Verantwortung weicht dem kurzfristigen Profit!
Zukunftsdialog zum Wertewandel: Top-Experten orten Trend zu Sinn statt Konsums und kurzfristigen Profits.
Im dritten Teil der Zukunftsdialoge der WOCHE und des Marketing-Clubs diskutierten Experten über den Wertewandel. Uni-Rektor Heinrich C. Mayr, Cornelia Scala-Hausmann (Institut für Zukunftskompetenzen), Sabine Grünberger (Gründerin der Mobilen Kinderkrankenpflege Moki), Atrio-Manager Richard Oswald, Führungskräfte-Coach Werner Sattlegger und WOCHE-GF Robert Mack zeichneten Zukunftsszenarien für die Gesellschaft und Kärnten. Martin Maitz leitete das Gespräch im „rem“ von Reinhard Eberhart.
Droht uns ein Kollaps?
„Wir steuern auf einen wirtschaftlichen Kollaps zu“, ist Oswald überzeugt. „Weil wir aus der Krise noch nicht gelernt haben.“ – Durch den Zusammenbruch sei Wertewandel möglich. Mayr glaubt nicht an eine „Apokalypse“. „In der Geschichte hat es immer ein Auf und Ab gegeben“, sagt er. Heute stehen wir an dem Punkt: „Der Einzelne muss sehen, dass er sich durchbringt – es ist ein Egoismus entstanden.“
„Ich sehe einen Kollaps für Europa“, so Sattlegger. Der Grund: „Wir haben Werte gelebt, die nicht zum Lebenswachstum beitragen, nämlich kurzfristigen Profit.“ Er spüre eine tiefe Sehnsucht der Menschen, „Wege zu gehen, die einen Sinnbezug haben“.
Welche Werte leben wir?
Einen Schritt weiter geht Mack: „Vieles ist austauschbar geworden, auch nicht käufliche Werte.“ Er spricht die steigende Scheidungsrate und die Zunahme von Singlehaushalten an. Mayr dazu: „Man darf die Vergangenheit nicht nur rosig sehen.“ – „Es wäre falsch, zu den Werten von früher zurückzukehren“, so Mack. „Frauen zurück an den Herd ist keine Lösung!“ Scala-Hausmann ist überzeugt: „Bei uns haben sich Werte vom Materiellen zum Immateriellen verschoben.“ – „Werte sind Dinge, die man mir nicht wegnehmen kann – Zufriedenheit, Glück und Familie“, ergänzt Oswald.
„Meine Freiheit hört da auf, wo die eines anderen Menschen beginnt“, ist Mayrs Überzeugung. Man müsse es jedem Menschen zugestehen, sich zu entwickeln, und: Unsere Generation müsse sich bewusst machen, wie schlimm es schon einmal war – und „der nächsten Generation ein Leben ermöglichen“. Mack ergänzt: „Wir haben auf Kosten der nächsten Generation gelebt – über Nacht werden 700 Milliarden für ein Rettungspaket freigemacht, und bei uns spricht man vom Sparen.“ Oswald dazu: „Geld für Bildung und Gesundheit ist genügend da – wir müssen nur die Prioritäten verschieben.“
Unsere Kinder und Bildung
„Wir machen die Kindheit immer kürzer, obwohl die Menschen immer älter werden“, so Mayr. Die Folge: „Die Schulzeit soll kürzer werden, anstatt dass man die Kinder in Ruhe lernen lässt.“ Sattlegger: „Kinder leben bereits wie Manager, haben Stress.“ Scala-Hausmann: „Kinder werden in den Schulen geformt, anstatt dass sie ihren Talenten nachgehen können.“ Mayr dazu: „Schulmodelle müssen breit sein.“ Scala-Hausmann und Oswald sind überzeugt, dass man in der Schule individuell auf Kinder eingehen muss und wird. „Da trifft die Trendforschung auf die Bildungswissenschaft.“
Der private Konsum
„Man kauft mit einem Produkt nicht mehr nur Prestige, sondern auch Sinn“, so Scala-Hausmann über privaten Konsum. Mack bringt ein Beispiel aus der Autobranche: „Heute wird nicht mehr mit Leistung, sondern mit CO2-Ausstoß geworben.“ Oswald ist überzeugt: „Wir werden uns trotzdem von manchen Dingen verabschieden müssen.“ Grünberger zum bewussteren Konsumieren: „Es ist gut beim Biobauern einzukaufen, aber finanziell nicht für jede Familie möglich.“
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