Einsatz gegen das Vergessen

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Zwei Stunden pro Tag beschäftigt sich Bernhard Gitschtaler mit der NS-Geschichte seiner Heimat.

GAILTAL. Der 29-jährige Gailtaler, der heute in Wien lebt und bereits vier Bücher (mit) veröffentlichte, stellte sich den Fragen der WOCHE.
"Welche Motivation steckt hinter Ihrem Interesse an der NS-Geschichte im Gailtal?"
B. Gitschtaler: "Allein im Gailtal haben wir inzwischen mehr als 100-fachen Mord während der NS-Zeit nachgewiesen und die Namen der Opfer veröffentlicht. Hier bei uns im Dreiländereck ist Weltgeschichte passiert und das darf nicht in Vergessenheit geraten – positiv wie negativ. Viel dreht sich dabei um Mitgefühl und darum den Opfern endlich verdiente Anerkennung zu verschaffen."
"Für Sie ist das eine rationale und eine emotionale Angelegenheit?"
"Ich frage mich oft, warum es nicht früher Leute gab, die sich um diese Thematik gekümmert haben. Stattdessen habe ich oft Sätze gehört, dass alle hier bei uns Opfer gewesen seien oder dass es keine Opfer aus der NS-Zeit gäbe."
"Was kann der Verein 'Erinnern Gailtal', was können Sie als Obmann und mehrfacher Buchautor durch Ihre Arbeit erreichen?"
"Wir sorgen dafür, dass das, was passiert ist, nicht in Vergessenheit gerät und nicht zuletzt dadurch geben wir den Opfern und ihren Nachkommen ihre Würde zurück. In vielen Gesprächen mit Betroffenen habe ich gespürt, wie wichtig das ist."
"Wie wichtig ist Ihnen Tradition und gibt es in Ihrem Schrank einen Kärntner Rock?"
"Die Tradition ist mir wichtig, aber auf einer persönlichen Ebene. Nein, es gibt keinen Kärntner Rock im Schrank, dafür aber eine gestrickte Trachtenweste vom Opa, die ich oft trage, und die Uniform der Stadtkapelle Hermagor. Die sind mir beide echt wichtig."
"Was ist Ihr aktuelles Projekt?"
"Das vierte Buch 'Geerbtes Schweigen' ist Ende September erschienen. Darin geht es um die Euthanasie während der NS-Zeit. Ich habe zahlreiche Interviews mit Opfer-Familien geführt. Wir wissen, dass es nur im Gailtal 60 Namen in diesem Zusammenhang gibt. Das jüngste Opfer war ein zweijähriges Mädchen."
"Wie viel Zeit widmen Sie der Forschung und den Recherchen und wie gewinnt man Abstand zu den schrecklichen Dingen, die man dabei herausfindet?"
"Es sind im Durchschnitt zwei bis drei Stunden täglich, die dafür reserviert sind. Abstand bekomme ich durch das Lesen völlig anderer Texte und durch kleine Touren mit meiner Vespa. Das macht den Kopf frei."
"Was sollten wir heute aus der Geschichte lernen?"
"Nur durch die ehrliche Auseinandersetzung mit Antisemitismus und Rassismus verhindert man Wiederholungen, die in ihrer Tragweite sicher niemand will. Geschichte ist die Brücke zur Gegenwart."
Gespräch: Nicole Schauerte.

Zur Person

Name: Bernhard Gitschtaler
Alter: 29 Jahre
Familienstand: ledig
Geburtsort: Hermagor
Wohnort: Wien
Studium: u. a. Politikwissenschaften
Beruf: derzeit Betreung unbegleiteter, minderjähriger Flüchtlinge bei der Caritas Wien, mehrfacher Buchautor
Buchprojekte: zuletzt 'Geerbtes Schweigen – die Folgen der NS-Euthanasie" (erschien vor drei Wochen), das Gailtal unterm Hakenkreuz, Ausgelöschte Namen, Gailtaler Zeitpunkte
Auszeichnung: Landespreis "Orte des Respekts" 2016
Verein: Erinnern Gailtal
Mitstreiter: u. a. Wolfgang Haider, Robert Lasser und Daniel Jamritsch
Hobby: Touren fahren mit der eigenen Vespa

Der Landespreis

Mit seinen Stadtspaziergängen hat sich der Verein "Erinnern Gailtal" in Kärnten an die Spitze von 135 Projekteinreichungen gesetzt. Der Landespreis ging an den besonderen Gailtaler Verein, der sich intensiv mit der NS-Geschichte der Region beschäftigt. Auf Bundesebene hat es leider nicht geklappt.

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