"Es ist, als ob das Holz zum Leben erwacht"

"Ich hatte immer schon Ambitionen, im künstlerischen Bereich tätig zu sein und würde sagen, dass ich handwerklich nicht gerade ungeschickt bin", erzählt der 56-jährige Gerhard Hartlieb lachend und spricht damit seine Vielseitigkeit im künstlerischen Bereich an. Ob Schnitzen, Malen mit Acry und Pastell, Zeichnen mit Kreide oder Airbrush, er hat sich nicht auf einen Bereich fokussiert und will sich immer wieder neuen "Herausforderungen" stellen.

Neues Terrain
Nicht zuletzt deshalb hat er sich vor zirka drei Jahren auf neues Terrain begeben und sich dem Bogenbau gewidmet. "Nach meiner Herzoperation habe ich mit dem Bogenbau angefangen - es ist eine sehr interessante Sache und weit tiefgründiger und weitläufiger als viele wahrscheinlich annehmen", berichtet Hartlieb.

Rolls-Royce unter Hölzern
"Jeder Bogen sowie seine Leistung ist anders und hängt vom Holz ab", so Hartlieb. Während sich auch Holzarten wie die Haselnuss, die Ulme oder verschiedene Obstbäume zur Herstellung von Bögen eignen, ist die Eibe der Rolls-Royce unter dem Bogenbau, zumindest in Europa. "Die Eibe besitzt zwei Komponenten: Einerseits ist es das weiche Splintholz, das den Bogen elastisch macht, andererseits ist es das rote Kernholz, das für den Druck bzw. die Energie zuständig ist - ein Holz, das beide Komponenten besitzt, ist etwas Besonderes", erklärt der 56-jährige Raumausstatter.

Vom Groben zum Feinen
"Das Faszinierende am Bogenbau ist es, etwas Grobes in kleinen Schritt zum Finish zu bekommen", sagt Hartlieb. "Es ist, als ob das tote Holz durch die vielen Schritte wieder zum Leben erwacht - die Schönheit und Individualität eines Bogens fasziniert mich enorm." Während die meisten herkömmlichen Bögen aus Glaslaminat hergestellt werden, verwendet Hartlieb lediglich Holz, was Naturbögen so besonders machen.

Geduld ist gefragt
Besonders ist auch der lange Weg der Herstellung: Nachdem das Holz, das für einen Bogen ab einer Stärke von sechs Zentimetern verwendet wird, gespalten wurde, beginnt die Trockenphase. Danach kommt der Tiller zum Einsatz. "Durch diesen wird die Form bestimmt, indem man den Bogen sozusagen dressiert."

Zur Sache

Der Herstellungs- bzw. Einstellungsprozess beim Bogenbau wird Tiller genannt. Das Tillern geschieht durch Abtragen der Wurfarmmasse solange, bis beide Wurfarme sich in geeigneter Weise biegen.

Der Tiller wurde eingeführt, um ein Ungleichgewicht im Auszug zu korrigieren.