"Wir sind zum Sterben verurteilt"
Höfe müssen für Einstellerpferde Mehrwertsteuer zahlen. Sie fühlen sich in ihrer Existenz bedroht.
ST. VEIT. "Zum Leben zu klein, zum Sterben zu groß." Mit diesen Worten beschreibt Robert Fritz den Bauernhof, den er in Podeblach bewirtschaftete. Bis ins Jahr 2000: Dann sattelte er nämlich um und errichtete einen Pferdehof, in dem heute neun Einstellerpferde eine Unterkunft finden. Nun sieht es so aus, als würde sich auch das nicht mehr rentieren. Schuld daran ist ein neues Gesetz, laut dem die Pferdehöfe mit Einstellern Mehrwertsteuer abzuliefern hätten. Kurz gesagt bedeutet das, dass sich die Preise für die Pferdebesitzer um 20 Prozent erhöhen werden.
"Derzeit liegt der Preis bei 270 Euro im Monat. Laut der neuen Regelung müssten die Pferdehalter mehr als 300 Euro bezahlen. Das ist für viele einfach nicht leistbar", sagt Fritz, der befürchtet, dass der Reitsport wieder nur für elitäre Kreise zugänglich sein wird.
Unter den Leuten, die ihre Pferde bei Fritz eingestellt haben, gibt es bereits Unmut: "Wir werden mit den neuen Preisen höchstwahrscheinlich einige Pferde verlieren. Eine Frau, die ein älteres Pferd hat, denkt sogar daran, es einschläfern zu lassen", sagt Alois Fritz, der Vater von Robert.
Die Betreiber des Pferdehofs befürchten nun einen Wildwuchs, was neue Weiden für die Pferde angeht: "Ich kann mir gut vorstellen, dass sich Pferdebesitzer zusammenschließen, eine Wiese pachten und dort einen kleinen Stall aufstellen", sagt Robert Fritz. Und sein Vater ergänzt: "Für Betriebe mit unserer Größe bedeutet das, dass wir zum Sterben verurteilt sind."
"Auch wir müssen unsere Preise erhöhen, damit wir die Mehrwertsteuer abführen können. Anders geht sich das sonst nicht aus", sagt Siegfried Brandl vom Gieselhof in Frauenstein. An seinem Hof finden elf Einsteller Platz, es steht im Raum, dass einige Pferdebesitzer den Gieselhof verlassen werden. Und auch hier könnte das neue Gesetz Pferdeleben kosten: "Zwei Besitzer überlegen sich, ihre älteren Pferde mit der neuen Regelung einschläfern zu lassen." Vorteil sieht Brandl keinen einzigen in dem neuen Gesetz - auch der Vorsteuerabzug würde Pferdehöfen nichts bringen.
Christine Guttenbrunner von Reitverein Seidlhof bezeichnet die neue Mehrwertsteuer-Regelung wörtlich als "Frechheit": "Wieder einmal geht man auf die Kleinen los. Wir haben schon so nichts als Arbeit - ich würde gerne einmal sehen, wie lange jemand, der solche Gesetze macht, die Arbeit auf einem Pferdehof durchhalten würde." Sie befürchtet, dass das Reiten für viele Familien nicht mehr leistbar sein wird. "Für die Kinder würde das bedeuten, dass sie eine schöne Freizeitbeschäftigung weniger hätten."
Zur Sache
Ein neues Gesetz sieht vor, dass Pferdehöfe, die Einstellerpferde haben, 20 Prozent Mehrwertsteuer bezahlen müssen, was sich auch im Preis für die Pferdebesitzer niederschlägt. Die Mehrwertsteuer wird von den meisten Hofbesitzern als "reiner Durchlaufposten" bezeichnet. Denn um den Vorsteuerabzug nutzen zu können, fehlen ihnen die Voraussetzungen.
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