. Das einzige Problem: Das nächste Team sind die 120 Kilometer entfernten "I Lupi di Roma". Also musste man kreativ werden und es entstand 1983 die erste offizielle Europameisterschaft, die dort stattfand. Beteiligt waren Italien, Deutschland, Finnland, Frankreich und Österreich.
"Die Nationalmannschaft wurde aus dem Boden gestampft. Man schaute, wer Zeit und 2.000 Schilling hat, um in diesen zwei Wochen nach Italien zu fahren", erklärt Aichmair. Mit dabei also auch einige Spieler der Vienna Ramblocks. Diese trafen gleich im Eröffnungsspiel auf die wesentlich erfahreneren Italiener. "Die haben uns betoniert", kommentiert Aichmair das Spielergebnis von 0:72.
Als Ergebnis des Europaturniers tritt Aichmair als Präsident der Ramblocks zurück. Ganz konnte er es dann doch nicht lassen mit dem Football, also gründet er nur ein paar Monate später gemeinsam mit dem Teamkollegen Thomas "Tommy" Bundschuh einen neuen Verein. Unter der Voraussetzung ausschließlich absolute Neuanfänger als Spieler aufzunehmen ist sie da - die Geburtsstunde der Vienna Vikings 1983.
"Gatschlacht" gegen Salzburg
"Wenn du heute den jungen Spielern und Spielerinnen erzählst, wie wir damals trainiert haben, sagen sie ´Opa, in welchem Jahrhundert war das?´", schmunzelt Aichmair über die anfänglichen Trainingseinheiten, ohne Geräte oder Ausrüstung. Dafür musste jede Wiese Wiens als Spielfeld herhalten; das Auto war die mobile Garderobe, in der die Taschen untergebracht wurden. Die Ausrüstung wurde aus dem besser aufgestelltem Deutschland über die Grenze geschmuggelt.
Trotz des motivierten Trainings wird das erste Spiel der 2. Bundesliga gegen Salzburg, die damaligen österreichischen Meister, eine fatale Niederlage. Dieses Spiel darf man sich jedoch nicht wie die heutigen in einem ausbelichteten, modernen Stadion ausmalen. Bei einer "Gatschlacht" im Regen wurde eine Wiese zum Spielfeld, auf der eine Woche vorher noch ein Jahrmarkt war. Das Ergebnis war dann 0:50.
Die Vikings ließen sich nicht entmutigen, sondern starteten schon beim dritten Spiel der zweiten Liga einen Siegeszug mit einer "perfect season". Dieser hielt bis zum Finale der nächsten Saison in der ersten Liga am 28. Juni 1986 gegen Graz an. Mit 12:36 mussten sie sich dort geschlagen geben. Doch spätestens ab diesem Zeitpunkt wurde klar, was die Vienna Vikings draufhaben.
"Die Vikings aus Simmering"
Seit ihren Anfängen vor 40 Jahren haben sich die Vikings bis heute kontinuierlich weiterentwickelt. "Österreich ist führende Football Nation Europas geworden", erklärt Aichmair. Zumindest konnten sie ihr Können beim Sieg der European Football League 2022 beweisen. Trotzdem gilt American Football in der Alpenrepublik zwischen Wintersport und "Das Runde muss ins Eckige" (Joseph Herberger) nach wie vor als Underdog.
"Wir sind die Vikings aus Simmering. Wir sind nicht Real Madrid oder Inter Mailand", bringt der aktuelle Präsident des Vereins, Karl Wurm, den Umstand auf den Punkt. Dennoch lässt sich der Erfolg zeigen. Aushängeschild ist Bernhard Raimann. "Der war bei uns fünf Jahre in der Akademie. Jetzt spielt er für die Indianapolis Colts in der NFL (der US-amerikanischen Profiliga)", erklärt Wurm.
Die nächsten 40 Jahre
Über 60 Coaches und fast 700 Mitglieder arbeiten an der lila-goldenen Zukunft. Das nächste große Ziel: eine eigene Football-Arena. Mit Platz für rund 4.500 Zuschauer und Zuschauerinnen und einer Überdachung, soll das Footballzentrum in der Ravelinstraße ausgebaut werden.
"Die Zukunft für Football und Cheerleading sehe ich durchaus positiv", erklärt Wurm. Dass das Zentrum in Simmering bleibt, wird auch von Stadtrat Peter Hacker (SPÖ) unterstützt. Wurm rechnet mit einer Finanzierung von rund vier Millionen Euro. Hierfür wird es aber noch einige Gespräche mit der Stadt und dem Bezirk bis zur Umsetzung brauchen.
Die Zahlen zeigen, dass sich der Ballsport aus "Overseas" an immer mehr Beliebtheit erfreut. Auf "ORF Sport+" verfolgten das letzte Finale der Austrian Bowl (Danube Dragons gegen Vienna Vikings) rund 8.000 Zuseher und Zuseherinnen. Beim Semifinale der ELF in der Generali Arena waren immerhin über 10.000 Personen im Stadion. Im Football am meisten begeisterten europäischen Land, Deutschland, waren sogar rund 31.000 Fans im Duisburger Stadion, um das Finale der ELF hautnah zu erleben.
Pionierinnen des Frauenfootballs
Die Zukunft wird auch weiblich sein. Seit 20 Jahren sind die Vikings Ladies ungeschlagen und aktuell auf dem Weg den Titel ein 21. Mal zu verteidigen. Obwohl es die Damenfraktion bei den Vikings schon seit 1995 gibt, entwickelt sich der Kontaktsport für Frauen erst langsam dahin, in Österreich ernst genommen zu werden. Wild, brutal, körperlich anspruchsvoll, männlich: (Tackle-)Football-Klischees gibt es nahezu so viele wie Teams in der NFL.
Um diese zu brechen, braucht es Personen, die sich dafür einsetzen, den Frauensport zu fördern. Mit dabei ist der Cheftrainer der Vikings Ladies, Cameron Frickey. 1998 kam er als Spieler aus den USA nach Wien. Er erinnert sich, wie die Frauenmannschaft, die es seit 1995 gibt, verhöhnt wurde: "Die Leute sind ins Stadium gekommen, nur um zu lachen". "Wir wollen in den nächsten zwei Jahren wieder zu einer Europameisterschaft oder Weltmeisterschaft fahren", erklärt Wurm die Ambitionen für den Frauenfootball.
Vamily Day
Unter dem Motto „It’s Showtime“ werden die Vikings am 14. Oktober ihr 40-jähriges Jubiläum feiern. Geplant ist eine ganztägige Leistungsschau, wo alle Sektionen beweisen wollen, was es heißt, ein Viking zu sein. Zu sehen sind auch drei Nachwuchsspiele und ein Auftritt der Cheer- und Dance-Sektionen, die seit Kurzem auch offiziell als Sportart anerkannt wurden.
Der „Vikings Vamily Day“ startet um 9 Uhr im Footballzentrum Ravelin und bietet mit musikalischen Live-Acts und Mitmachstationen Unterhaltung für Groß und Klein. Begleitet wird das Spektakel mit Food und Beverage – wie kann es anders sein – im amerikanischen Stil.
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