Fliegerbomben in Wels
„Wir wussten, dass in Wels viel passiert ist“
In Wels schlummern noch viele Kriegsrelikte im Boden. Das macht beim Westbahn-Ausbau Sorgen.
WELS. „In Österreich werden täglich zwei bis drei Bomben gefunden“, erzählt Fabian Wald von der Munitionsbergung EOD. Er arbeitet aktuell im Auftrag der ÖBB. Denn innerhalb der vergangenen Wochen wurden beim Ausbau der Weststrecke zwischen Wels und Marchtrenk vier Fliegerbomben (Stand 22. Februar) ausgegraben – die letzte war 50 Kilogramm schwer und wurde in Wels-Neustadt gefunden. Den Welser Stadtarchivar Michael Kitzmantel überrascht das jedoch nur wenig: „Insgesamt wurde die Stadt Wels im Zweiten Weltkrieg zehn Mal angegriffen. Und je nachdem, wie man es rechnet, liegen wir mit Wiener Neustadt und Villach auf den ersten drei Plätzen bei den Toten und der prozentualen Zerstörung.“
„Viele Neubauten am KJ“
So erlitt unter anderem ein Drittel der Betriebe erheblichen Schaden: 292 Gebäude wurden total zerstört, 860 schwer oder mittel beschädigt. Des Weiteren gab es „zwischen 503 und 600 Tote zu beklagen“, bei rund 28.000 Einwohnern. Beliebte Ziele waren laut Kitzmantel die damaligen Flugzeug- und Metallbauwerke, der Verkehrsknotenpunkt Passauer Bahn, der Welser Hauptbahnhof, der Flughafen sowie der ehemalige Verschiebebahnhof. „Ganz massiv hat es auch den Kaiser-Josef-Platz erwischt“, erzählt der Stadtarchivar. „Darum gibt es dort so viele Neubauten aus den 50er-Jahren.“
„Beim Stadtarchiv nachfragen“
Bei den zutage geförderten Kriegsrelikten handle es sich um „amerikanische oder englische Bomben“. Wie viele jedoch in der Stadt Wels noch verborgen liegen, könne Kitzmantel nicht sagen: „Gefährlich ist immer jenes Terrain, das noch nie unterkellert wurde. Entweder, weil es brach liegt, noch nie bebaut worden ist oder wo nur ebenerdig gebaut wurde.“ Wer also keine böse Überraschung erleben möchte, kann sich vorab im Stadtarchiv erkundigen – dort liegen Bombentreffer- und Beschädigungspläne auf. „Vor einem Hausbau macht es also Sinn, nachzufragen, ob in der Gegend eine Bombe heruntergegangen ist“, so der Archivar.
„Wir machen, was technisch möglich ist“
Auch die ÖBB haben im Zuge des Weststrecken-Ausbaus vorab eine Firma alle Bombentrefferpläne ausheben lassen: „Wir wussten, dass in Wels viel passiert ist“, sagt Heinz Dudek, der Projektleiter. „Darum machen wir alles, was technisch möglich ist, um für Sicherheit zu sorgen.“ Nach der Auswertung der Pläne wurde der Boden dann mittels Georadar untersucht. Dadurch werde die Gefahr minimiert, „dass der Bagger zufällig auf eine Bombe trifft“ – so sei es auch zum Fund der vier Fliegerbomben gekommen. „Wir freuen uns aber auch, wenn dann etwas gefunden wird, weil es ja doch sehr spannend ist“, sagt Herbert Kupka, Experte für Kampfmittel und Kriegsrelikte bei den ÖBB, der den Ausbau ebenfalls unterstützt.
Nach einem Fund werde dann sofort die Polizei alarmiert. Diese legt dann laut Kupka den Sprengkreis fest. Zusätzlich werde bekannt gegeben, „welche Häuser evakuiert werden“. Für den Abtransport der Bombe sorge schlussendlich das Bundesheer. „Und bis dann alles entschärft ist, wird nichts gemacht“, so der Kampfmittelexperte. „In 90 Prozent der Fälle handelt es sich aber nur um Blindgänger“, ergänzt Fabian Wald von der Munitionsbergung.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.